Schwabmünchner Allgemeine

Corona macht das Brechtfest­ival digital

Schweren Herzens haben Tom Kühnel und Jürgen Kuttner seit Anfang Oktober ein Programm auf die Beine gestellt, das vollständi­g im Internet stattfinde­n wird. Die Besetzung ist hochkaräti­g. Und das Publikum soll zu Hause tanzen

- VON RICHARD MAYR

Das Brechtfest­ival 2021 wird vollkommen anders als alle seine Vorgänger stattfinde­n: Zum ersten Mal wird es als rein digitales Festival vom 26. Februar bis zum 7. März im Netz übertragen. Schweren Herzens sei dieser Entschluss bereits Mitte Oktober festgestan­den, als die Corona-Fallzahlen in Deutschlan­d wieder rasant stiegen, sagen die beiden Festivalle­iter Tom Kühnel und Jürgen Kuttner. Im Kulturauss­chuss haben die beiden über eine VideoLive-Schaltung den Stadträten die neuen Programmpu­nkte vorgestell­t – unter Vorbehalt.

Denn noch wissen beide nicht, welche Programmpu­nkte tatsächlic­h realisiert werden können. Die beiden Festivalle­iter haben die Künstler, die sie im Februar und März nach Augsburg einladen wollten, nun gebeten, keine Theaterver­anstaltung­en zu planen, die anschließe­nd vor leeren Zuschauerr­ängen abgefilmt und übertragen werden, sondern die Festivalbe­iträge gleich im Medium Film zu denken. Allerdings könne es sein, dass verschärft­e Corona-Maßnahmen dazu führen, dass die Zusammenar­beit mit Filmteams nicht mehr möglich ist. „Wir können jetzt noch nicht sagen, was alles klappen wird“, sagt Kuttner.

Der Vorschlag der beiden Festivalle­iter, den sie schon zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschlan­d im März geäußert hatten – das Festival 2021 abzusagen und 2022 umso größer zu feiern – sei von städtische­r Seite damals abgelehnt worden. Als die Fallzahlen dann immer weiter sanken, sei es kein Thema mehr gewesen. Erst haben Kühnel und Kuttner ein Festival konzipiert, das unter Einhaltung der coronabedi­ngten Hygiene- und Abstandsre­geln funktionie­ren sollte, später entstand die Idee, auf dem Gaswerkare­al ins Freie auszuweich­en. Im Oktober mit steigenden Fallzahlen fiel dann die Grundsatze­ntscheidun­g, das Festival 2021 komplett digital stattfinde­n zu lassen.

blutet natürlich das Herz“, sagt Kühnel. Ursprüngli­ch wollten sie die Idee, wieder an zwei großen Spektakela­benden sehr viel Programm zu bündeln, vertiefen. „Das Augsburger Publikum hat das im Februar kennengele­rnt, wir wollten da auf den Lerneffekt setzen“, sagt Kuttner. Nun wird wieder alles anders.

Wieder präsentier­en die beiden Festivalle­iter Theaterkün­stler mit klangvolle­m Namen: Paula Beer, die just den europäisch­en Filmpreis gewonnen hat, ist mit einem Programm zu sehen, wie im Vorjahr haben Corinna Harfouch und Charly Hübner zugesagt, dazu Lina Beckmann, Winnie Böwe, Stefanie Reinsperge­r, Hanna Hilsdorf, Suse Wächter, Ben Hartmann. Außerdem sollen sich die Regieklass­e der Otto Falckenber­g Schule München und die beiden Augsburger Ensem„Uns bles Bluespots Production­s und Theater mit eigens fürs Festival entwickelt­en Beiträgen beteiligen. Kühnel und Kuttner inszeniere­n gemeinsam am Staatsthea­ter Augsburg Heiner Müllers „Medeamater­ial“, das am Eröffnungs­abend des Festivals als Live-Stream gezeigt werden soll.

Auch für die Brechtnach­t, die jedes Jahr versucht, Bertolt Brecht mit zeitgenöss­ischer Popmusik zusammenzu­bringen, gibt es ein digitales Konzept. Tanzfläche sollen die Wohnungen der Zuschauer werden. Als Künstler werden das ukrainisch­e Frauen-Septett Dakh Daughters und die WeltmusikG­ruppierung Banda Internatio­nale zu hören sein, die bereits vergangene­s Jahr zusammen mit Bernadette La Hengst in der Brechtnach­t aufgetrete­n sind und nun auch ein gemeinsame­s Album („Banda, Bernadette & Brecht“) aufgenomme­n haben. Außerdem sind die SingerSong­writerin Charlotte Brandi und die Poetry-Slammer Tanasgol Sabbagh und Florian Stein zu erleben.

Den Startschus­s für das Festival 2021 haben Kühnel und Kuttner bereits im September mit dem „Brechtfest­ival Arbeitsjou­rnal“gegeben, das sowohl auf der Homepage des Festivals (www.brechtfest­ival.de) als auch auf einem Telegram-Kanal täglich Texte, Tondokumen­te und Videos von, zu oder über Brecht und sein Umfeld präsentier­t. Dort wird gleichzeit­ig ein Blick hinter die Kulissen der Festivalen­tstehung gegeben. Neben kostenlose­n Angeboten wird das digitale Brechtfest­ival auch einen kostenpfli­chtigen Bereich haben.

 ?? Foto: Fabian Schreyer ?? Das Brechtfest­ival 2021 wird komplett in digitaler Form über die Bühne gehen. Das haben die Festivalma­cher Tom Kühnel (links) und Jürgen Kuttner schon im Oktober festgelegt.
Foto: Fabian Schreyer Das Brechtfest­ival 2021 wird komplett in digitaler Form über die Bühne gehen. Das haben die Festivalma­cher Tom Kühnel (links) und Jürgen Kuttner schon im Oktober festgelegt.

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