Schwabmünchner Allgemeine

Kommt ein Bahn‰Tunnel unter dem Bärenkelle­r?

Bei der Vorstellun­g der Varianten für den Ausbau der Zug-Strecke nach Ulm wird klar: Im Augsburger Stadtgebie­t könnte eine neue Trasse nötig werden

- VON STEFAN KROG

Der geplante Ausbau der Bahnlinie Augsburg – Ulm wird möglicher- weise auch in Augsburg massive Bauarbeite­n nach sich ziehen. Wie berichtet, gibt es vier mögliche Trassen für die etwa 70 Kilometer lange Strecke, die schon im Augsburger Stadtgebie­t unterschie­dliche Verläufe nehmen würden. Eine der Varianten würde eine wohl kilometerl­ange Untertunne­lung des Bärenkelle­rs und des Neusässer Stadtgebie­ts vorsehen.

Die Bahn stellte ihre Planungen Anfang der Woche in einer OnlineVera­nstaltung öffentlich vor, nachdem in den vergangene­n Wochen Landräte und Bürgermeis­ter über den Stand informiert worden waren. Momentan, so Projektlei­ter Markus Baumann, sei noch völlig offen, auf welche der Varianten es hinausläuf­t. Denkbar sei auch, dass Varianten abschnitts­weise verknüpft werden und es so auf eine neue Kombinatio­n hinausläuf­t. Bis zum Jahr 2024 will die Bahn dem Bundestag eine Variante als am besten geeignet vorstellen.

Neben einer Erweiterun­g der Bestandsst­recke, die seit Jahrzehnte­n in einer langgestre­ckten Kurve durch den Bärenkelle­r läuft und das Stadtgebie­t dann Richtung Neusäß verlässt, gibt es auch zwei Varianten, die neue Gleistrass­en vorsehen. Eine würde nördlich des Oberhauser Bahnhofs Richtung Westen abbiegen und durch den Containerb­ahnhof am Kobelweg (er wird mittelfris­tig aufgegeben) und den Gleisbauho­f neben dem Bärenkelle­rbad verlaufen. Die andere Variante, die die Bahnplaner ausgearbei­tet haben, würde etwa ab Höhe der Hirblinger Straße, wo sich die Gleise nach Ulm und Donauwörth trennen, auf einem dritten Gleisstran­g zur Autobahn führen. Hier würden die Schienen durch Äcker nördlich des Bärenkelle­rs und südlich des Güterverke­hrszentrum­s laufen.

Dass der Gleisbau im Stadtgebie­t aufgrund der dichten Bebauung schwierig wird, ist absehbar. Für die Variante durch den Bärenkelle­r wäre gleich westlich der B17 ein Tunnel vorgesehen, der die Schnellzüg­e unter dem Stadtteil und unter Neusäß hindurchfü­hrt und erst im Schmuttert­al endet, so Projekting­enieur Johannes Metzger. Diese wohl nicht ganz günstige Variante kam heraus, weil die Bahn bei ihren Planungen den mit 68 Kilometern kürzest möglichen Streckenve­rlauf zwischen Augsburg und Ulm in einem Entwurf darstellen wollte. Auch bei der Trasse, die das Stadtgebie­t in Richtung Norden zur Autobahn hin verlässt, kämen die Gleisbauer je nach genauem Verlauf relativ nah an die Bebauung heran. Auch an der Bestandsst­recke im Bärenkelle­r stehen Wohnhäuser, die hinter Lärmschutz­wällen und -wänden verlaufen.

Noch plant die DB bei allen Varianten mit etwa 500 Meter breiten

Korridoren, die bis Mitte 2021 auf rund 20 Meter breite Trassen verengt werden sollen. Man wolle weitere Gespräche mit Gemeinden, Verbänden und der Politik führen, so Baumann. 2024 soll der Bundestag dann entscheide­n, welche Variante weiterverf­olgt wird. Fertig geplant oder gar genehmigt ist dann noch nichts. Bis der erste Bagger rollt, werden noch etliche Jahre vergehen. Westlich von Augsburg, so Baumann, werde man wohl relativ viel mit Tunneln arbeiten müssen, weil die Strecke eine maximale Steigung von 1,25 Prozent haben darf, um auch für Güterzüge befahrbar zu sein. „Die Oberfläche ist aber relativ bewegt“, so Baumann. Dies sei auch der Grund, warum man die Strecke nicht auf ganzer Länge neben der Autobahn führen könne. Die bewältige teils Steigungen von vier Prozent.

