So plant die Regierung den Impfstart
Spahn klärt unter Hochdruck die Prioritäten für den Beginn der Massenimpfung
Berlin Es sind eigentlich gute Nachrichten, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Freitag zu verkünden hatte. Der CDU-Politiker unterzeichnete die sogenannte Impfverordnung und gab damit im Rennen gegen die Corona-Pandemie den Startschuss für Impfungen in Deutschland. Demnach könnten ab dem 27. Dezember die ersten Spritzen gesetzt werden. So richtig mochte sich Spahn jedoch nicht freuen, denn es steht noch viel Arbeit bevor. Und so stellte der Gesundheitsminister hinter den Termin ein kleines Fragezeichen.
Grundsätzlich gilt, dass der Bund bestellt und bezahlt. Die Länder übernehmen dann die Verteilung und Impfung in den Impfzentren. Doch selbst wenn die Impfstoffe im Land sind: Sie müssen erst eine Chargenprüfung auf ihre Echtheit hin durchlaufen und dann noch in die Impfzentren transportiert werden. Was unter anderem deshalb nicht so einfach ist, weil die Seren ständig auf mindestens minus 70 Grad gekühlt werden müssen. Eine zweite Herausforderung ist es, die impfberechtigten Menschen rechtzeitig zu erreichen und zu benachrichtigen. „Wir alle werden an Weihnachten daran arbeiten, dass es tatsächlich am 27.12. in Deutschland losgehen kann“, sagte Spahn.
„Wir können zu Beginn der Impfung nicht allen gleichzeitig das Angebot machen“, mahnte der Minister. Denn es gebe zu Anfang nicht genug Impfstoff. Derzeit gehe er von 11 bis 13 Millionen Impfdosen im ersten Quartal aus. Die Zahl könne aber schnell steigen, weil neue Impfstoffe in Entwicklung und Zulassung seien.
Bis dahin wird in mehreren Stufen geimpft. In der ersten Stufe sollen vor allem ältere Menschen über 80 Jahren versorgt werden. „Jeder zweite Todesfall in dieser Pandemie ist ein über 80-Jähriger, eine über 80-Jährige“, sagt Spahn. Ihm zufolge wird es „ein bis zwei Monate brauchen, um die Schwächsten zu impfen“. Auch medizinisches Personal mit sehr hohem Ansteckungsrisiko, etwa in Notaufnahmen oder in der Behandlung von Corona-Patienten sowie Personal in der Altenpflege, genießt höchste Priorität.
In die Stufe zwei mit hoher Priorität fallen unter anderem Menschen, die älter als 70 sind, aber auch Menschen mit Demenz oder einer geistigen Behinderung. In Stufe drei fallen Impfwillige über 60 Jahren, Menschen mit schweren, auch chronischen Erkrankungen sowie Einsatzkräfte aus allen Bereichen, Beschäftigte im Lebensmitteleinzelhandel, Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte.
Alle anderen Menschen bat der Minister erneut um Geduld. Anspruch auf die Impfung hätten dann alle Menschen mit Wohnsitz oder längerfristigem oder regelmäßigem Aufenthalt in Deutschland.
Die Reihenfolge der Impfungen basiert auf einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut. Eine Impfpflicht gibt es weiterhin nicht. Die Bürger, die mit dem Impfen dran
Auch Geimpfte müssen sich an die Regeln halten
sind, werden schriftlich informiert, wann und wo sie sich impfen lassen können.
Spahn rief erneut zur Solidarität auf. „Wir müssen priorisieren, und das heißt, wir müssen einige privilegieren“, sagte er. Wer bereits geimpft sei, solle daraus nun nicht den Anspruch ableiten, anders behandelt zu werden als die nicht Geimpften. Niemand dürfe zu Beginn der Impfphase die Frage stellen, welche Corona-Regeln für ihn nun nicht mehr gültig seien. Der Gesundheitsminister dämpfte gleichzeitig allzu große Euphorie. Der Winter werde noch lang werden, meinte er und betonte: „Wir werden noch längere Zeit mit diesem Virus leben müssen.“
Gleichwohl sei der Impfstoff ein Zeichen der Hoffnung, machte der 40-Jährige deutlich. Und solche Zeichen sind gerade wohl besonders wichtig. Mit mehr als 30 000 Neuinfektionen an einem Tag gab es abermals einen neuen Rekord. Das Robert-Koch-Institut meldete zudem 813 Todesfälle – es ist der zweithöchste Wert nach 952 Toten vom Mittwoch.
Gesundheitsminister Spahn rief die Menschen vor diesem Hintergrund dazu auf, auch über Weihnachten die privaten Kontakte einzuschränken.