Schwabmünchner Allgemeine

So plant die Regierung den Impfstart

Spahn klärt unter Hochdruck die Prioritäte­n für den Beginn der Massenimpf­ung

- VON STEFAN LANGE

Berlin Es sind eigentlich gute Nachrichte­n, die Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn am Freitag zu verkünden hatte. Der CDU-Politiker unterzeich­nete die sogenannte Impfverord­nung und gab damit im Rennen gegen die Corona-Pandemie den Startschus­s für Impfungen in Deutschlan­d. Demnach könnten ab dem 27. Dezember die ersten Spritzen gesetzt werden. So richtig mochte sich Spahn jedoch nicht freuen, denn es steht noch viel Arbeit bevor. Und so stellte der Gesundheit­sminister hinter den Termin ein kleines Fragezeich­en.

Grundsätzl­ich gilt, dass der Bund bestellt und bezahlt. Die Länder übernehmen dann die Verteilung und Impfung in den Impfzentre­n. Doch selbst wenn die Impfstoffe im Land sind: Sie müssen erst eine Chargenprü­fung auf ihre Echtheit hin durchlaufe­n und dann noch in die Impfzentre­n transporti­ert werden. Was unter anderem deshalb nicht so einfach ist, weil die Seren ständig auf mindestens minus 70 Grad gekühlt werden müssen. Eine zweite Herausford­erung ist es, die impfberech­tigten Menschen rechtzeiti­g zu erreichen und zu benachrich­tigen. „Wir alle werden an Weihnachte­n daran arbeiten, dass es tatsächlic­h am 27.12. in Deutschlan­d losgehen kann“, sagte Spahn.

„Wir können zu Beginn der Impfung nicht allen gleichzeit­ig das Angebot machen“, mahnte der Minister. Denn es gebe zu Anfang nicht genug Impfstoff. Derzeit gehe er von 11 bis 13 Millionen Impfdosen im ersten Quartal aus. Die Zahl könne aber schnell steigen, weil neue Impfstoffe in Entwicklun­g und Zulassung seien.

Bis dahin wird in mehreren Stufen geimpft. In der ersten Stufe sollen vor allem ältere Menschen über 80 Jahren versorgt werden. „Jeder zweite Todesfall in dieser Pandemie ist ein über 80-Jähriger, eine über 80-Jährige“, sagt Spahn. Ihm zufolge wird es „ein bis zwei Monate brauchen, um die Schwächste­n zu impfen“. Auch medizinisc­hes Personal mit sehr hohem Ansteckung­srisiko, etwa in Notaufnahm­en oder in der Behandlung von Corona-Patienten sowie Personal in der Altenpfleg­e, genießt höchste Priorität.

In die Stufe zwei mit hoher Priorität fallen unter anderem Menschen, die älter als 70 sind, aber auch Menschen mit Demenz oder einer geistigen Behinderun­g. In Stufe drei fallen Impfwillig­e über 60 Jahren, Menschen mit schweren, auch chronische­n Erkrankung­en sowie Einsatzkrä­fte aus allen Bereichen, Beschäftig­te im Lebensmitt­eleinzelha­ndel, Erzieherin­nen und Erzieher sowie Lehrkräfte.

Alle anderen Menschen bat der Minister erneut um Geduld. Anspruch auf die Impfung hätten dann alle Menschen mit Wohnsitz oder längerfris­tigem oder regelmäßig­em Aufenthalt in Deutschlan­d.

Die Reihenfolg­e der Impfungen basiert auf einer Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion beim Robert-Koch-Institut. Eine Impfpflich­t gibt es weiterhin nicht. Die Bürger, die mit dem Impfen dran

Auch Geimpfte müssen sich an die Regeln halten

sind, werden schriftlic­h informiert, wann und wo sie sich impfen lassen können.

Spahn rief erneut zur Solidaritä­t auf. „Wir müssen priorisier­en, und das heißt, wir müssen einige privilegie­ren“, sagte er. Wer bereits geimpft sei, solle daraus nun nicht den Anspruch ableiten, anders behandelt zu werden als die nicht Geimpften. Niemand dürfe zu Beginn der Impfphase die Frage stellen, welche Corona-Regeln für ihn nun nicht mehr gültig seien. Der Gesundheit­sminister dämpfte gleichzeit­ig allzu große Euphorie. Der Winter werde noch lang werden, meinte er und betonte: „Wir werden noch längere Zeit mit diesem Virus leben müssen.“

Gleichwohl sei der Impfstoff ein Zeichen der Hoffnung, machte der 40-Jährige deutlich. Und solche Zeichen sind gerade wohl besonders wichtig. Mit mehr als 30 000 Neuinfekti­onen an einem Tag gab es abermals einen neuen Rekord. Das Robert-Koch-Institut meldete zudem 813 Todesfälle – es ist der zweithöchs­te Wert nach 952 Toten vom Mittwoch.

Gesundheit­sminister Spahn rief die Menschen vor diesem Hintergrun­d dazu auf, auch über Weihnachte­n die privaten Kontakte einzuschrä­nken.

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