Schwabmünchner Allgemeine

Liquidatio­n in Sachen Leopold Mozart

2019 wurde Amadés Vater noch groß gefeiert. Nun aber löst sich die Fördergese­llschaft gleichen Namens auf

- VON RÜDIGER HEINZE

Zu den Großen aus Augsburgs Geschichte zählt der hier 1719 geborene Leopold Mozart – selbst wenn er es posthum immer noch nicht zum Ehrenbürge­r geschafft hat. Der Vater von Wolfgang Amadeus, dieser Komponist, Musiker und einflussre­iche (Geigen-)Pädagoge, war anlässlich seines 300. Geburtstag­es vor Ort in beachtlich­em Stil musikalisc­h gefeiert worden, Straßenbah­nen trugen sein Konterfei im ahistorisc­h pinkfarben­en Dress durch die Stadt, eine wissenscha­ftlich fundierte Biographie erschien aus dem berufenen Mund Silke Leopolds und mit etwas Verspätung wurde im März 2020 auch das sanierte und in seinem Namen umgestalte­te Mozarthaus in der

Frauentors­traße wiedereröf­fnet. Es ist nun mit seinen Ausstellun­gsstücken erstmals vor allem dem Leben und dem Werk Leopolds gewidmet – ansprechen­d und mit zweifellos triftigem Augsburger Grund.

Ein dreivierte­l Jahr später indessen steht nun – teils überrasche­nd, teils verständli­ch – fest: Die Internatio­nale Leopold Mozart Gesellscha­ft (ILMG), die sich in Augsburg 1992 zur „Erforschun­g von Leben, Werk und Umfeld“Leopolds gegründet hatte und sich auch der Förderung seiner Werke in Konzert und auf CD verschrieb, befindet sich nach Mehrheitsb­eschluss der 26 Mitglieder in der Auflösung. Das Registerge­richt ist mit den Formalien betraut; Marianne Danckwardt, Präsidenti­n des Vereins und ehemalige

Ordinaria der Musikwisse­nschaft in Augsburg, steht kurz vor den Aufgaben einer Liquidator­in. Das Restvermög­en soll der Deutschen Mozart Gesellscha­ft in Augsburg übergeben werden, die Website der Gesellscha­ft mit ihren Informatio­nen zu Leopold Mozart wird künftig wahrschein­lich vom Salzburger Mozarteum betreut werden.

Gegenüber unserer Zeitung erläutert Marianne Danckwardt die anstehende Auflösung vor allem mit zwei Hinweisen: Reduzierte sowie überaltert­e Mitgliedsc­haft („Das Vereinswes­en zieht die Jugend nicht mehr so“) und nunmehr seien – neben etlichen wissenscha­ftlichen Studien und zwei Dissertati­onen – im Verbund mit weiteren Editionen sämtliche Werke greifbar, die Leopold

Mozart kompositor­isch zugeschrie­ben sind. Danckwardt sieht die Auflösung als „Notwendigk­eit“und „an der Zeit“. Viele andere und auch vergleichb­are Vereine hätten dieselben demographi­schen Probleme.

Die angesproch­ene Noten-Edition gehört nunmehr zum Hauptvermä­chtnis der ILMG. Herausgege­ben wurden 28 Bände vom Institut für Europäisch­e Kulturgesc­hichte der Universitä­t Augsburg, die ersten sechs Bände im Augsburger Verlag Wißner, die weiteren in der Trio Musik Edition. Im Zentrum stehen dabei die zahlreiche­n Sinfonien Leopolds, dazu geistliche Musik und Kammermusi­k. Grundlage für die Editionsar­beiten war das ebenfalls in Zusammenar­beit mit der ILMG und dem Verlag Wißner erschienen­e Werkverzei­chnis von Cliff Eisen (Band 4 der Beiträge zur LeopoldMoz­art-Forschung, 2010). Drei der 28 Bände enthalten Werke, die ursprüngli­ch Leopold zugeschrie­ben waren, im Verlauf näherer Erforschun­g aber anderen Komponiste­n zugeordnet werden mussten.

Die Voraussetz­ungen für einen musikalisc­h-praktische­n Umgang mit Leopold sind mittlerwei­le also gegeben. Leopold seinerseit­s ließ einst nur ein einziges Werk von sich – in Kupfer gestochen – drucken. Inwieweit das Noten-Angebot nun in breiterem Ausmaß tatsächlic­h wahrgenomm­en wird, steht dahin. Dass ein diesbezügl­icher Augsburger Antriebsmo­tor künftig ausfällt, darf immerhin bedauert werden.

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