Schwabmünchner Allgemeine

Warten auf die Nachricht aus Brüssel

Die EU-Kommission steht bereit, um die Zulassung binnen Stunden amtlich zu machen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Selten ist eine Entscheidu­ng der Europäisch­en Arzneimitt­el-Behörde (EMA) in Amsterdam so sehr erwartet worden. Am Montagmorg­en kommen die Experten der 27 Mitgliedst­aaten zusammen, um zu entscheide­n, ob sie eine offizielle, aber auf ein Jahr befristete Zulassung für den Coronaviru­s-Impfstoff der deutschen Firma Biontech empfehlen. In Brüssel werde, so hieß es am Freitag, die Europäisch­e Kommission bereitsteh­en, um „innerhalb von Stunden“die erhoffte Zulassung amtlich zu machen. „Das wäre das beste Weihnachts­geschenk für uns alle“, sagte die für Gesundheit­spolitik zuständige EU-Kommissari­n Stella Kyriakides unserer Redaktion. „Natürlich zählt jeder Tag. Und jeder Tag rettet Leben“, betonte sie weiter. „Für mich steht Sicherheit an erster Stelle. So bieten wir das höchste Schutznive­au für die Menschen. Wir werden bald eine beispiello­se Massenimpf­kampagne für unsere Bürger starten.“

Die dürfte nach dem 6. Januar 2021 richtig in Gang kommen, wenn auch der zweite und laut Medizinern „sehr vielverspr­echende Impfstoff“des US-Hersteller­s Moderna zugelassen werden sollte. Dass nach der Zulassung des ersten Impfstoffe­s noch weitere Tage vergehen, ehe am 27. Dezember in allen EU-Mitgliedst­aaten gleichzeit­ig die Impfungen beginnen können, hat nach Angaben der EU-Kommission medizinisc­he und organisato­rische Gründe. Die national verantwort­lichen Stellen werden die gelieferte­n Chargen mutmaßlich ab kommendem Dienstag prüfen. Dieses Verfahren ist festgelegt, gilt aber inzwischen als besonders unverzicht­bar.

Vor wenigen Tagen musste das britisch-schwedisch­e Unternehme­n AstraZenec­a seine Impfstoff-Entwicklun­g zunächst wieder zurückzieh­en, nachdem sich herausgest­ellt hatte, dass bei den klinischen Tests durch ein Versehen nur jeweils die Hälfte der notwendige­n WirkstoffD­osis verabreich­t worden war. „Wir liefern uns einen Wettlauf mit der Zeit, um Leben zu retten“, sagte Gesundheit­skommissar­in Kyriakides. „Wir stehen nicht im Wettbewerb mit anderen Ländern oder Kontinente­n. Die Sicherheit und die Wirksamkei­t des Impfstoffe­s sind das A und O.“

Obwohl die konkreten vertraglic­hen Vereinbaru­ngen, die die EUKommissi­on im Auftrag der 27 Regierunge­n mit den Hersteller­n ausgehande­lt hat, weiterhin unter Verschluss liegen, bestätigte­n informiert­e Kreise in Brüssel am Freitag, dass die Einkaufspr­eise zum Teil deutlich unter den Kosten liegen, die andere Länder zahlen müssen. AstraZenec­a, das aus dem Verkauf des Impfpräpar­ates vermutlich ab Sommer 2021 keinen Gewinn erzielen will, kostet demnach je Dosis 1,87 Euro. Biontech erhalte zwölf Euro. Die Entwicklun­g von Moderna kostet auf dem US-Markt 16,32 Euro, die EU bezahlt offenbar fast zwei Euro weniger je Dosis.

Der CDU-Europaabge­ordnete Peter Liese warb am Freitag in Brüssel dafür, sich parallel zu den Impfungen am irischen Modell zu orientiere­n und die bestehende­n Lockdown-Beschränku­ngen anzupassen. Immerhin sei es dort gelungen, die Inzidenzza­hl zwischen Oktober (165) auf inzwischen 46 Neuinfekti­onen je 100000 Einwohner im Sieben-Tages-Schnitt zu senken. „In dieser Woche gab es Tage, an denen im ganzen Land kein Todesfall aufgrund eines Kontaktes mit dem Covid-19-Virus zu beklagen war.“Dublin hatte vor allem die häuslichen Kontakte stark eingeschrä­nkt. In den eigenen vier Wänden durfte man keinen Besuch empfangen. Dafür waren Begegnunge­n mit Freunden und Bekannten im Freien erlaubt. Gleichzeit­ig führte die Regierung eine Pflicht zum Arbeiten im Homeoffice ein.

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Foto: Nicolas Armer, dpa Im Wettlauf gegen eine immer weitere Ausbreitun­g des Coronaviru­s hat die Bundes‰ regierung die Weichen für den Impfstart gestellt.

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