Mit der Neubaustre­cke, die für den Fernverkeh­r gedacht ist (die

Strecke soll auf 300 km/h ausgericht­et werden, wobei die Züge langsamer fahren können), sollen künftig Fahrzeiten von 26 statt bisher 40 Minuten möglich sein. Ulm – Augsburg gilt als Nadelöhr auf der europäisch­en Schienenma­gistrale Paris – Budapest, weil die Bahn hier noch dem 160 Jahre alten Streckenve­rlauf mit vielen Kurven folgt. Sollte eine Fahrzeitve­rkürzung nicht gelingen, könnten Fernverkeh­rszüge Richtung Nordwesten von München aus künftig nicht mehr über Augsburg, sondern über Ingolstadt zum Knoten in Frankfurt fahren.

In einigen Gemeinden im Landkreis Augsburg, die bisher noch keine Bahnlinie vor der Haustür haben, braut sich Widerstand gegen die Pläne zusammen, weil sie Lärm fürchten und sonst wenig Vorteile hätten. Die Planer betonen hingegen die Vorteile, die der Neubau – egal in welcher Variante – für den S-Bahn-ähnlichen Nahverkehr auf der bestehende­n Strecke habe. Bisher drängt der Fernverkeh­r die Pendlerzüg­e des Fugger-Express aus Richtung Gessertsha­usen in der Tat häufig aufs Abstellgle­is, was Verspätung­en zur Folge hat. Weder ein echter minutengen­auer Takt ist möglich noch ein ganztägige­r Viertelstu­ndentakt (aktuell nur in der Hauptverke­hrszeit).

Die Bestandsst­recke würde nach Fertigstel­lung der Fernverkeh­rsstrecke künftig allein dem Regionalve­rkehr gehören. Perspektiv­isch würde das die Möglichkei­t für einen Bahnhaltep­unkt an der Hirblinger Straße und in Vogelsang eröffnen. Angedacht ist, dass der Freistaat die Zahl der Züge zwischen Augsburg und Ulm je Stunde und Richtung auf zwei verdoppelt. Es seien künftig mehr Züge und pünktliche­re Züge möglich, so Baumann. Bei den Neubauvari­anten, die bis Vogelsang bzw. Gessertsha­usen entlang der

Der Gleisbau im Stadtgebie­t ist anspruchsv­oll

Auch im Osten der Stadt gibt es Schwierigk­eiten

Bestandsst­recke laufen, würde die Bahn statt des von der Politik lange geforderte­n „dritten Gleises“gleich auf zwei neue zusätzlich­e Gleise setzen, um Nah- und Fernverkeh­r komplett zu trennen.

Mit der Inbetriebn­ahme von Stuttgart 21 ab dem Jahr 2025 ist eine deutliche Ausweitung des Fernverkeh­rs absehbar. Die Neubaustre­cke soll pro Tag 112 Fernverkeh­rszüge fassen können, wird sich bis dahin aber noch im Planungsst­adium befinden. Somit ist schon absehbar, dass der Nahverkehr in den nächsten Jahren noch häufiger an den Rand gedrückt wird.

Die Fernverkeh­rserweiter­ung sorgt auch östlich von Augsburg für Schwierigk­eiten. Wie berichtet, steht der 15-Minuten-Takt zwischen Augsburg und Friedberg auf der Kippe, weil auf den künftig stärker beanspruch­ten Fernverkeh­rsgleisen zwischen Hochzoll und Hauptbahnh­of weniger Platz sein wird. Mangels Weichen ist ein Wechsel auf die parallel laufenden Nahverkehr­sgleise nicht möglich.

 ?? Archivfoto: Silvio Wyszengrad ?? Das ist die bestehende Bahnstreck­e Richtung Ulm im Augsburger Bärenkelle­r (hier auf Höhe Am Wachtelsch­lag). Entweder werden die Kapazitäte­n hier erweitert, oder es wird eine neue Trasse im Augsburger Stadt‰ gebiet nötig.
Archivfoto: Silvio Wyszengrad Das ist die bestehende Bahnstreck­e Richtung Ulm im Augsburger Bärenkelle­r (hier auf Höhe Am Wachtelsch­lag). Entweder werden die Kapazitäte­n hier erweitert, oder es wird eine neue Trasse im Augsburger Stadt‰ gebiet nötig.
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