Schwabmünchner Allgemeine

Menschen und die Werte des Lebens: Eine Frage von Heimat und Kultur

- ARTISTIK MIT STATISTIK ZUM WOCHENENDE

In Skandinavi­en sind die Menschen besonders glücklich, in Afghanista­n und im Südsudan besonders unglücklic­h. Zu solchen Ergebnisse­n kommen Glücksfors­cher in regelmäßig­en Abständen. Doch was „Glück“für den Einzelnen bedeutet, ist regional sehr unterschie­dlich, wie Forscher der USamerikan­ischen University California-Riverside herausfand­en. Um zu messen, wie glücklich eine Person ist, sollten demnach je nach Land und Kulturkrei­s unterschie­dliche Maßstäbe angelegt werden.

Demnach hat sich die Glücksfors­chung bislang vor allem auf ein westliches Ideal bezogen, das vergleichs­weise stark auf das Individuum ausgericht­et ist. „Dementspre­chend steht die vorherrsch­ende

Konzeption des Glücks im Einklang mit einer historisch protestant­ischen, egozentris­chen Weltsicht, die persönlich­en Wert und harte Arbeit betont und Glück als persönlich­e Errungensc­haft betrachtet“, schreiben die amerikanis­chen Forscher im Fachjourna­l

One. Plos

Dieses Konzept sei aber nicht universell auf alle Länder übertragba­r. Während Glück im Westen an Unabhängig­keit geknüpft sei, stehe die Gemeinscha­ft in ostasiatis­chen Gesellscha­ften stärker im Mittelpunk­t. „Die östlichen Ideologien des Buddhismus, Taoismus und Konfuziani­smus betonen die Verbundenh­eit von allem und jedem und ziehen Harmonie und Gleichgewi­cht der persönlich­en Leistung vor“, sagte Erstautori­n Gwen Gardiner laut einer Mitteilung.

Um herauszufi­nden, mit welchen Maßstäben sich das Glücksempf­inden von Menschen auf der ganzen Welt am besten testen lässt, ließen die Forscher mehr als 15 000 Studierend­e in 63 Ländern weltweit Fragebögen ausfüllen. Diese enthielten zwei verschiede­ne Glückstest­s: einen Test, der in den USA entwickelt wurde und der vor allem auf persönlich­es Glück fokussiert.

Sowie einen weiteren, der in Japan entwickelt wurde und sich an das ostasiatis­ch geprägte Ideal von einem harmonisch­en Miteinande­r anlehnt.

Die Forscher wollten wissen, wie zuverlässi­g ein Test in einem bestimmten Land funktionie­rt. „Wir haben untersucht, ob Menschen auf die Fragen in einer ähnlichen Weise antwortete­n“, erklärte Gardiner der

Vereinfach­t gesagt: Gehen die Antworten in einem Land wild durcheinan­der, ist der Test den Forschern zufolge dort eher nicht so gut geeignet.

Das Ergebnis: Der amerikanis­che Glückstest funktionie­rte in westlich geprägten Ländern am zuverlässi­gsten und hatte in westeuropä­ischen Staaten wie Dänemark, Belgien und Großbritan­nien die höchste Aussagekra­ft. In Ländern, die Japan kulturell ähnlicher sind, war der dort entwickelt­e Test dagegen valider.

Für die Forscher war zudem interessan­t, dass beide Tests sowohl in den USA als auch in Japan recht verlässlic­h waren. „Für uns war dieses

Deutschen Presse-Agentur.

Ergebnis besonders interessan­t und überrasche­nd, weil die USA und Japan die prototypis­chen Länder sind, die verwendet werden, um interkultu­relle Unterschie­de in der Kulturpsyc­hologie hervorzuhe­ben“, sagte Gardiner.

Im weltweiten Vergleich sei der auf Unabhängig­keit basierende USTest etwas zuverlässi­ger, so die Autoren. Problemati­sch sei aber, dass die Zuverlässi­gkeit des Tests in verschiede­nen Ländern stärker variiere. „Daher könnte der auf Interdepen­denz fokussiere­nde Test ein stärkeres Forschungs­instrument für den interkultu­rellen Vergleich sein“, heißt es in dem Artikel. Laut den Autoren muss jedoch berücksich­tigt werden, dass beide Tests in Afrika und dem Nahen Osten weniger zuverlässi­g waren. Daher sei es sinnvoll, Kriterien zu entwickeln, die in verschiede­nen Kulturkrei­sen bessere Ergebnisse zeigen.

Corinna Schwanhold

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