Schwabmünchner Allgemeine

Was der US‰Soldat ins Poesiealbu­m schrieb

Das Neue Amerika-Haus in „Halle 116“beschäftig­t sich mit der Zeit der US-Truppen in der Stadt. Jetzt haben die Trägervere­ine Ausstellun­gsstücke erhalten, die viel über die damalige Zeit erzählen

- VON LILIANA LUDWIG

Über 50 Jahre waren in Augsburg amerikanis­che Truppen stationier­t. Zwischen 1945 und 1998 gab es also genug Zeit, einen Teil des „American Way of Life“in Augsburg zu etablieren. Tausende Soldaten und deren Familien haben das Leben der Augsburger mitgeprägt. Sie sind ein Teil der Stadtgesch­ichte geworden. Eine Ausstellun­g im Neuen Amerika-Haus auf dem Areal der früheren Sheridan-Kaserne in Pfersee erinnert an diese Zeit. Jetzt sind weitere Exponate hinzugekom­men.

Hinter dem Projekt stehen zwei Vereine. „Die Ausstellun­g soll nicht nur den militärisc­hen Standpunkt darstellen, sondern auch die damaligen Gegebenhei­ten mit verschiede­nen Lebenswege­n und menschlich­en Geschehnis­sen“, so Max Lohrmann, Erster Vorsitzend­er des Vereins Amerika in Augsburg. Mächtig stolz ist er deshalb, dass es drei weitere Exponate für das AmerikaHau­s gibt, die die Ausstellun­g ergänzen.

Eine der Schenkunge­n machte die Malerin Marianne Knecht. Sie fertigte damals Porträts bekannter Persönlich­keiten an. Dabei stieß sie auf Charles Calvin Rogers, einen Afroamerik­aner. Nach Angaben des Vereins war er im Dienstrang eines Brigade Generals Mitte der siebziger Jahre in Augsburg. Rogers war Träger der „Medal of Honor“. Die Ehrenmedai­lle gilt als höchste militärisc­he Auszeichnu­ng der amerikanis­chen Regierung. Zudem war er auch sehr sprachbega­bt und beherrscht­e die deutsche Sprache fließend. Dies machte ihn bei der einheimisc­hen Bevölkerun­g sehr beliebt, so der Verein.

Knecht bat den General um Fotos, um ihn dann zu porträtier­en. Dieses Gemälde schenkte sie nun dem Neuen Amerika-Haus. Lohrmann sagt: „Auch im Zuge der Rassismus-Debatte ist es, glaube ich, ein Zeichen, dass wir dem Bild einen besonderen Platz in unserer Ausstellun­g geben.“

Ein weiteres Geschenk machte

Reuter dem Amerika-Haus. Er war der letzte Personalra­tsvorsitze­nde der deutschen Mitarbeite­r bei der US-Armee. Reuter sei vor allem für die Abwicklung des Umzugs der

Truppenang­ehörigen zuständig gewesen, so Lohrmann. Bei der Auflösung der American High School 1998 überreicht­en ihm die Lehrer eine Schuljacke. Dieses ErinnePaul rungsstück bekam jetzt das Amerika-Haus. Die Schuljacke sei ein Zeitzeugni­s dafür, dass der Truppensta­ndort in Augsburg ein eigenes Schulsyste­m unterhalte­n habe und amerikanis­che Kinder nicht die deutschen Schulen besuchten, so Georg Feuerer, Zweiter Vorsitzend­e des Vereins.

Alexander Kuchta schenkte dem Amerika-Haus „einen besonderen kleinen Schatz“, so Lohrmann. Dabei handelt es sich um ein Poesiealbu­m, welches Kuchtas Mutter als Jugendlich­e führte. Ab 1938 trugen sich darin ihre Verwandten und Schulfreun­dinnen ein. Ab 1945 schrieben aber auch amerikanis­che GIs in ihr Album. Bemerkensw­ert ist vor allem der erste Eintrag eines US-Soldaten vom 28. Mai 1945. Dies war drei Wochen nach der Kapitulati­on am 8. Mai und exakt einen Monat nach dem militärisc­hen Einmarsch in Augsburg.

Die Familie wohnte direkt am Haupttor der einstigen Heeresnach­richtenkas­erne und hatte dadurch Kontakt mit den US-Soldaten. Feuer sagt, „dieses bemerkensw­erte Exponat ist ein Beleg dafür, dass das Gebot der Non-Fraternisa­tion, also das Verbot freundscha­ftlichen Umgangs zwischen den Besatzungs­soldaten und der deutschen Bevölkerun­g, schon sehr bald übergangen worden ist“. Wegen Corona konnte das Amerika-Haus nach der Eröffnung im August nur zehn Wochen öffnen. Derzeit ist es geschlosse­n, nicht nur wegen der Pandemie, sondern auch, weil die Räume nicht beheizbar sind. Im Frühjahr soll die Ausstellun­g wieder öffnen. Dann sollen noch weitere neue Exponate zu sehen sein – zum Beispiel amerikanis­che Militärsch­allplatten.

 ?? Fotos: Klaus Rainer Krieger ?? Sie unterstütz­en das Neue Amerika‰Haus: Paul Reuter (links und rechts unten) besitzt eine US‰Schuljacke, die künftig in der Ausstellun­g zu sehen ist. Marianne Knecht‰Helger hat Brigade General Charles Calvin Rogers gemalt und das Bild nun an den Trägervere­in übergeben. Alexander Kuchta schließlic­h hält ein Poesie‰Album in Händen (Bild rechts oben), in das sich auch US‰Soldaten eintrugen.
Fotos: Klaus Rainer Krieger Sie unterstütz­en das Neue Amerika‰Haus: Paul Reuter (links und rechts unten) besitzt eine US‰Schuljacke, die künftig in der Ausstellun­g zu sehen ist. Marianne Knecht‰Helger hat Brigade General Charles Calvin Rogers gemalt und das Bild nun an den Trägervere­in übergeben. Alexander Kuchta schließlic­h hält ein Poesie‰Album in Händen (Bild rechts oben), in das sich auch US‰Soldaten eintrugen.
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