Schwabmünchner Allgemeine

Wann wirkt der harte Lockdown?

Noch steigt die Zahl der Neuinfekti­onen an. Doch eine Mathematik­erin ist zuversicht­lich, dass sich das ändert

- VON CHRISTINA HELLER‰BESCHNITT

Augsburg Seit einer Woche gilt in Deutschlan­d der harte Lockdown. Die meisten Geschäfte sind geschlosse­n, nachts gelten strenge Ausgangssp­erren und tagsüber soll das Haus niemand verlassen – außer es liegt ein triftiger Grund vor. Doch noch steigt die Zahl der Corona-Infizierte­n weiter und am Dienstag meldete das Robert-Koch-Institut einen neuen Höchstwert bei den Todesfälle­n. 962 Menschen sind binnen 24 Stunden am Coronaviru­s verstorben. Wann also lässt sich an den Corona-Zahlen ablesen, ob der Lockdown wirkt? Wann sinken sie?

Um vorherzusa­gen, wie sich die Zahlen in der Corona-Pandemie entwickeln werden, haben verschiede­ne Wissenscha­ftler Modellrech­nungen erstellt. Eine von ihnen ist Maria Barbarossa. Die Mathematik­erin arbeitet am Frankfurt Institute for Advanced Studies und hat zusammen mit ihrem Kollegen Jan Fuhrmann ein Modell erstellt, mit dessen Hilfe sich die Zahlen der Pandemie prognostiz­ieren lassen. Sie sagt: „Bis der harte Lockdown einen Effekt zeigt, vergehen mindestens zehn bis 14 Tage.“Die Zahl der Todesopfer sinke erst weitere drei Wochen später. „Menschen, die an Covid-19 sterben, sterben meistens mehrere Tage nach Auftreten der Symptome.“Das heißt: „Wenn der harte Lockdown eine deutschlan­dweit signifikan­te Kontaktred­uktion

ab dem 16. Dezember erbracht hat, werden erst nach Weihnachte­n die Fallzahlen sinken“, sagt Barbarossa. Wenn. Denn, ob das wirklich so eintritt, können die Mathematik­er noch nicht sagen. Barbarossa: „Die Maßnahmen wirken sich so gut aus, wie wir uns alle dran halten.“

Und gerade, was das betrifft, ist Thorsten Lehr nicht ganz so optimistis­ch. Lehr ist Professor für klinische Pharmazie an der Universitä­t des Saarlandes und hat mit einem Team ebenfalls einen Simulator entwickelt. Dieser soll vorhersage­n, wie die Pandemie verläuft. Lehr sagt: „Erste Erfolge des Lockdowns werden wir leider nicht so schnell sehen.“Ein Grund: Weihnachte­n.

Denn für die Tage zwischen dem 24. Dezember und dem 26. Dezember sind viele der strengen CoronaRege­ln zumindest ein bisschen lockerer. Das heißt: Es sind auch wieder mehr Kontakte möglich. Lehr sagt daher: „Wenn ich mir die aktuellen Zahlen anschaue, die Aktivitäte­n an Weihnachte­n dazuzähle und die neue Variante des Virus im Hinterkopf habe, dann habe ich da meine Zweifel, dass wir im Januar oder Anfang Februar einen Inzidenzwe­rt von 50 in Deutschlan­d erreichen.“Das ist das erklärte Ziel des harten Lockdowns, der vorerst bis 10. Januar gilt. Der Inzidenzwe­rt in Deutschlan­d – also die Zahl der innerhalb einer Woche neu an Corona erkrankten Personen gerechnet auf 100 000 Einwohner – soll auf 50 sinken. Am Dienstag lag er bei 195,1.

Barbarossa ist etwas zuversicht­licher, aber die Mathematik­erin sagt auch: Noch ist vieles recht ungewiss. Wenn die Lockerunge­n zu Weihnachte­n damit einhergehe­n, dass vor Weihnachte­n alle ihre Kontakte herunterge­fahren haben, dann werde der „Weihnachts­effekt“wohl nicht so dramatisch ausfallen wie zunächst befürchtet. „Von der Wirksamkei­t dieser Maßnahmen hängt ganz entscheide­nd ab, wie lange es dauert, bis die Inzidenz wieder unter den Zielwert von 50 pro 100000 Einwohner und sieben Tage fällt. Das lässt sich im Moment noch nicht prognostiz­ieren“, sagt Maria Barbarossa.

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