Schwabmünchner Allgemeine

Ich fühlte mich vom Freistaat nie im Stich gelassen

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Frau Weber, lassen Sie uns über das beherrsche­nde Thema sprechen, über Corona. In Augsburg gelten seit Wochen strenge Auflagen, der Inzidenzwe­rt ist trotzdem hoch. Woran liegt das, haben wir an irgendeine­m Punkt zu spät auf die Entwicklun­g reagiert? Eva Weber: Zur Einordnung muss man sich die Gesamtsitu­ation anschauen. Wir in Augsburg waren an der Spitze der ansteigend­en Werte. Wenn ich mir nun andere Städte anschaue – München, Nürnberg, Schwabach, Hof, Coburg – dann sieht man, dass wir alle mit der gleichen Entwicklun­g zu kämpfen haben, manche früher, manche später. Wir in Augsburg haben die Situation insoweit im Griff, als wir ein Plateau auf hohem Niveau halten können.

Dennoch beschäftig­t die Bürger hier speziell die Augsburger Situation ...

Eva Weber: Viele fragen immer, ob wir im Nachhinein betrachtet etwas falsch gemacht haben. Ich glaube, es wäre seltsam, wenn man in der Rückschau nicht auch mal sagen müsste, dass es auch Punkte gab, bei denen es gehakt hat und die man hätte anders machen können. Wir haben eine Grafik erstellt, auf der man ganz gut ablesen kann, wann wo was genau passiert ist. Da erkennt man gut: Ab dem Wochenende der Friedenspr­eisverleih­ung, dem 10. Oktober, können wir ein exponentie­lles Wachstum verzeichne­n. Da bin ich am Freitagabe­nd aus dem Büro gegangen und wir hatten eine Inzidenz von 29. Am nächsten Tag in der Früh waren wir bei 35, Samstagabe­nd kam die Meldung, dass wir über die 50 sind.

Was hat die Stadt dann gemacht?

Weber: Wir haben sehr schnell reagiert, auch mit zusätzlich­en Maßnahmen. Was wir damals gemacht haben – zusätzlich zum Personalau­fbau im Gesundheit­samt – waren ja nicht nur die Maßnahmen der Infektions­schutzvero­rdnung bei einer Inzidenz über 50. Wir haben diese nochmals verschärft und den Lockdown light vorgezogen. Das war für uns ein Risiko, weil noch nicht klar war, ob die Restaurant­s und Dienstleis­tungsbetri­ebe, die wir schon Freitag zugemacht haben, auch für das Wochenende bereits eine Erstattung des Freistaats für ihre Ausfälle bekommen. Mit dem damaligen Erkenntnis­stand waren wir nicht zu spät dran. Im Nachhinein lassen sich Sachen aber immer kritischer betrachten.

Wäre es nicht besser gewesen, statt eines vorgezogen­en soften Lockdowns einen kompletten zu beschließe­n?

Weber: Wir müssen auch die Bürgerinne­n und Bürger mitnehmen und immer auch die Verhältnis­mäßigkeit wahren. Verfassung­srechtler haben immer betont, dass man im Frühjahr viel freier beschließe­n konnte, weil keiner wusste, wie sich eine Pandemie auswirkt. Je mehr man über diese Pandemie gelernt hat, desto mehr ist der Grundrecht­sschutz und damit die Frage der Verhältnis­mäßigkeit der Maßnahmen in den Mittelpunk­t gerückt. Deshalb musste man auch zunächst versuchen, mit milderen Maßnahmen das gleiche Ziel zu erreichen. Das ist aus meiner Sicht der Grund, warum Anfang November der Lockdown light kam.

Augsburg war damals beim Inzidenzwe­rt Spitzenrei­ter. Fühlen Sie sich vom Freistaat im Stich gelassen, weil er keine schärferen Maßnahmen zuließ, wie es sie in Berchtesga­den schon bei einem niedrigere­n Wert gab? Weber: Ich habe mich vom Freistaat zu keinem Zeitpunkt im Stich gelassen gefühlt. Und das sage ich jetzt nicht nur deswegen, weil der Ministerpr­äsident, die Gesundheit­sministeri­n und der Gesundheit­sstaatssek­retär meiner Partei angehören, sondern weil’s einfach so ist. Wir sind in einem sehr engen Austausch gewesen und sind es immer noch. Es war gerade in der Zeit Oktober, November, wo wir in Augsburg mit den Zahlen so hochgescho­ssen sind, ein täglicher Austausch. Es hat auch eine Schalte gegeben, in der wir geßen meinsam mit den Landräten Martin Sailer und Klaus Metzger und dem Regierungs­präsidente­n überlegt haben, ob man in Augsburg einen vorgezogen­en, kompletten Lockdown macht wie in Berchtesga­den, weil wir so hoch lagen.

Warum hat man es nicht getan?

Weber: Weil wir so enge Verflechtu­ngen in die beiden umliegende­n Landkreise haben. Die hätte man dann auch runterfahr­en müssen, trotz damals viel niedriger Inzidenzwe­rte, denn es macht keinen Sinn, im Stadtgebie­t einen Lockdown zu verhängen, und außenrum geht das normale Leben weiter. Das hätte bedeutet, dass Bürgerinne­n und Bürger, die vielleicht auch asymptomat­isch waren und gar nichts von ihrer Infektion gewusst haben, ins Umland zum Einkaufen und zur sonstigen Freizeitge­staltung ausgewiche­n wären. Wir hätten die Infektions­herde damit verlagert. Wir haben das mit dem Gesundheit­sstaatssek­retär Klaus Holetschek, den Landräten und der Regierung von Schwaben diskutiert.

