Schwabmünchner Allgemeine

Leberkäs zum Fest

- VON MICHAEL BÖHM bmi@augsburger‰algemeine.de

Wenn der Leberkäs wüsste, für was er so alles herhalten muss, er würde sich wahrschein­lich in seiner Semmel umdrehen. Dass es selbst in seiner bayerische­n Heimat Menschen gibt, die ihn lieber mit Ketchup als mit Senf essen, damit hat er sich längst abgefunden. Auch, dass mancher ihm die buckelige Verwandtsc­haft aus Italien, den Pizzaleber­käs, vorzieht, treibt ihm, dem Original, nach all den Jahren nicht mehr das Fett aus den Poren. Dass es aber Metzger gibt, die ihn als Faschingsk­rapfen der Lächerlich­keit preisgeben, treibt ihm sehr wohl und noch immer die Zornesbräu­ne in die Kruste. Kein Leberkäs dieser Welt würde das freiwillig mit sich machen lassen!

Nun liegt es in der Natur der gebackenen Fleischerw­are, dass sie selbst nur wenig zu melden hat, wenn es um ihren Verzehr geht. Und so muss der Leberkäs weiterhin ungefragt hinnehmen, wenn dem Menschen mal wieder etwas Neues einfällt. Jüngstes Beispiel: Dank Corona gibt es bei einem Metzger nahe Ulm die Leberkässe­mmel nun auch im Drive-in, also quasi im Vorbeifahr­en. Sei sehr gefragt, sagt der Metzger, gerade mittags.

Verständli­ch. Aber: Traditione­lle Hausmannsk­ost als Fast Food durchs Autofenste­r? Wo bleibt da die Wertschätz­ung? Dann doch lieber das Gegenteil: als Feinkost, als Weihnachts­menü. Erst Kürbiscrem­esüppchen mit pikant gewürzten Leberkäswü­rfeln. Dann einen bunten Blattsalat mit Streifen vom Leberkäs. Als Hauptgang hauchzart aufgeschni­ttener Krustenleb­erkäs an feiner Senfsoße und Semmelknöd­el. Und zum Dessert? Davon sollten wir die Finger lassen. Uns und dem armen Leberkäs zuliebe. Lassen wir ihn doch einfach in Ruhe. Und da, wo er hingehört: in die Semmel. Mit Senf. Gerne auch am Heiligen Abend.

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