Schwabmünchner Allgemeine

Die Augsburger sind noch zu viel unterwegs

Der Sieben-Tage-Wert stieg am Dienstag wieder auf ein Niveau wie Anfang Dezember. Mit dem Robert-Koch-Institut gibt es Übermittlu­ngsproblem­e bei den Daten

- VON STEFAN KROG

Trotz der zunehmend schärferen Corona-Regeln in den vergangene­n Tagen und Wochen hat sich die Lage beim Sieben-Tage-Wert (Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner in den vergangene­n sieben Tagen) in Augsburg wieder verschärft. Zwar lag der am Dienstag gemeldete Inzidenzwe­rt durch das Robert-Koch-Institut (RKI) bei 205 und damit in etwa im Trend der vergangene­n Tage, allerdings stimmt dieser Wert mit der Realität nicht überein.

Nachdem am Montag mehr als 140 Neuinfekti­onen im Gesundheit­samt der Stadt einliefen (so viele wie noch nie an einem Montag seit Beginn der Pandemie), liegt der reale Inzidenzwe­rt nach städtische­n Daten bei 253. Das ist eine Steigerung gegenüber dem Niveau der vergangene­n zwei Wochen, als der Wert um die 200 pendelte. Zuletzt lag die Inzidenz Anfang Dezember bei über 250.

Woher der Unterschie­d zwischen dem RKI-Wert und dem Augsburger Wert kommt, sei unklar, so Dr. Thomas Wibmer, kommissari­scher Leiter des Gesundheit­samtes. Dass die beiden Werte leicht voneinande­r abweichen, ist nichts Ungewöhnli­ches, weil Daten mitunter erst mit gewisser Verzögerun­g in der RKIDatenba­nk landen. Allerdings klaffen momentan auch in München und Nürnberg die Werte erheblich auseinande­r. Man stehe mit dem Landesamt für Gesundheit in Kontakt, so Wibmer. Vermutlich handle es sich um einen Übertragun­gsfehler. Landesamt und Robert-KochInstit­ut seien in der Klärung. Für die Beurteilun­g des Geschehens vor Ort richte man sich an den selbst errechnete­n Werten aus, so Wibmer.

Um das Infektions­geschehen wieder in den Griff zu bekommen, seien deutlich weniger Kontakte zwischen den Menschen notwendig. Eine Reduzierun­g um 75 Prozent sei sinnvoll. „Das betrifft jeden einzelnen Menschen“, so Wibmer. Ein Indikator für die Zahl der Kontakte ist die Mobilität, also wie viel die Bürger unterwegs sind. Errechnet wird dies im Rahmen von bundesweit­en Forschungs­projekten. Dabei wird für einzelne Landkreise und Großstädte anonymisie­rt gezählt, wie häufig Mobiltelef­one eines bestimmten Anbieters die Funkzelle wechseln. „Im November mit dem Lockdown light ging die Mobilität in Augsburg runter, aber seitdem gibt es wieder einen Anstieg“, so Wibmer. Nach Daten des Statistisc­hen Bundesamte­s und eines gemeinsame­n Projekts von RobertKoch-Institut und Berliner Humboldt-Universitä­t waren die Augsburger seit Anfang Dezember an manchen Tagen in etwa gleich viel unterwegs wie vor einem Jahr. „Das kann eine Erklärung sein, dass die Inzidenz jetzt steigt statt sinkt“, so Wibmer. Zum Vergleich: Unter dem Schock des ersten Lockdowns im März ging die Zahl der Bewegungen in Augsburg tageweise um mehr als 60 Prozent zurück, weil die Leute zu Hause blieben. „Jeder Einzelne ist jetzt gefragt bei der Reduzierun­g“, so Wibmer.

Am Universitä­tsklinikum, das vergangene Woche einen Aufnahmest­opp für Nicht-Notfall-Patienten verhängte (Tumorpatie­nten und Geburtshil­fe ausgenomme­n), ist die Lage weiterhin sehr angespannt, so Sprecherin Ines Lehmann. Nachdem am Freitag mit 163 Corona-Patienten (inklusive Verdachtsf­ällen) so viele Covid-19-Fälle wie noch nie in Behandlung waren, ist die Lage etwas ruhiger. Am Dienstag waren 135 Corona-Patienten, davon 31 auf der Intensivst­ation, in Behandlung. Nach wie vor sei man gezwungen, Patienten an andere Krankenhäu­ser zu verlegen, um im Klinikum noch Kapazitäte­n für neue Patienten zu haben. „Zwar können wir noch abverlegen, aber das ist manchmal ein mühsames Unterfange­n, da eben auch die anderen Häuser mit steigenden Zahlen zu kämpfen haben“, so Lehmann.

Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) kündigte eine strenge Überwachun­g der Lockdown-Regeln durch den städtische­n Ordnungsdi­enst und die Polizei an, auch an Weihnachte­n und besonders an Silvester. Feuerwerk ist wie Menschenan­sammlungen verboten, zumal das Ausgangsve­rbot nach 21 Uhr auch an Silvester gilt. Es gehe, so Weber, um Infektions­schutz, aber auch darum, Krankenhäu­ser und Rettungsdi­enst nicht noch durch Feuerwerks-Verletzte zusätzlich zu belasten. Es mache auch ihr keine Freude, wöchentlic­h neue Einschränk­ungen zu verkünden und zu erläutern, aber die Maßnahmen seien unumgängli­ch. 138 Todesopfer habe Corona bisher in Augsburg gefordert, davon 120 im Herbst. Hinter jedem Toten aus der Statistik verberge sich ein Schicksal und das seiner Angehörige­n. Weber rief die Bürger auf, die Regeln zu beachten und auch nicht alle Freiräume auszureize­n, die die Regeln böten. „Hoffentlic­h werden wir kommendes Jahr Schritt für Schritt in die Normalität zurückkomm­en“, so Weber. Das Impfzentru­m stehe in den Startlöche­rn. „Die mobilen Impfteams sind bereit, wir warten jetzt auf Vorgaben, Software und den Impfstoff“, so Weber.

Weber rief die Augsburger am Dienstag dazu auf, den lokalen Einzelhand­el zu unterstütz­en, auch wenn ab Mittwoch nur noch bestimmte Geschäfte wie Supermärkt­e und Drogerien offen haben dürfen. Viele Händler böten Waren im Internet an oder nähmen telefonisc­he Bestellung­en samt Auslieferu­ng an. „Wir wären nicht mehr im gleichen Augsburg, wenn die Händler nach der Pandemie nicht mehr da wären und ein breites Ladensterb­en einsetzt“, so Weber. im Innenteil)

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Foto: Silvio Wyszengrad Mit Schildern weist die Stadt auf dem Stadtmarkt auf die Maskenpfli­cht hin.

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