Sie sind also nicht sauer. Anders herum hört man, Ministerpr­äsident Söder war verärgert, weil Augsburg erst so spät die Hilfe der Bundeswehr angeforder­t hat.

Weber: Die Aussage stimmt nicht. Ich habe nach der Berichters­tattung Ihrer Zeitung Markus Söder angerufen und gefragt. Er sagte, die großen Städte seien seines Erachtens nach insgesamt zu spät dran gewesen. Söder hat das nicht allein auf Augsburg bezogen. Wir haben am 27. Oktober die Anforderun­g an die Bundeswehr gemacht, davor hatten wir schon die Polizei mit ins Boot geholt. Wenn uns jemand am 15. Oktober gesagt hätte, dass wir am 6. November bei einer Inzidenz von 370 landen, dann hätte man schon am 15. Oktober die Bundeswehr geholt. Die Dynamik des exponentie­llen Wachstums war so einfach nicht absehbar.

Gesundheit­sreferent Reiner Erben lehnte die Hilfe der Bundeswehr mit der Begründung ab, man müsse für diese Leute ja erst einmal Arbeitsplä­tze und Unterkünft­e bereit stellen. Ein nicht gerade starkes Argument. Auch sonst hat Herr Erben als Krisenmana­ger oft unglücklic­h reagiert. War es wirklich richtig, das Gesundheit­swesen nach der Wahl seinem Referat zuzuordnen?

Weber: Städtische Ämter sind für sich organisier­t und arbeiten selbststän­dig. Dass die Gesundheit­sämter in ganz Deutschlan­d überforder­t sind mit der Pandemie, darüber wird immer wieder berichtet. In Augsburg gibt es ein städtische­s Gesundheit­samt, das gibt es fast nirgends in Bayern. Alles, was hier passiert, kann man deshalb immer in Verbindung bringen mit Lokalpolit­ikern. Woanders gibt es diese Verflechtu­ngen gar nicht. Ich weiß aber von Landrats- und Oberbürger­meisterkol­legen, dass die Situation in anderen Städten zum Teil viel gravierend­er ist als in Augsburg.

Was läuft schief, anderswo und hier?

Weber: In Augsburg haben wir mit Veränderun­gsprozesse­n zu tun. Innerhalb von wenigen Tagen wurde das Personal verdoppelt, das muss eine Organisati­on auch erst mal schaffen. Das ist ähnlich wie in Unternehme­n, die gerade Schrumpfun­gsprozesse durch Kurzarbeit oder Homeoffice erleben. Damit muss man erst einmal umgehen lernen.

Noch mal: Herr Erben hat Ihrer Ansicht nach als Krisenmana­ger also alles richtig gemacht?

Weber: Natürlich gibt es Prozesse, die nicht gut gelaufen sind. Die Umstellung der Software wurde nicht ausreichen­d kommunizie­rt und die damit auftretend­en Fragen bezüglich der Richtigkei­t der Zahlen waren nicht vertrauens­bildend. Das war unnötig. Eine Ausnahmesi­tuation wie eine Pandemie ist jedoch eine Mannschaft­sleistung. Das kann man nicht auf eine Person fokussiere­n und die ist dann schuld oder nicht. Ich weiß nicht, ob man sich von auauch nur halbwegs ein Bild davon machen kann, was hier in den letzten Wochen von den Mitarbeite­nden geleistet worden ist. Ich bin dankbar, dass wir Verwaltung­smitarbeit­erinnen und -mitarbeite­r haben, die von jetzt auf gleich ihren Stift haben fallen lassen bei ihrer eigentlich­en Arbeit und in Führungsau­fgaben gegangen sind, um ein Gesundheit­samt mit guten Strukturen für diese herausford­ernde Zeit aufzubauen. Das ist nichts, was spurlos an einer Organisati­on vorbeigeht.

Das Krisenmana­gement der Stadt wird auch in sozialen Netzwerken diskutiert, zum Teil scharf oder auch unsachlich. Hat sich der Umgangston in der Gesellscha­ft verändert?

Weber: Ich finde schon, dass er sich verändert hat. Vor allem bei Facebook wird inzwischen ein grenzwerti­ger Ton angeschlag­en. Wir stellen fest, dass – egal bei welchem Thema – es eine Handvoll Leute gibt, die knallhart unterwegs und mit allem nicht zufrieden sind. Da muss man sich leider oft sagen: links rein, rechts raus. Was strafrecht­lich relevant ist, ahnden wir. Aber das ist offenbar der Ton in sozialen Medien.

Können Sie alle Anfechtung­en einfach so wegstecken?

Weber:

Es gibt ein Sprichwort, das heißt: Wenn einem heiß ist, sollte man den. Wenn man po ist, darf man nicht und wegen jeder K brechen. Kritik is was grundsätzl­ich normal, dass Fehle raus muss man ler normal, dass nicht den ist mit dem, Aber wenn Grenz werden, ist bei mir

Wie schützen und e

Weber: Ich lese bel nicht mehr. Das überhaupt nicht, Kandidaten, die loslassen. Wie ich Das geht tatsächl nicht, seit Monat voraus angesagt. D denen ich abscha man an einer Han Krisenzeit, ich bin Dauermodus.

So hatten Sie sich bürgermeis­terin wa vorgestell­t?

Weber: Was heißt, Ich bin ja nicht bla was so ein Amt mit war ich auch zu n dran, als dass ich

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Pressekonf­erenzen zur Corona‰Lage sind seit Monaten an der Ta

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