Impfungen sollen erst zwischen den Jahren starten
Warum Gesundheitsminister Jens Spahn bei der Zulassung hart bleibt
Berlin Beim Thema Corona-Impfung hält Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an seinem Plan fest – obwohl dieser wertvolle Wochen kosten könnte. Während Großbritannien, die USA, Kanada und Israel die Massenimmunisierung gestartet haben, will der Gesundheitsminister auf die europäische ArzneimittelAgentur warten. Die EU-Behörde hat angekündigt, am 21. Dezember ihr Gutachten über den in Deutschland von der Firma Biontech mit dem amerikanischen Partner Pfizer entwickelten Impfstoff vorzulegen. Dass seine Zulassung verweigert wird, gilt als ausgeschlossen.
Spahn plant damit, dass Deutschland zwischen den Jahren nachzieht und die Impfung von Millionen Deutschen anläuft. „Noch vor dem Jahreswechsel wollen wir in Deutschland mit dem Impfen beginnen“, kündigte der 40-Jährige am Dienstag in Berlin an. Die Bundesländer haben sich vorbereitet und die Impfzentren eingerichtet, die dann nach Weihnachten in Betrieb genommen werden sollen. Deutschland sei „einsatzbereit“, sagte Spahn am Vortag des harten Lockdowns.
Er begründete das Warten auf die europäischen Arznei-Prüfer damit, dass die EU nicht wie die anderen Länder mit einer Notzulassung arbeiten will. Der Wirkstoff soll ordentlich überprüft sein, bevor er den Menschen gespritzt wird. „Nichts ist wichtiger als Vertrauen in den Impfstoff“, erklärte Spahn am Dienstag in Berlin. Der CDUPolitiker berichtete von Gesprächen mit Krankenschwestern und Pflegern. Ein guter Teil wolle möglichst schnell gegen die Seuche geimpft werden, der andere nicht „das Versuchskaninchen“spielen.
Für den Gesundheitsminister ist die europäische Partnerschaft ein weiterer Grund, warum Deutschland keine Blitzzulassung verfügen sollte. „Das Wir ist stärker als das Ich, das gilt auch im Großen“, meinte Spahn. Zu Beginn der Pandemie war allerdings von europäischer Solidarität nicht viel zu spüren, als die Schlagbäume wieder nach unten gingen und sich die Partnerländer nicht mit Schutzmasken aushalfen.
Trotz der ab Mittwoch in allen Bundesländern greifenden Zwangspause für das öffentliche Leben mit geschlossenen Kindergärten, Schulen und Geschäften müssen sich die Deutschen auf traurige Nachrichten während der Weihnachtstage gefasst machen. Der Präsident des RobertKoch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, warnte in der Pressekonferenz mit Gesundheitsminister Spahn vor tödlichen Weihnachten. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich die Situation über Weihnachten zuspitzen
RKIChef warnt vor steigenden Todeszahlen
wird“, erklärte Wieler an der Seite Spahns. Der Grund dafür sei, dass schwer an dem Erreger Erkrankte teilweise wochenlang mit dem Tod ringen und die Kliniken an der Belastungsgrenze arbeiten. „Seit Ende November sterben hierzulande regelmäßig mehrere hundert Menschen pro Tag an dem Erreger oder werden durch das Virus derart geschwächt, dass sie anderen Krankheiten erliegen. Derzeit sind nach den Zahlen des RKI über 300000 Menschen an Corona erkrankt (aktive Fälle), während es in den Sommermonaten nur wenige tausend waren. „Die Lage ist so ernst, wie sie es nie war in dieser Pandemie“, mahnte Lothar Wieler.
Wenn die ersten Deutschen wie vorgesehen Ende des Jahres geimpft werden, sollen zuerst die Alten über 80 Jahren und medizinisches Personal an der Reihe sein. Es gehe darum, die zu schützen, „die sich nicht selbst schützen können“, sagte Bundesgesundheitsminister Spahn. Das Risiko, an einer Corona-Infektion zu sterben, nimmt mit zunehmendem Alter steil zu.