Der Klang der Weihnacht
Bach, Corelli & Co.: Neue Alben zum Fest
Advent und Weihnachten sind immer auch Zeiten der Musik – man merkt es schmerzlich in diesem Jahr, in dem die direkte Begegnung mit konzertant gegebener Weihnachtsmusik unmöglich ist. Zu den Werken, die als klingende Signatur dieser Zeit gelten können, gehört zweifellos das „Weihnachtsoratorium“von Johann Sebastian Bach – kaum ein Jahr, in dem nicht wenigstens eine Neueinspielung erschiene.
Dieses Jahr stammt eine solche von einem Grandseigneur der Alten Musik, Jordi Savall. Auch wenn man den Katalanen nicht im ersten Atemzug mit deutsch-protestantischem Barock zusammenbringt, hat Savall doch kontinuierlich das Bach-Repertoire gepflegt. Die Vertrautheit merkt man seinem „Weihnachtsoratorium“an, das sich in erfrischender Lesart darbietet. Savall lässt sein Orchester Le Concert des Nations weicher artikulieren als mancher Kollege aus nördlicheren Gefilden, wo man gerade in rhythmischer Hinsicht schon mal in preußische Zackigkeit verfällt, und auch der Chor der Capella Reial de Catalunya folgt Savalls gerundetem, doch immer straffen Klangideal. Auch durch ungewöhnliche Tempowahl erscheint manch einer der Kantatensätze in neuem Licht, beispielsweise Choral und Rezitativ „Er ist auf Erden kommen arm“, die hier geradezu kindhaft verspielt erklingen. Der Impuls des freudigen, aber nicht überschnappenden Bewegtseins zieht sich durch die gesamte Aufnahme und bezaubert insbesondere da, wo sonst dem Kontemplativen der Vorzug gegeben wird – und das, obwohl Savall an entscheidenden Stellen sehr wohl mit sinnendem Tiefgang aufzuwarten vermag.
Weihnachtliche Musik ist vielfach vokale Musik – wer sie gerne a cappella hört, sei auf das US-Vokalensemble Chanticleer hingewiesen. Die zwölf Männer schlagen auf ihrem neuen Album den Bogen von – recht sportlich vorgetragener – spätmittelalterlicher Vokalpolyphonie bis zum zeitgenössischen Christmas Medley im amerikanischen Gusto. Wer Weihnachten weniger als ein besinnliches denn vielmehr als aufjauchzendes Fest versteht, hat hier sicher sein Vergnügen.
Doch es gibt zu Weihnachten auch die reine Instrumentalmusik, eine Domäne italienischer Komponisten des Barockzeitalters. Vivaldi und etliche andere haben Streicherkonzerte geschrieben, die in ihrem erwartungsfrohgetragenen Zuschnitt gut in die Adventszeit passen. Lars Ulrik Mortensen hat mit dem dänischen Concerto Copenhagen eine Reihe dieser Stücke versammelt, und natürlich darf dabei Corellis berühmtes Concerto grosso „per la Notte di Natale“nicht fehlen. Von manch einem Originalklangfuror sonst gerne mal untergepflügt, kommt die Feingewirktheit dieser Musik im Silbersternenklang von Mortensens Ensemble ganz wunderbar zum Vorschein.