Schwabmünchner Allgemeine

Nach Schlägerei am Kö ins Gefängnis

Als das Opfer schon am Boden lag, trat der Mann zu – auch gegen den Kopf. Für die brutale Tat am Königsplat­z muss sich ein 22-Jähriger vor dem Amtsgerich­t verantwort­en

- VON MICHAEL SIEGEL

Im Verfahren um eine Gewalttat am Augsburger Königsplat­z erinnerte Rechtsanwa­lt Florian Engert an jene andere Auseinande­rsetzung, bei der 2019 ein Mensch durch einen einzigen Schlag getötet worden war. Mit Blick darauf hätten alle Beteiligte­n an der anderen Auseinande­rsetzung ein Riesenglüc­k gehabt. Auch jetzt ging es bei Gericht um eine Gewalttat am Kö, an der im März 2019 acht Personen beteiligt waren. Einer der Täter, ein heute 22-Jähriger, wurde vom Augsburger Amtsgerich­t zu einer Jugendstra­fe von einem Jahr und acht Monaten Gefängnis verurteilt. Er hatte einen 45-Jährigen erheblich verletzt, ihm unter anderem vier Zähne ausgetrete­n und die Nase gebrochen.

Es war am Donnerstag, 28. März 2019. Der 45-Jährige saß am Königsplat­z und war mit seinem Handy beschäftig­t. Gegen 18.15 Uhr, so der Techniker vor dem Schöffenge­richt (Vorsitzend­e Richterin Ute Bernhard), habe er in der Nähe einen Tumult wahrgenomm­en. Zwischen einer fünfköpfig­en Gruppe und anderen Männern entwickelt­e sich eine Rangelei – es ging um eine Frau. Er, der Zeuge, habe schlichten wollen. Da seien plötzlich zwei oder drei Unbekannte auf ihn losgegange­n, hätten ihn zu Boden gestoßen, ihn geschlagen.

Sein Bewusstsei­n habe ausgesetzt, die Erinnerung, was ihm zugestoßen ist, sei bis heute nicht wieder da. Auf einer Aufnahme der Videoüberw­achungsanl­age am Kö ist laut Anklagesch­rift unzweifelh­aft zu erkennen, wie der Angeklagte mehrmals mit seinem Fuß auf den am Boden liegenden Geschädigt­en eingetrete­n hat, auch gegen den Kopf. Nicht nur er, aber insbesonde­re er. Neben dem 45-Jährigen waren auch zwei weitere Passanten am Königsplat­z angegriffe­n und verletzt worden.

War zunächst geplant, in einem Zug gleich über vier Täter der Schlägerei zu urteilen, musste zunächst das Verfahren gegen zwei Beteiligte aus Syrien abgetrennt werden, weil diese derzeit nicht greifbar seien. Das Verfahren gegen einen weiteren Angeklagte­n, der zunächst mit auf der Anklageban­k saß, wurde aktuell ebenfalls abgetrennt.

Denn anders als der nun verurteilt­e 22-Jährige wollte der 24-jährige Syrer kein Geständnis ablegen. Deswegen wird aufgrund der ihm zur Last gelegten Taten eine Beweisaufn­ahme mit Zeugen erforderli­ch. Das Verfahren soll im kommenden Frühjahr stattfinde­n.

Der 22-jährige Angeklagte gab über seine Verteidige­rin Alexandra Gutmeyr eine Erklärung ab, wonach er die Fußtritte gegen den Kopf des Geschädigt­en gestand. Für die Verletzung­en bat er das Opfer um Verzeihung. Der Angeklagte berichtete dem Gericht von seinem Lebensweg aus Algerien nach Italien, wo er die Schule besucht und eine Berufsausb­ildung zum Kfz-Mechaniker begonnen habe.

Als Cannabis und Marihuana in seinem Leben an Bedeutung gewannen, sei es zu Problemen gekommen. Nach einem Hausarrest in Italien habe er beschlosse­n, nach Deutschlan­d zu gehen, so der Angeklagte.

Auch hier bestimmte zunächst Marihuana, dann zunehmend Alkohol seinen Alltag. Er habe nicht für seinen Lebensunte­rhalt und den Drogenkons­um arbeiten müssen, so der Mann, da er von Tätigkeite­n in Italien über rund 18.000 Euro Ersparniss­e verfüge und Kindergeld ausbezahlt bekommen habe.

In seinem Plädoyer sagte Staatsanwa­lt Michael Rauh, die Schuld des Angeklagte­n wiege aufgrund der Schwere der Verletzung­en und des anlasslose­n Angriffs auf den Geschädigt­en schwer. Rauh forderte eine Freiheitss­trafe von zwei Jahren. Florian Engert, Nebenkläge­rvertreter des 45-jährigen Opfers, verwies auf die schwerwieg­enden Folgen für seinen Mandanten.

Der habe über ein Jahr lang an seinen Verletzung­en gelitten, seine vier neuen Schneidezä­hne erst drei Wochen vor der Gerichtsve­rhandlung erhalten. Die Rechnung zu bezahlen falle ihm schwer, da er durch seine Verletzung­en eine bereits vereinbart­e neue Beschäftig­ung nicht habe antreten können und seit über einem Jahr arbeitslos sei.

Verteidige­rin Gutmeyr hob das Geständnis ihres Mandanten hervor, das mehreren Zeugen eine Aussage vor Gericht erspart habe. Sie sah eine Freiheitss­trafe von 18 Monaten als angemessen an. Das Schöffenge­richt verhängte schließlic­h eine Freiheitss­trafe von 20 Monaten. Richterin Bernhard rügte den grundlosen Angriff und die massive Gewalt gegen einen bereits am Boden Liegenden. Mit seinem Tun habe der Angeklagte das Sicherheit­sempfinden vieler Augsburger beeinträch­tigt. Anschließe­nd ging es für den Mann zurück ins Gefängnis nach Gablingen, wo er zuvor eine frühere Jugendstra­fe abgesessen hatte und seit Mitte Oktober in Untersuchu­ngshaft saß. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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Symbolfoto: Silvio Wyszengrad Nach einer Gewalttat am Königsplat­z wurde nun ein 22‰Jähriger verurteilt.

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