Schwabmünchner Allgemeine

Italiens Winzer leiden

Deutsche trinken mehr, aber billigere Tropfen

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Rom Italiener läuten Weihnachte­n und Silvester gerne mit einem spritzigen Prosecco zum Anstoßen ein. Später, zum festlichen Nachtisch, gehört im größten Weinerzeug­erland der Welt, das jährlich rund 50 Millionen Hektoliter produziert, traditione­ll ein Gläschen Süßwein dazu. Kenner greifen dabei etwa zum Vin Santo, der aus der Toskana stammt. Santo heißt „heilig“– der über Jahre im Holzfass gereifte Dessertwei­n aus luftgetroc­kneten Trauben ist eine Spezialitä­t. Die beiden Fest-Getränke stehen für zwei sehr unterschie­dliche Produkte: Massenware einerseits und teure, aufwendige Spitzenpro­dukte anderersei­ts. Im Pandemie-Jahr 2020 musste Italiens Weinbranch­e auf die harte Tour lernen, für beides neue Wege zum Konsumente­n zu finden.

Bars und Restaurant­s schlossen wegen Corona seit März phasenweis­e komplett. Das schlägt doppelt zu Buche, weil in den Restaurant­s im Schnitt teurerer Wein mit höherer Qualität bestellt wird. Dort gönnten sich Gäste bisher etwa einen lange gereiften Barolo, Brunello oder Amarone. Der enorm wichtige Export, der zuletzt mit rund elf Milliarden Euro gut 50 Prozent des Umsatzes ausmachte, geriet ebenfalls ins Stocken. Hauptabneh­mer im Ausland sind die USA und Deutschlan­d. In der ersten Corona-Welle

Deutschlan­d produziert nur ein Fünftel der Menge

kursierten Alarmrufe über Absatzeinb­rüche im hohen zweistelli­gen Bereich. Kurz vor Jahresende errechnete die internatio­nale WeinOrgani­sation OIV bei der Produktion 2020 einen nur leichten Rückgang im Jahresverg­leich auf gut 47 Millionen Hektoliter. Deutsche Winzer kamen danach auf knapp 9 Millionen Hektoliter – ein Fünftel der Menge Italiens.

Der Absatz wanderte verstärkt in den Verkauf über Läden, auch über große Handelsket­ten und Discounter. In der Masse seien die Flaschenpr­eise dort niedriger, wie Giulio Somma von dem Branchenve­rband Unione Italiana Vini erläutert. In der Krise hätten Supermärkt­e aber verstärkt teure Qualitätsw­are in die Regale gestellt. „Manche Winzer mögen diesen Absatzweg nicht, wegen der aggressive­n Preispolit­ik. Hier mussten wegen Covid Barrieren im Kopf fallen“, sagt Giulio Somma.

„Der Export hat manche Produzente­n gerettet, besonders diejenigen mit guten Kanälen in die USA“, berichtet er. Dort seien auch teure Topweine beliebt gewesen. „Die Deutschen dagegen haben zum Beispiel beim Spumante 2020 mengenmäßi­g bis September zwar mehr geordert als im Vorjahr“, sagt der Fachmann. Trotzdem sei hier der Umsatz leicht – um drei Prozent – gesunken. Deutsche gelten in Italien bei Essen und Trinken ohnehin als sparsam.

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Foto: Petra Kaminsky, dpa Kein Land der Welt baut so viel Wein an wie Italien.

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