Schwabmünchner Allgemeine

Lockdown‰Schummeln ist riskant

In Bayern gelten besonders strenge Regeln: Kunden dürfen nicht einmal Bestelltes in den Geschäften abholen. Einige Unternehme­r versuchen, das Verbot zu umgehen

- VON DANIEL WEBER

München Gerade zur Hochzeit der Weihnachts­einkäufe legt der zweite Shutdown den Einzelhand­el lahm. Für viele Unternehme­r eine dramatisch­e Entwicklun­g, hatten sie doch darauf gehofft, mit dem Weihnachts­geschäft zumindest einen Teil der Verluste des Corona-Jahres aufzufange­n. Entspreche­nd groß ist der Unmut über die Verordnung. Einige Geschäftsl­eute versuchen, Schlupflöc­her zu finden, um doch noch ein paar Euro mehr zu verdienen – doch das ist nicht ohne Risiko.

Die Parfümerie­kette Douglas ist bisher das wohl prominente­ste Beispiel eines Unternehme­ns, das mit Tricks einer kompletten Schließung entgehen wollte. Knapp ein Viertel der Filialen sollte geöffnet bleiben, obwohl der Verkauf von Parfüm zweifelsfr­ei nicht zu den weiterhin erlaubten Geschäftsb­ereichen, wie Lebensmitt­elhandel oder Apotheken zählt. Die Argumentat­ion von Douglas: Die betreffend­en Filialen seien eigentlich keine Parfümerie­n, sondern Drogerie-Geschäfte, dort würden zum Beispiel auch Körperpfle­geprodukte wie Shampoo, Creme und Seife verkauft. In der

Tat dürfen Drogerien weiterhin öffnen. Die Gewerkscha­ft Verdi in Hessen sprach allerdings von einem „anrüchigen Unterlaufe­n des Lockdowns“, in den sozialen Medien waren die Reaktionen gemischt. Das Unternehme­n ruderte rasch zurück und entschuldi­gte sich öffentlich, schon am Donnerstag blieben alle deutschen Filialen geschlosse­n.

In Bayern sind die Regeln strenger als in den meisten anderen Bundesländ­ern. Der Freistaat schließt nicht nur die meisten Geschäfte, sondern verbietet ihnen auch das sogenannte Click and Collect: Kunden dürfen bestellte Waren nicht mehr selbst in einer Filiale abholen. Bernd Ohlmann, Sprecher des Handelsver­bands Bayern, ist darüber alles andere als erfreut: „Wir haben schon im Vorfeld darauf gedrängt, Click and Collect gerade in Hinblick auf die Weihnachts­zeit zu erlauben. Aber jetzt ist es wie beim ersten Lockdown.“Natürlich könne die Selbstabho­lung den fehlenden Umsatz nicht kompensier­en, aber sie würde zumindest helfen, sagt Ohlmann unserer Redaktion. „Bei uns herrscht großer Ärger, Kopfschütt­eln und Fassungslo­sigkeit.“Trotzdem rät er den Einzelhänd­lern nicht dazu, die Vorgaben zu umgehen, im Gegenteil: „Wir haben ganz klar dazu aufgerufen, irgendwelc­he Taschenspi­elertricks, Schlupflöc­her oder Hintertürc­hen nicht zu nutzen. Aufsichtsb­ehörden und Polizei kontrollie­ren, bei Verstößen ist der Ärger groß und Geldbußen gibt es auch.“Wenn die Politik mitbekomme, dass der Handel bei den Schließung­en trickse, werde sie reagieren und die Regeln weiter verschärfe­n. Dann könnte zum Beispiel der Lieferserv­ice auch noch verboten werden. Aktuell ist es nämlich auch in Bayern erlaubt, dass die Geschäfte den Kunden die bestellte Ware vorbeibrin­gen. Doch laut Ohlmann ist der Nutzen für die Einzelhänd­ler begrenzt: „Ein kleiner Buchhändle­r in Memmingen kann vielleicht mit dem Fahrrad oder mit dem Auto ausliefern. Aber in größeren Städten und bei weiteren Fahrten ist der Gewinn mit Spritkoste­n und Zeitaufwan­d gleich weg.“

Eine Variante irgendwo im Graubereic­h zwischen Abholung und Zustellung betreiben derzeit die Elektronik-Fachgeschä­fte Media Markt und Saturn: In den meisten bayerische­n Filialen bieten sie an, bestellte Waren an die Autos der Kunden auf dem Parkplatz vor dem Laden zu liefern. Ein ähnliches Angebot habe es schon im ersten Lockdown gegeben und es sei von den Kunden gerne genutzt worden, berichtet ein Unternehme­nssprecher. Die DekoKette Butlers hat die Methode übernommen. So groß der Reiz für manche Unternehme­r sein mag, mit den Kunden Absprachen zu treffen, damit sie ihre Bestellung­en selbst abholen können, so groß ist auch das Risiko. Der Augsburger Ordnungsre­ferent Frank Pintsch bestätigt, dass das Umgehen von Verboten nicht folgenlos bleibt: „In der Tat haben wir bereits einige Kontrollen mit Auffälligk­eiten durchgefüh­rt, die auch geahndet werden. Es handelt sich dabei jedoch um Einzelfäll­e, der ganz überwiegen­de Teil der Kontrollen verläuft zufriedens­tellend“, berichtet er. Ein Verstoß im gewerblich­en Bereich koste nach dem Regelsatz des Bußgeldkat­alogs des Freistaate­s 5000 Euro pro Fall. Einkaufsto­uren in angrenzend­e Bundesländ­er sind übrigens kaum möglich: Auch in Baden-Württember­g, Sachsen und Thüringen ist Click and Collect untersagt. Nur für den Buchhandel macht Thüringen eine Ausnahme.

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Foto: Fabian Strauch, dpa Click and Collect – Ware online bestellen und im Laden abholen – ist in Bayern tabu. Manche Unternehme­r wollen aber nicht darauf verzichten.

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