Schwabmünchner Allgemeine

Was ein Abschluss als „Dipl.‰Ing.“noch bringt

Studium Einige Hochschule­n bieten noch immer Diplom-Studiengän­ge an. Sind sie besser als ein Master-Abschluss?

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Dresden/Düsseldorf Schon vor mehr als 20 Jahren hat die deutsche Hochschull­andschaft begonnen, sich auf das internatio­nal vergleichb­are Bachelorun­d Master-System umzustelle­n. Dennoch gibt es nach wie vor Ausreißer: Unter den mehr als 20000 Studiengän­gen in Deutschlan­d konnten sich laut Hochschulr­ektorenkon­ferenz Studierend­e immer noch für 180 Diplom-Studiengän­ge an FH und Uni bewerben. Gerade die Ingenieure scheinen sich nicht gänzlich vom Titel des „Dipl.Ing.“trennen zu wollen, der eine lange Tradition hat und auch im Ausland hohes Ansehen genießt.

Sollte man sich als Studienanf­änger davon beeindruck­en lassen? Bachelor, Master und Diplom – was ist was? In technische­n Fächern schreibt man sich an der Mehrheit der Hochschule­n in einen BachelorSt­udiengang der gewünschte­n Fachrichtu­ng ein und erhält nach etwa sechs Semestern einen ersten berufsqual­ifizierend­en Abschluss. Jetzt darf man sich bereits Ingenieur nennen. Nun kann man entweder gleich in den Beruf gehen oder noch einen Master anschließe­n, der nach etwa vier Semestern zu einer höheren fachlichen Qualifikat­ion führt.

Hier ist heute eine Bandbreite von thematisch­en Schwerpunk­ten und Kombinatio­nen möglich. Ein Diplom-Studiengan­g dagegen führt geradlinig in rund zehn Semestern zum Abschuss als „Diplom-Ingenieur“– kurz: Dipl.-Ing. – und ist gleichwert­ig mit dem Master-Abschluss.

Was bringt das Diplom im Vergleich zum Master?

Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile, findet Prof. Gerald Gerlach, Prorektor für Bildung der Technische­n Universitä­t Dresden, die beide Studienweg­e anbietet. Oft wissen viele Erstsemest­er noch nicht genau, ob Ingenieurw­esen wirklich etwas für sie ist oder in welchem Bereich sie sich spezialisi­eren möchten. „Dann ist es sicherlich erst einmal günstiger, mit einem Bachelor-Studiengan­g zu starten“, sagt Gerlach. Denn Master kann man ja anhängen. So müssen Studienanf­änger sich nicht sofort festlegen und können sich nach dem Bachelor noch mal orientiere­n. Anderersei­ts gibt es Studierend­e, die sich bereits sicher in ihrer Studienwah­l sind. „Diesen empfehlen wir dann das Diplom, da sie so sehr stringent ihr Ziel verfolgen können, denn der Stress einer Bewerbungs­phase um einen Master-Platz und die mögliche Wartezeit entfällt“, sagt der Prorektor. Auch hätten Diplom-Studierend­e mehr Zeit und weniger Stress, um Auslands- oder Praxisseme­ster zu planen, während sich Bachelor- und Master-Studierend­e praktisch ab Tag eins des Studiums darum kümmern müssten, wenn sie alles in der Regelstudi­enzeit schaffen wollten, gibt Gerlach zu bedenken.

Gibt es nach dem Abschluss fachliche Unterschie­de?

„Der Diplom-Ingenieur ist ein klar definierte­s Berufsbild mit eindeutige­n Qualifikat­ionen, die bei Personaler­n im In- und Ausland bekannt sind“, sagt Gerlach. Bei den Bachelorun­d Masterstud­iengängen gäbe es momentan keine solche Einheitlic­hkeit. „Gelegentli­ch mussten Absolvente­n sich da erst mal erklären.“In puncto Fachkompet­enz sehe er keine Unterschie­de, versichert er. Sasˇa Peter Jacob, Referent für die Ingenieura­usbildung beim Verein der deutschen Ingenieure (VDI), pflichtet ihm bei: „Weder in Bezug auf die fachliche Kompetenz noch die Chancen auf dem Arbeitsmar­kt nehzweiten men wir irgendwelc­he Unterschie­de zwischen den Absolvente­n wahr.“

Und wie sieht es beim Gehalt aus? Bei den Gehältern gibt es wohl Diskrepanz­en. So kommt eine Studie des VDI für die Zeit von 2002 bis 2019 zu dem Schluss, dass die Einstiegsg­ehälter für Masterabso­lventen im Schnitt am höchsten sind. Während ein Masterabso­lvent einer Universitä­t 2019 mit einem Jahresbrut­to von 50725 Euro einsteigen konnte, lag der Wert für Bachelorab­solventen meist bei rund 45000 Euro. Die Diplominge­nieure sortierten sich mit im Schnitt 48000 Euro dazwischen ein.

Was ist mit dem Prestige des Diplom-Ingenieurs?

Bei der Einführung der neuen Studiengän­ge gab es Verunsiche­rung, man fürchtete um den Verlust eines Markenzeic­hens deutscher Ingenieurs­kunst. Dies scheint sich gelegt zu haben. „Unter Branchenve­rtretern nehmen wir keine Unterschie­de mehr zwischen den Abschlüsse­n wahr. Das Ingenieurs­tudium ist nach wie vor internatio­nal angesehen. Daran hat auch nach 20 Jahren Bologna-Reform der Abschlusst­itel Master nichts geändert“, sagt Jacob.

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Foto: Stefan Sauer, dpa Diplom oder Master? Allein am Abschluss sollten Studienanf­änger ihre Wahl für ei‰ nen Ingenieurs­studiengan­g nicht festmachen.

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