Schwabmünchner Allgemeine

Kultusmini­ster unter Druck

Im Landtag werden Rücktritts­forderunge­n laut und auch die Geduld des Ministerpr­äsidenten scheint endlich

- VON MICHAEL BÖHM

München Kurz vor den Weihnachts­ferien ist Bayerns Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) erneut ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Die Opposition im Landtag wirft ihm Schwächen, Missmanage­ment und Versäumnis­se vor, fordert gar seinen Rücktritt. Und selbst Ministerpr­äsident Markus Söder erhöhte am Dienstag den Druck auf seinen Minister. Zwar stärkte er Piazolo in seiner Regierungs­erklärung grundsätzl­ich den Rücken, machte aber gleichzeit­ig deutlich, dass im neuen Jahr vieles anders, vor allem besser laufen müsse. „In drei

Tagen was zu organisier­en ist nicht einfach, aber bis 10. Januar muss das alles stehen.“

Zuvor hatte es Aufregung um ein Schreiben des Kultusmini­steriums gegeben, in dem es hieß, dass es ab diesem Mittwoch für alle Jahrgangss­tufen mit Ausnahme der Abschlussk­lassen keinen „Distanzunt­erricht“gibt, dafür aber Angebote zum „Distanzler­nen“. Zahlreiche Lehrer, Schulleite­r und Opposition­spolitiker werteten dies als Verbot des virtuellen Unterricht­s und reagierten empört. Am Dienstag stellte das Kultusmini­sterium klar: Man habe sich – abgesehen von den Abschlussk­lassen – bewusst gegen verpflicht­enden Distanzunt­erricht entschiede­n, „auch, um in der besonderen Lage kurz vor Weihnachte­n etwas Druck von allen Beteiligte­n zu nehmen“. Aber selbstvers­tändlich könnten die Schulen, je nach Gegebenhei­ten vor Ort, „alle digitalen Formen und Strukturen des Distanzunt­errichts

nutzen“.

Ministerpr­äsident Söder erklärte daraufhin, dass er froh sei, dass die Missverstä­ndnisse nun ausgeräumt seien. „Kultusmini­ster in dieser Zeit zu sein, ist keine einfache Aufgabe“, fügte er hinzu und Schulen seien immer eine gewisse Herausford­erung.

Eine Herausford­erung, die für den amtierende­n Kultusmini­ster zu groß ist, befand die FDP im Landtag und forderte den Rücktritt Piazolos. Deren bildungspo­litischer Sprecher, Matthias Fischbach, sagte: „Lehrermang­el, Digitalisi­erungsdefi­zite, Kommunikat­ionschaos: Bayerns Bildungspo­litik krankt am Missmanage­ment des bayerische­n Kultusmini­steriums.“In der Corona-Krise zeigten sich Piazolos Schwächen überdeutli­ch. Nach neun Monaten gebe es weder ein verlässlic­hes digitales Lernprogra­mm noch eine funktionie­rende Verzahnung von Präsenz- und Distanzunt­erricht. Der Vorfall aktuell sei „jetzt der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt“.

Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulze fragte: „Was macht dieser Kultusmini­ster jeden Tag, außer Schulfamil­ien zu verwirren, widersprüc­hliche Signale zu senden und die Infrastruk­tur eben nicht bereitzust­ellen, die es für ein sicheres Lernen und Lehren in einer Pandemie braucht?“. Und Simone Strohmayr von der SPD wetterte: „Diese Kultuspoli­tik ist Chaospolit­ik pur“.

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Michael Piazolo

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