Söder, Corona und die Pest
Was stimmt? Was stimmt nicht? Diese Fragen sind – sehr wahrscheinlich aufgrund des ausufernden Unsinns, der allenthalben verbreitet wird – zum Glück wieder in Mode gekommen. Doch mitunter stoßen sogar professionelle Faktenchecker wie die Historiker im Haus der Bayerischen Geschichte (HDBG) auf unerwartete Schwierigkeiten. Direktor Richard Loibl jedenfalls war überrascht, als er aus aktuellem Anlass die Standardwerke zur bayerischen Geschichte zur Hand nahm und feststellte, dass die Spanische Grippe, die 1918/19 in Europa wütete, darin gar nicht erwähnt wird. Also tat er, was Wissenschaftler in so einer Situation tun. Er trommelte Kollegen zusammen und ließ zur Geschichte der Seuchen in Bayern forschen. Die Ergebnisse sind in einer lesenswerten Ausgabe des HDBG-Magazins (Titel: „Krisen in Bayern“) zusammengefasst.
Ob Ministerpräsident Markus Söder die Aufsatzsammlung schon gelesen hat, ist nicht bekannt – wahrscheinlich aber nicht. Seine Aussage vom Wochenende, Corona sei „wie die Pestilenz“, jedenfalls ist mindestens in einer Hinsicht nicht haltbar. Der „Schwarze Tod“forderte Mitte des 14. Jahrhunderts in Europa geschätzt 25 Millionen Opfer, also etwa ein Drittel der damaligen Bevölkerung. Dass Corona eine derart tödliche Breitenwirkung entfalten könnte, ist zu unser aller Glück nicht zu erwarten. Nicht einmal mit der Gefährlichkeit der Cholera oder der Spanischen Grippe kann das Corona-Virus mithalten.
Was über Söder dereinst in den Geschichtsbüchern steht, weiß heute niemand. Vielleicht hat er ja Glück und künftige Historiker lassen seine Bemerkung unerwähnt.