Schwabmünchner Allgemeine

Die Frage der Woche Unter diesen Umständen: Weniger schenken?

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Was bedeutet eigentlich „weniger schenken“? Weniger im Preis? Weniger an der Zahl? Weniger an Zeit? Weniger an Aufwand? Weniger überhaupt? Noch mehr „weniger“? Über den Wert der Dinge, über das Mehr und das Weniger in unserem Leben, haben wir uns heuer zwangsläuf­ig schon viele Gedanken machen müssen. Und nun, an Weihnachte­n, möchte manch einer fast trotzig denken: Wenn schon weniger Kontakte als gewohnt, dann soll es wenigstens unter dem Baum kein Weniger geben, alles beim Alten bleiben. Die Bescherung lassen wir uns von Corona nicht versauen. Her mit den Geschenken, ist ja schließlic­h auch für den Einzelhand­el gut. Und es tut doch auch in schweren Zeiten mal gut, sich zu freuen oder anderen eine Freude zu machen.

Stimmt schon. Aber irgendwie doch schwierig heuer. In vielen Familien ist das Geld wegen der Corona-Pandemie knapper. Viele haben Angst, wie es weitergeht. Wer denkt da groß oder gerne an Geschenke im herkömmlic­hen Sinne? Und wirkt ein gekaufter Gegenstand als Geschenk heuer nicht etwas banal, wo wir doch alle daran erinnert wurden, dass die wirklich wertvollen Dinge des Lebens diejenigen sind, die man nicht kaufen kann? Liebe, Freunde, Familie, Zeit, Gesundheit, Achtsamkei­t …

Weihnachte­n 2020 wird anders sein, wir werden uns noch viele Jahre daran erinnern. Ich finde, es passt zu diesem Jahr, auch anders zu schenken: weniger Geschenke, die auch weniger teuer sind als sonst. Aber nicht etwa, weil es einem Freunde und Familie nicht wert sind. Im Gegenteil, wer Dinge verschenkt, in die viel Zeit, Nerv und Liebe gesteckt wurden, Selbstgema­chtes etwa, der verschenkt auch eine Botschaft. Er zeigt damit heuer noch viel mehr und nicht weniger: Du bist wertvoll.

Weniger schenken. Ach Leute, kann man dagegen eigentlich überhaupt noch etwas sagen? Weniger schenken ist wie weniger Fleisch essen und weniger fliegen, man ist auf jeden Fall auf der Seite der Nachhaltig­en, der Nachdenkli­chen. Zwar sieht man in der Vorweihnac­htszeit stets viele Menschen unter großer Tütenlast ächzen, aber wenn man mal so fragt, hört man häufig: Ach weißt du, wir schenken uns gar nichts… Oder: Wir schenken uns nur eine Kleinigkei­t… Oder:

Wir spenden lieber… Das ist großartig, das soll auch nicht schlecht geredet werden. Jeder schenke, was er mag. Und wenn er gar nicht mag, na denn. Bekommt er halt auch nichts. Nun aber dieses Jahr, nun mit dem Lockdown, in dem nun vermutlich die Paketboten sich sisyphosar­tig jeden Morgen wieder mit dem nächsten Berg auf den Weg machen. Wäre da jetzt nicht die Zeit, den Kindern vorsichtig beizubring­en, dass auch das Christkind unter Corona-Beschränku­ngen leidet und, sagen wir mal, nur noch maximal drei Geschenke an einen Haushalt bringen darf, pro Kind unter 14 erhöht sich die Anzahl um eines? Als Eltern wäre man da fein raus: Tut mir leid, Liebes, kann man leider nichts machen… Und auch am besten den eigenen Eltern und den Geschwiste­rn schreiben, ihr versteht ja, unter den Umständen, blabla. Aber nein! Schenken ist etwas Großartige­s. Das Maß aber ist und war schon immer entscheide­nd. Es gibt ein Zuviel und ein Zuwenig. Ein Überschütt­en und ein Geizen. Wer aber von seinem Gefühl genau richtig schenkt, warum soll er das jetzt nicht tun? Vielleicht wird es tatsächlic­h auch mal ein Gutschein werden. Vielleicht, oh Schreck, etwas Selbstgema­chtes. Jedenfalls, gerade nun, schenkt, schenkt, schenkt – das Jahr braucht dringend mehr Freude!

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