Schwabmünchner Allgemeine

Es geht auch kleiner

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger‰allgemeine.de

Viele Regierungs­sitze auf der Welt sind protzig. Selbst arme Länder pumpen Geld in ihre Parlaments­bauten. Wer den Palast des saudischen Königs betritt, wähnt sich in einem Märchen. Deutschlan­d ist von Prunk weit entfernt, mag es in seinem Berliner Regierungs­viertel aber gerne pompös.

Das Kanzleramt ist ein gutes Beispiel. Es gibt im Innern viel umbaute freie Fläche mit gigantisch­en Treppen und Foyers. Hätten die Architekte­n damals weniger monströs geplant, bräuchte es heute wohl keinen millionent­euren Erweiterun­gsbau. Natürlich soll sich die Regierung angemessen präsentier­en. Es ist auch kein Wunder, dass der Erweiterun­gsbau der „Waschmasch­ine“zu einer Zeit kommt, in der Deutschlan­ds Rolle in der Welt wächst. Man sollte es aber bei beiden Auftritten – dem in der Welt und dem architekto­nischen – nicht übertreibe­n. Vor dem Hintergrun­d der deutschen Geschichte ist Bescheiden­heit gefragt.

Es werden zudem ständig Abgeordnet­enbüros gebaut und auch hier fehlt die Verhältnis­mäßigkeit. Es gibt etwa im Jakob-KaiserHaus ein Foyer, das jedem Dom zur Ehre gereichen würde. Besprechun­gsräume stehen leer. Wenn der Bundestag da mit erhöhtem Platzbedar­f argumentie­rt, fehlt jedes Verständni­s. Das Problem könnte außerdem billiger gelöst werden. Würde sich das Parlament zu einer echten Wahlrechts­reform durchringe­n, gäbe es weniger Abgeordnet­e, weniger Mitarbeite­r – und damit weniger Platzbedar­f.

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