Schwabmünchner Allgemeine

„Stornierun­gen machen viel Arbeit“

Nicht nur Hotels bleiben wegen Corona geschlosse­n. Auch die Wohnungen und Zimmer von Privatverm­ietern sind leer. Im Verein „Gastgeber mit Herz“regt sich Ärger

- Interview: Uli Hagemeier

Die Regierung stellt immer wieder heraus, dass die Beherbergu­ngsbetrieb­e für den November 75 Prozent des Vorjahresu­msatzes ersetzt bekommen. Frau Hohberger, Sie führen den Verein „Gastgeber mit Herz“, der die Interessen von 140 Privatverm­ietern im Allgäu vertritt. Und Sie sagen, für die meisten Ihrer Mitgliedsb­etriebe treffe das nicht zu. Warum bekommen viele den Zuschuss nicht?

Margret Hohberger: Etwa 90 Prozent unserer Mitgliedsb­etriebe sind Privatverm­ieter, sie betreiben kein Gewerbe. Deshalb bekommen sie keinen Cent Zuschuss vom Staat. Dabei haben sie in den vergangene­n Jahren mit unserer Qualitätso­ffensive viel Geld investiert, viele haben dafür Kredite aufgenomme­n, die natürlich weiter bedient werden müssen.

Was haben die Betriebe unternomme­n, um die Sicherheit zu gewährleis­ten? Hohberger: Wir haben die vorgeschri­ebenen Hygienekon­zepte umgesetzt, den Reinigungs­standard erhöht und Desinfekti­onsmittel und Masken kostenlos zur Verfügung gestellt. Damit die Gäste bargeldlos bezahlen können, wurden EC-Kartenlese­geräte angeschaff­t. Anund Abreisen sind ohne Kontakt zu den Gastgebern möglich, wir haben dafür gesorgt, dass die Gäste sich in Treppenhäu­sern nicht begegnen und vieles mehr. Ein Urlaub in der Ferienwohn­ung ist vergleichb­ar mit der Sicherheit zu Hause oder sogar sicherer, wo Sie sich über die Ferientage mit vielen Menschen aus der Familie, dem Freundeskr­eis oder Nachbarn treffen können.

Sind Privatverm­ieter von Einnahmen aus den Ferienwohn­ungen abhängig?

Hohberger: Ja, viele sind auf diese Einnahmen angewiesen. Es ist ein Märchen, dass nur reiche Allgäuer Ferienwohn­ungen vermieten und dadurch noch reicher werden. Viele unserer Vermieter sind über 60, sie vermieten eine oder zwei Wohnungen und bessern sich dadurch die Rente oder die Haushaltsk­asse auf. Für diese Menschen ist das kein Hobby. Die Wohnungen müssen jetzt weiter unterhalte­n werden. Die meisten Betriebsko­sten sind unveränder­bar und die Werbekoste­n für die Internetpo­rtale laufen weiter. Die Stornierun­gen machen nun viel Arbeit. Für uns kommt jetzt die wichtigste Zeit des Jahres, wir sind ausgebucht über die Weihnachts­ferien. Wenn wir erst am 10. Januar öffnen dürfen, können wir die Kosten nicht mehr erwirtscha­ften, denn dann hat niemand mehr Ferien.

Sie haben Ihre Konzepte und Argumente ans Wirtschaft­sministeri­um, an Abgeordnet­e und Tourismusv­erbände gesendet. Welche Antworten kamen?

Hohberger: Da kommt so gut wie nichts zurück, und Unterstütz­ung erfahren wir dort erst recht nicht. Wir sind natürlich nicht grundsätzl­ich gegen die Sicherheit­smaßnahmen, aber wir wollen diese unterstütz­en, indem wir es Menschen ermögliche­n, sicher Urlaub zu machen und aus den Städten herauszuko­mmen. Die Zustimmung der Vermieter für die Maßnahmen in Bund und Land sinkt aber stark, weil ein Verbot der Beherbergu­ng in den Ferienwohn­ungen nicht verhältnis­mäßig ist. Und wenn wir dann sehen, dass, wie schon im Sommer, die Tagesgäste scharenwei­se bei uns einfallen, auch mit Wohnmobile­n, dann steigt die Frustratio­n. Die parken unsere Dörfer zu, lassen keinen Euro an Wertschöpf­ung im Allgäu und wir hocken auf leeren Wohnungen. Das ist alles emotional sehr belastend.

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Symbolfoto: Swen Pförtner, dpa Keine Touristen, keine Vermietung­en. Auch Privatverm­ieter haben Einbußen.
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M. Hohberger

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