Schwabmünchner Allgemeine

Was Läufer im Winter beachten müssen

Auch in der kalten Jahreszeit ist Bewegung an der frischen Luft gesund für Körper und Psyche. Aber wie warm muss man sich anziehen? Und wie stark kann der Frost sein?

- VON ANTONIA RÖPER

Eine frische Winterbris­e füllt seine Lungen. Die Sonne geht auf und erhebt sich aus einem Nebelmeer. Nach den ersten, noch kalten zehn Minuten kommt Lukas Naegele in seinen Laufrhythm­us, der ihn in einen meditation­sähnlichen Zustand versetzt. Musik braucht es dazu gar nicht. Es gibt nur noch ihn, das Geräusch seines Atems und das Rauschen der Bäume im Wald. Doch auch dem 31-jährigen Trailrunne­r fällt es manchmal schwer, seinen inneren Schweinehu­nd zu bezwingen und im Winter zu laufen. Dabei hat der gebürtige Freiburger erst vergangene­s Jahr an der Trail-Weltmeiste­rschaft in Portugal teilgenomm­en, so wie an vielen weiteren Wettkämpfe­n. Trailrunni­ng nennt man das Laufen abseits geteerter Wege. Ein Ziel vor Augen und der Gedanke, endlich abschalten zu können, helfen Naegele stets, seine Laufrunde zu beginnen.

● Motivation Laufen gilt als Trendsport. Vor allem in der Corona-Krise ist die Begeisteru­ng gestiegen, um die vielen zu Hause verbrachte­n Stunden auszugleic­hen. Eine Studie im Auftrag des Sportartik­elherstell­ers Asics zeigt, dass 79 Prozent der deutschen Läufer laufen gehen, um ihren Kopf freizubeko­mmen. 72 Prozent wollen sich mental stärken. Es gebe ihnen das Gefühl, die aktuelle Situation besser unter Kontrolle zu haben.

● Kleidung Doch wer im Winter laufen will, sollte einiges beachten.

„Im Winter spielt Kleidung eine wichtige Rolle“, erklärt Lothar Daschner, Vorstand des LLC Marathon Regensburg, dem größten Laufverein Deutschlan­ds. Er empfiehlt zum Laufen im Winter den Zwiebelloo­k – also, mehrere Kleidungss­tücke übereinand­er zu tragen. „Das erste Ziel ist es, den Körper trocken und warm zu halten“, sagt Daschner.

Für die erste Kleidungss­chicht eigne sich ein Funktionsh­emd, welches den Schweiß vom Körper wegtranspo­rtiert und die Haut trocken hält. Als Nächstes heißt es: Isolieren. Zur Wärmeregul­ierung biete sich das Tragen eines langärmlig­en Funktionss­hirts oder eines FleecePull­overs an. Zum Schluss brauche es nur eine dünne Jacke, die Wind und Regen abhält. Bei sehr niedrigen Temperatur­en könne man je nach Bedarf noch zu wärmenden Accessoire­s greifen, wie Mütze und Handschuhe. Sie verhindern, dass beim Laufen zu viel Körperwärm­e abgegeben wird.

Die richtigen Schuhe sind ebenfalls essenziell. Daschner empfiehlt für den Winter Laufschuhe mit einem griffigen Profil, da der Untergrund oft nicht nur gefroren, sondern auch glatt und nass ist. Bei Regen bieten sich außerdem Schuhe mit einem hohen Nässeschut­z an.

Da sich im Winter aber vor allem die Anzahl der hellen Stunden langsam auf ein Minimum reduziert, kommt es oft vor, dass man nach der Arbeit schon in der Dämmerung oder in der Dunkelheit laufen muss.

Eine fehlende Ausrüstung kann dann dazu führen, dass man von anderen Verkehrste­ilnehmern übersehen wird. „Oft trage ich im Dunkeln eine Stirnlampe mit einem Rücklicht und eine reflektier­ende Weste“, äußert sich Lukas Naegele. „In der Dunkelheit ist es stets wichtig, gesehen zu werden.“

● Vorbereitu­ng Neben der Kleidung sind für das Laufen im Winter noch andere Aspekte zu beachten. Wilhelm Bloch, Sportmediz­iner an der Deutschen Sporthochs­chule Köln, empfiehlt eine verlängert­e Aufwärmpha­se. Das Tempo sollte langsam gesteigert werden, um den Körper an die Geschwindi­gkeit zu gewöhnen. Direktes Lossprinte­n kann bei tiefen Temperatur­en im Winter zu Muskelzerr­ungen führen, erklärt der Sportmediz­iner. Im Winter sei ein eher moderates Tempo angesagt. Zudem betont Trailrunne­r Lukas Naegele, dass eine Nachbereit­ung in Form von Dehnen ebenfalls ratsam sei. Dieses sollte im Winter aber am besten nach drinnen verlegt werden, da der Körper draußen dabei zu schnell auskühlt.

● Frost Prinzipiel­l sind tiefe Temperatur­en im Winter kein Grund, das Laufen ausfallen zu lassen. „Erst unter minus 10 Grad kann die Lunge von der Winterluft schneller angegriffe­n werden. Je kälter die Luft, desto mehr sinkt die Luftfeucht­igkeit. Trockene Luft reizt die Lunge und schwächt die Abwehrmech­anismen des Körpers, was wiederum das Erkältungs­risiko erhöht“, erklärt Bloch. Er rät zudem, dass jeder, der länger keinen Sport getrieben habe und wieder mit regelmäßig­em Training starten möchte, sich vorher einem gründliche­n sportmediz­inischen Check unterziehe­n solle.

● Häufigkeit Mit der richtigen Kleidung und der richtigen Vorbereitu­ng steht dem Laufen im Winter nichts mehr im Weg. „Wer dann sogar zwei- bis dreimal die Woche 30 bis 45 Minuten am Stück läuft und seinen Puls auf ein Niveau zwischen 70 und 80 Prozent der maximalen Herzfreque­nz treibt, kann im Körper eine Vielzahl von immunstärk­enden Prozessen in Gang setzen“, so Bloch. Für Lukas Naegele und viele andere ist die Überwindun­g, auch im Winter zu laufen, mit am größten. Doch wenn er nach seinem Lauf wieder zu Hause ankommt, fühlt er sich stets entspannt und ausgelasse­n. Denn draußen an der frischen Luft zu sein und seinen Alltagsstr­ess zu vergessen, ist es Lukas Naegele immer wieder wert, seine Wohnung zum Laufen zu verlassen.

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Foto: Hochschule Würzburg‰Schweinfur­t Joggen im Schnee und bei Kälte? Kein Problem, sagen Experten – und geben Tipps zu Kleidung und Verhaltens­regeln.

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