Abstand halten in Zügen kaum möglich
Eine Leserin beklagt sich, dass sich Abstandsregeln in Regiobahnen nicht befolgen lassen. Bei Maskenkontrollen im öffentlichen Nahverkehr hat die Polizei Anfang der Woche mehrere Verstöße registriert
Landkreis Augsburg In den Regionalzügen wird es manchmal eng – so eng, dass sich die Abstandsregeln offenbar nicht immer einhalten lassen. Das legt zumindest ein Foto nahe, das eine Leserin vergangene Woche im Zug von Landsberg nach Augsburg aufgenommen hatte. Darauf zu sehen ist ein völlig überfüllter Zug, in dem Dutzende Fahrgäste dicht gedrängt nebeneinander stehen. Ein häufiges Problem?
Wie die Leserin, die namentlich nicht genannt werden will, mitteilt, sei sie regelmäßig auf der Strecke unterwegs und wisse aus Erfahrung, dass der Zug je nach Uhrzeit teils extrem voll ist. Betroffen sind demnach vor allem Züge, die am Gewerbepark in Graben halten. Denn dort steigen zahlreiche Amazon-Mitarbeiter ein und aus.
Wie Annette Luckner, Sprecherin der Bayerischen Regiobahn (BRB), mitteilt, könnte ein aktueller Schichtwechsel bei Amazon Grund für die erhöhte Auslastung sein. „Die Fahrgastzahlen werden derzeit neu ermittelt, um die genaue Auslastung zu prüfen“, sagt Luckner. Anhand dieser Zahlen werde entschieden, ob eine Verstärkung auf der Strecke notwendig oder überhaupt möglich sei. Mit einer Anpassung sei allerdings nicht vor dem Jahreswechsel zu rechnen.
Was sagt Amazon dazu? Der Versandriese teilt auf Nachfrage schriftlich mit: „Wir haben bei uns aktuell die Schichtzeiten gestaffelt, damit genügend Abstand beim Betreten Verlassen des Gebäudes gehalten werden kann.“Die Entzerrung solle auch zur Entspannung bei der Anreise beitragen.
Für das Weihnachtsgeschäft stellt Amazon jedes Jahr bis zu 500 Saisonkräfte neben den rund 1800 Mitarbeitern ein. Amazon zufolge werden die Mitarbeiterzahlen langfristig geplant und bereits jedes Jahr im Sommer an das zuständige Verkehrsunternehmen kommuniziert, damit dieses sich darauf einstellen kann.
Wie viele Fahrgäste jeden Tag auf der Strecke zwischen Augsburg und Landsberg unterwegs sind, dazu macht BRB-Sprecherin Luckner keine Angaben. Aus Wettbewerbsgründen könne man die genauen Zahlen nicht nennen.
Beim Fahrgastverband Pro Bahn ist das Problem bislang nicht bekannt. Auf Nachfrage heißt es, man sei mit der Strecke zwischen Landsberg und Augsburg wenig vertraut, da nicht die Bahn, sondern die BRB für die Züge verantwortlich ist. Bezirkssprecher Errol Yazgac betont aber: „Gerade in Zeiten von Corona erwarten wir ein adäquates Platzangebot in den Zügen.“Fahrgäste, die regelmäßig gefühlt in Viehwaggons sitzen, würden beim nächsten Mal eher das Auto nehmen. Die zuständigen Verkehrsunternehmen müssten prüfen, ob gegebenenfalls mehr Waggons eingesetzt werden können.
Überfüllte Züge auf der Strecke mit Halt in Graben sind auch vor dem Hintergrund möglicher Corona-Infektionen bei Amazon problematisch. Erst vergangene Woche hatte die Gewerkschaft Verdi schwere Vorwürfe gegen den Versandriesen erhoben. Gewerkschaftssekretärin Sylwia Lech bezeichnete das Logistikzentrum als CoronaHotspot. Demnach befänden sich bis zu 300 Mitarbeiter in Quarantäne, viele hätten sich mit dem Virus infiziert. Lech stützte sich dabei auf Aussagen von Beschäftigten.
Amazon wies die Behauptung zurück und sprach von einer bewussund ten Täuschung der Öffentlichkeit. Auch das Gesundheitsamt hatte nach eigenen Angaben keine Fallhäufungen bei Amazon verzeichnet. Konkrete Zahlen nannte die Behörde nicht. Denn: Das Gesundheitsamt werde nur über Betroffene informiert, die im Landkreis leben, hieß es schriftlich.
Das Einzugsgebiet der AmazonBeschäftigten sei riesig und reiche vom Allgäu bis nach München, betonte Gewerkschafterin Lech. Die meisten Beschäftigten würden mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Graben fahren. Das macht sich nun offenbar in den Zügen bemerkbar, die zwischen Augsburg und Landsberg verkehren.
Neben den Abstandsregeln gilt im öffentlichen Nahverkehr auch die Maskenpflicht. Im Rahmen einer bundesweiten Aktion hat die Polizei nun kontrolliert, inwieweit sich Fahrgäste im Landkreis Augsburg daran halten. Das Ergebnis: An einem Tag registrierten die Beamten 19 Verstöße. Weil die Fahrgäste entweder keine Maske oder diese falsch trugen, erhielten sie eine Anzeige, wie Michael Jakob, Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord, auf Nachfrage mitteilt.
Die Beamten waren am Montag vor allem an Haltestellen und in Bussen im Einsatz. Kontrolliert wurde stichprobenartig im gesamten Landkreis. „Die Verstöße wurden überwiegend an Haltestellen registriert“, sagt Jakob. In den Bussen und der Straßenbahn Richtung Stadtbergen sei die Akzeptanz für das Tragen der Maske sehr hoch.
Für Kontrollen in den Zügen der Deutschen Bahn wie dem Fuggerexpress war die Bundespolizei zuständig, erklärt Jakob. Vonseiten der BRB heißt es auf Nachfrage, es fanden keine Kontrollen in den Zügen statt, die im Landkreis Augsburg verkehren. Lokale Schwerpunkte, an denen Fahrgäste gegen die Maskenpflicht verstießen, gab es nach Angaben von Polizeisprecher Jakob nicht. Insgesamt waren 30 Beamte im Landkreis im Einsatz.