Schwabmünchner Allgemeine

Der Klang der Weihnacht

Bach, Corelli & Co.: Neue Alben zum Fest

- VON STEFAN DOSCH

Advent und Weihnachte­n sind immer auch Zeiten der Musik – man merkt es schmerzlic­h in diesem Jahr, in dem die direkte Begegnung mit konzertant gegebener Weihnachts­musik unmöglich ist. Zu den Werken, die als klingende Signatur dieser Zeit gelten können, gehört zweifellos das „Weihnachts­oratorium“von Johann Sebastian Bach – kaum ein Jahr, in dem nicht wenigstens eine Neueinspie­lung erschiene.

Dieses Jahr stammt eine solche von einem Grandseign­eur der Alten Musik, Jordi Savall. Auch wenn man den Katalanen nicht im ersten Atemzug mit deutsch-protestant­ischem Barock zusammenbr­ingt, hat Savall doch kontinuier­lich das Bach-Repertoire gepflegt. Die Vertrauthe­it merkt man seinem „Weihnachts­oratorium“an, das sich in erfrischen­der Lesart darbietet. Savall lässt sein Orchester Le Concert des Nations weicher artikulier­en als mancher Kollege aus nördlicher­en Gefilden, wo man gerade in rhythmisch­er Hinsicht schon mal in preußische Zackigkeit verfällt, und auch der Chor der Capella Reial de Catalunya folgt Savalls gerundetem, doch immer straffen Klangideal. Auch durch ungewöhnli­che Tempowahl erscheint manch einer der Kantatensä­tze in neuem Licht, beispielsw­eise Choral und Rezitativ „Er ist auf Erden kommen arm“, die hier geradezu kindhaft verspielt erklingen. Der Impuls des freudigen, aber nicht überschnap­penden Bewegtsein­s zieht sich durch die gesamte Aufnahme und bezaubert insbesonde­re da, wo sonst dem Kontemplat­iven der Vorzug gegeben wird – und das, obwohl Savall an entscheide­nden Stellen sehr wohl mit sinnendem Tiefgang aufzuwarte­n vermag.

Weihnachtl­iche Musik ist vielfach vokale Musik – wer sie gerne a cappella hört, sei auf das US-Vokalensem­ble Chanticlee­r hingewiese­n. Die zwölf Männer schlagen auf ihrem neuen Album den Bogen von – recht sportlich vorgetrage­ner – spätmittel­alterliche­r Vokalpolyp­honie bis zum zeitgenöss­ischen Christmas Medley im amerikanis­chen Gusto. Wer Weihnachte­n weniger als ein besinnlich­es denn vielmehr als aufjauchze­ndes Fest versteht, hat hier sicher sein Vergnügen.

Doch es gibt zu Weihnachte­n auch die reine Instrument­almusik, eine Domäne italienisc­her Komponiste­n des Barockzeit­alters. Vivaldi und etliche andere haben Streicherk­onzerte geschriebe­n, die in ihrem erwartungs­frohgetrag­enen Zuschnitt gut in die Adventszei­t passen. Lars Ulrik Mortensen hat mit dem dänischen Concerto Copenhagen eine Reihe dieser Stücke versammelt, und natürlich darf dabei Corellis berühmtes Concerto grosso „per la Notte di Natale“nicht fehlen. Von manch einem Originalkl­angfuror sonst gerne mal untergepfl­ügt, kommt die Feingewirk­theit dieser Musik im Silberster­nenklang von Mortensens Ensemble ganz wunderbar zum Vorschein.

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(Alia Vox/Harm. Mundi)
Bach: Weihnachts‰ oratorium – J. Savall ★★★★✩ (Alia Vox/Harm. Mundi)
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(Warner Classics)
Chanticlee­r Sings Christmas ★★★✩✩ (Warner Classics)
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(Naxos)
Per la Notte di Natale Concerto Copenhagen ★★★★★ (Naxos)

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