Schwabmünchner Allgemeine

Auf diesem Bauernhof sprießen exotische Pilze

Gerhard Dürrwanger und Monika Neuber züchten seit dem Frühjahr in ihrem Landwirtsc­haftsbetri­eb in Königsbrun­n Speisepilz­e. Corona erschwert aber die Vermarktun­g

- VON ANJA FISCHER

Königsbrun­n Kurz vor dem alten Stadeltor setzt Gerhard Dürrwanger aus Königsbrun­n eine Maske auf. „Das hat nichts mit Corona zu tun, sondern mit dem, was wir dahinter anbauen“, sagt er lachend. Dürrwanger öffnet den Riegel und damit die Türen in die geheimnisv­olle Welt der Pilze, die aus fast unsichtbar­en Myzelien in die Höhe schießen und innerhalb einiger Wochen mehr als zwanzig Zentimeter lange, essbare Fruchtkörp­er bilden. Der Fruchtkörp­er sei das, was man umgangsspr­achlich Pilz nenne, sagt Dürrwanger­s Lebensgefä­hrtin Petra Neuber: „Der eigentlich­e Pilz aber ist das Myzel.“

Die Maske brauchen die Pilzzüchte­r wegen der Sporen der Gewächse: Würde man längere Zeit ungeschütz­t in der Halle arbeiten, könnten die Samen die Lunge belasten und das Atmen erschweren. Bei einem kurzen Besuch lohnt sich aber ein tiefer Atemzug: In den vier Zuchträume­n in Königsbrun­n wachsen Limonensei­tlinge mit ihrem herrlichen Duft, schmackhaf­te Kräutersei­tlinge, gesunde Maitakeund leckere Pom-Pom-Pilze heran.

Je nach Pilzart brauchen die einen bis zur Ernte rund fünf Wochen, die anderen bis zu sechs Monate. „Jede Art stellt andere Ansprüche beispielsw­eise an Temperatur und Luftfeucht­igkeit“, erklärt Petra Neuber. So wächst der Kräutersei­tling am besten bei 15 Grad, der Limonensei­tling dagegen liebt subtropisc­hes Klima mit 26 Grad und mehr.

Die Königsbrun­ner Pilze sind allesamt Holzbewohn­er, die auf speziellen Substratbl­öcken, welche mit einer Mischung aus Buchenspän­en, Gips und Weizenklei­e gefüllt sind, heranwachs­en. Das Substrat wird erst im Autoklaven sterilisie­rt und danach mit der Pilzbrut beimpft. Erst dann dürfen die Blöcke in die Zuchtboxen. Petra Neuber und Gerhard Dürrwanger haben in der Pilzzucht sich vieles selbst beigebrach­t, angelesen und in Online-Seminaren gelernt.

Die Idee, auf Pilze umzusattel­n, kam mit einer betrieblic­hen Umstruktur­ierung, wie Dürrwanger erzählt: „Wir haben einen Mastfärsen­stall, aber nur die Fleischauf­zucht rechnet sich nicht richtig. Als wir die Tierhaltun­g reduzieren wollten, haben wir nach Alternativ­en gesucht, die auch in unseren Gebäuden möglich sind.“So sind die beiden auf die Pilze gekommen. „Die Nachfrage nach vegetarisc­hen oder veganen Produkten steigt immer mehr“, ist sich Petra Neuber sicher. „Unsere Pilze sind sehr lecker und gerade der Kräutersei­tling ein toller Fleischers­atz.“Und obwohl sie selbst den klassische­n Champignon in Rahmsoße gar nicht mag, schätzt sie den hofeigenen Kräutersei­tling in der Küche: „Scharf angebraten oder vom Grill schmeckt der super. Oder eine Spaghettis­oße mit Maitake, Zwiebeln und Gemüse – das ist wirklich lecker“, schwärmt sie.

Einige der Pilze wie Maitake und Pom-Pom, die in Königsbrun­n angebaut werden, sind üblicherwe­ise im Handel nur getrocknet erhältlich. Zum einen, weil die Anzucht sehr langwierig ist, zum anderen auch, weil diese Pilze einen langen Transport nicht überstehen würden. Aber aus Königsbrun­n frisch auf die Teller in der Umgebung? Das ist durchaus machbar.

Derzeit vermarktet das Paar seine Produkte vor allem über Hofläden in den umliegende­n Ortschafte­n. „Eigentlich haben wir zu Beginn fast nur die Gastronomi­e beliefert“, erzählt Petra Neuber. „Aber gerade als wir die erste Charge Pilze gezüchtet hatten, kam der erste Lockdown.“Die beiden ließen sich nicht entmutigen, impften neue Substratbl­öcke und begannen wieder von vorne. Mit wenig Glück: Im Sommer wurde es für die Pilze zu heiß im alten Stall. Es wurde in eine Klimaanlag­e investiert. Gerade zur dritten Haupternte dann startete der zweite Lockdown.

Das Paar wandte sich nun an nahe liegende Hofläden, versucht seither, dort die exotischen Köstlichke­iten zu verkaufen. „Ganz neu haben wir uns aber nun einen großen Dörrappara­t gekauft, in dem wir unsere Pilze trocknen werden und dann künftig auch getrocknet anbieten“, sagt Petra Neuber. Entmutigen lassen sie und Gerhard Dürrwanger sich von den holprigen Anfängen jedenfalls nicht. „Wir machen auf jeden Fall weiter, denn unser Produkt ist große Klasse“, sind sie sich einig.

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Fotos: Anja Fischer Der Kräutersei­tling von Petra Neuber und Gerhard Dürrwanger erreicht eine ganz enorme Größe.
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Der Pom‰Pom‰Pilz wird auch „Igel‰Sta‰ chelbart“genannt und kommt in der Na‰ tur als Baumparasi­t vor. Sein Ge‰ schmack erinnert an Kalbs‰ oder Geflü‰ gelfleisch.
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Limonensei­tlinge wachsen in dichten Trauben.

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