Druck auf Herrlich wächst
In den letzten drei Pflichtspielen dieses Jahres will der Trainer des FC Augsburg den Negativtrend stoppen. Zu schaffen macht ihm dabei nicht nur die Belastung der Spieler
Augsburg Gemeinhin dienen Fußballarenen als Resonanzkörper. In den Bauten aus Stahl und Beton werden Stimmungen wiedergegeben – sobald Zuschauer Stehränge und Sitzschalen mit Leben füllen. In Zeiten ohne Fans bleiben Reaktionen der Anhänger aus. Das ist schade, weil sich etwa Emotionen eines späten Ausgleichs in einem voll besetzten Stadion multiplizieren. Andererseits kann eine Mannschaft sich Bälle selbst ins Netz schießen, in die Kabine wird sie ohne Pfiffe verabschiedet.
Mit welchen Tönen die Anhängerschaft des FC Augsburg Spieler und Verantwortliche nach dem Schlusspfiff gegen Schalke 04 entlassen hätte, lässt sich nur erahnen. Die einen hätten sich wohl über den späten 2:2-Ausgleich gefreut, andere hingegen hätten grantelnd beklagt, dass die Mannschaft von Trainer Heiko Herrlich gegen den Tabellenletzten nicht mehr zustande gebracht hat als einen glücklichen Zähler.
Längst ist der FCA in jenen Tabellenregionen angelangt, in die er sich seit Jahren verortet: in der unteren Hälfte, mit knappem Abstand zu den Abstiegsplätzen. Wer glaubte, nach zwei Siegen zu Saisonbeginn stünde ein goldener Herbst mit reichlich Gloria bevor, den hat die Realität eingeholt. Vor dem Auswärtsspiel bei Arminia Bielefeld (Mittwoch, 20.30 Uhr/Sky) wächst der Druck auf Trainer Herrlich – auch wenn er diesen als beruflich bedingt einordnet. „Druck hat man in meiner Position immer. Ich versuche ruhig zu bleiben und den Weg weiterzugehen. Den größten Druck mache ich mir immer selbst.“
Noch scheint der Vorsprung auf den Aufsteiger komfortabel, bei einer Niederlage indes trennen den FCA nur noch drei Punkte vom Relegationsrang gegen den Abstieg. Herrlich registriert die Abwärtsentwicklung, hebt allerdings das Positive hervor. Einem einzigen Sieg in neun Partien schenkt er weit weniger Aufmerksamkeit als der Nehmerqualität seiner Spieler. „Wir haben gegen Mönchengladbach und
Schalke einen Rückstand aufgeholt, das sollte man anerkennen. Die Mannschaft verfügt über tolle Moral und den Willen, ein Spiel zu drehen.“
Einstellung und Zusammenhalt innerhalb des Teams stimmen den 48-Jährigen zuversichtlich, die letzten drei Pflichtspiele dieses Jahres erfolgreich zu bestreiten. Andererseits konnte der Trainer bislang die Einfältigkeit in eigenem Ballbesitz nicht beseitigen, Torchancen zu kreieren bleibt ein Problemfeld. Das entgeht auch Herrlich nicht. „Der Mut war erst da, nachdem wir in Unterzahl waren. Gegen Bielefeld nehmen wir uns vor, dass wir von Anfang an diesen Mut und diese Überzeugung haben.“
Für Augsburg gilt, den Negativtrend vergangener Wochen zu stoppen und sich mit einem guten Gefühl in die extrem kurze Weihnachtspause zu verabschieden. Bereits am 2. Januar spielt der FCA in Köln. Bis dahin steht Herrlich vor Herausforderungen. Näher geht er nicht darauf ein, ihm wird aber wohl der Kader des Schalke-Spiels zur
Verfügung stehen. Weder André Hahn (Coronavirus) noch Iago (Zerrung) kehren zurück, hinzu kommt die Sperre Florian Niederlechners. Auf die Startelf hoffen dürfen daher Marco Richter und Michael Gregoritsch, die sich gegen Schalke empfohlen haben.
Herrlich muss einerseits eine schlagkräftige Elf auf den Rasen schicken, andererseits mit Weitblick handeln. „Wir müssen schauen, dass wir bei vier Spielen in neun Tagen die Belastung so verteilen, dass wir möglichst viele frische Spieler haben, aber trotzdem stabil bleiben.“Lediglich vier freie Tage bleiben den Spielern zur Regeneration, ehe am 28. Dezember weitertrainiert wird. Den Jahresabschluss bildet die Pokalpartie gegen RB Leipzig (Dienstag, 18.30 Uhr/Sky). Den Antrag der Leipziger, das Spiel ins nächste Jahr zu verschieben, lehnte der Deutsche Fußball-Bund am Dienstag ab. RB-Trainer Julian Nagelsmann hätte sich mehr Regeneration für seine Spieler gewünscht, kündigte aber bereits an: „Augsburg wird merken, dass wir bereit sind.“