Schwabmünchner Allgemeine

„Ich könnte heulen“

Wie alle anderen Ligen spielt auch die DEL vor leeren Rängen. Darunter leiden Klubs und hartgesott­ene Funktionär­e wie Panther-Boss Lothar Sigl gleicherma­ßen

- Interview: A. Kornes

Sechs Spieltage sind absolviert. Wie gefällt Ihnen die Deutsche Eishockeyl­iga in leeren Hallen?

Lothar Sigl: Ich kann mich nicht daran gewöhnen. Ich könnte heulen, wenn ich sehe, wie da unten DELEishock­ey gespielt wird und außen rum gar niemand ist. Das ist nicht das Produkt Eishockey, das wir über viele Jahre aufgebaut haben. Aber für den Klub und auch für die Liga war es alternativ­los. Es war wichtig, dass der Sport präsent bleibt. Alles andere werden wir irgendwie durchstehe­n und irgendwann hoffentlic­h wieder in einem vollen Curt-Frenzel-Stadion spielen.

Die DEL hat sich lange geziert mit dem Saisonstar­t und erst sehr spät dazu entschiede­n. Hat sich diese Strategie ausgezahlt?

Sigl: Es war die beste Entscheidu­ng, sich so lange Zeit zu lassen, um vernünftig Gelder zu akquiriere­n. Alles andere wäre wirtschaft­lich für viele Klubs reines Risiko gewesen. Wir in Augsburg wären vier Wochen vorher nicht dabei gewesen. Und das gilt wahrschein­lich auch für fünf oder sechs anders Klubs. Auch alles, was die Liga sonst gemacht hat vom neuen Modus über die Hygienekon­zepte, die man in Ruhe entwickeln konnte – das war alles nicht ganz so dumm.

2020 gab es für 13 der 14 DEL-Klubs eine Finanzspri­tze des Bundes. Wie sieht es damit für 2021 aus?

Sigl: Das ist noch sehr weit weg. Fakt ist, dass der erste Zuschuss für die ganze Liga lebenswich­tig war. Möglicherw­eise wäre die DEL ohne staatliche Hilfen nicht in den Spielbetri­eb gekommen, zumindest nicht komplett. Das Gleiche gilt für 2021. Eine Fortführun­g dieser Programme wäre für alle Profisport­arten außerhalb der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga extrem wichtig. Wir sind weiterhin ohne Zuschauer. Wir haben weiterhin gewaltige Einschränk­ungen, was die Einnahmen angeht. Da geht es um den Erhalt der Sportkultu­r, der Klubs, der Arbeitsplä­tze und allem was dranhängt. Am Schluss waren es über 200 Profiklubs in allen möglichen Sportarten, die von dem Konjunktur­programm profitiert haben. Dabei ist das Programm mit einem Volumen von 200 Millionen Euro nur zu einem Drittel ausgezahlt worden.

Sportlich hatten die Panther anfangs Mühe und begannen mit vier Niederlage­n, ehe der erste Sieg gelang. Wie bewerten Sie den Saisonstar­t?

Sigl: Nicht so negativ wie manche andere. Natürlich war es am Anfang ein bisschen durchwachs­en. Uns hat vor allem die Konstanz über 60 Minuten gefehlt. Und wir haben uns relativ schwergeta­n im Abschluss. Von daher war es schleppend, aber muss auch ein bisschen realistisc­h sein. Die Vorbereitu­ng war sehr kurz. Man sieht, dass sich die Klubs leichter tun, die den Magenta Sport Cup gespielt haben. Aber jetzt haben wir angefangen zu punkten und hoffentlic­h geht das Ganze jetzt in die richtige Richtung.

Eine Erkenntnis der ersten Spiele war ja offensicht­lich, dass es in der Offensive hapert. Zwei Stürmer wurden nachverpfl­ichtet ...

Sigl: Die Auswertung­en der ersten Wochen waren, dass unsere Offensive Unterstütz­ung braucht. Und wenn man einen Spieler wie Spencer Abbott kriegen kann, dann sollte man das auch tun. Als Klub haben wir eine Verantwort­ung unseren Spielern, Sponsoren und Fans gegenüber. Wir wollen wettbewerb­sfähig sein. Dafür gilt es, die Mannschaft bestmöglic­h aufzustell­en. Die Verpflicht­ung von Danny Kristo war dann eine Reaktion auf den langen Ausfall von Thomas Holzmann.

Einige Fans kritisiere­n, dass durch die Verpflicht­ungen die jungen deutschen Spieler weniger Einsatzzei­t bekommen. Sehen Sie das auch so?

Sigl: Wir haben mit 13 Stürmern angefangen. Darunter waren zwei

Kontingent­spieler, dazu kamen fünf U-Spieler plus ein Alex Lambacher, der nach seinen Verletzung­en auch fast neu ist in der Liga. Die brauchen aber ein bisschen Führung und Unterstütz­ung von den Älteren. Es wäre fahrlässig gewesen, Leute wie Abbott oder Kristo nicht zu holen. Von ihnen können sie jede Menge lernen. Im Übrigen tut man den jungen Spielern keinen Gefallen, wenn man sie verheizt. Wir müssen einen gesunden Mittelweg zwischen Förderung und Überforder­ung finden.

Der Etat ist auf Kante genäht. Woher kommt das Geld für die Neuverpfli­chtungen?

Sigl: In der grundsätzl­ichen Planung waren natürlich neun Ausländer budgetiert. Aber wir wissen alle, was über den Sommer passiert ist. Alles wurde über den Haufen geschmisse­n. Als wir uns dann durchgerun­gen hatten, am Spielbetri­eb teilzunehm­en, mussten wir ein neues Budget aufstellen. Dort haben wir uns auf die Spieler beschränkt, die schon unter Vertrag waren. Inzwischen sind aber wieder viele Wochen vergangen. Wir arbeiten jeden Tag an unseren Einnahmen und die große Unterstütz­ung aus Sponsorenk­reisen hat nach und nach für den fiman nanziellen Spielraum gesorgt. Wir machen keine Verrückthe­iten.

Die Spieler haben auf Gehalt verzichtet, um den Spielbetri­eb zu ermögliche­n. Wie kam es bei diesen an, dass nun zwei neue Spieler geholt werden? Sigl: Wir wollen unseren Spielern damit ja helfen. Man muss ihnen zeigen, dass das keine Gaudi-Saison ist, die wir einfach schnell hinter uns bringen wollen. Wir wollen Leistung sehen. Gegenüber der Mannschaft war das völlig problemlos, die sehen das ja genauso. Wir haben den Abbott nicht in einen Flieger steigen lassen, bevor die Verpflicht­ung an die Mannschaft kommunizie­rt war. Es wäre vielmehr ein Affront gegen die eigene Mannschaft gewesen, solche Möglichkei­ten verstreich­en zu lassen. Außerdem hat das, was momentan an Gehältern über den Tisch geht, nichts mit dem zu tun, was im letzten Jahr war. Die neuen Spieler passen hundertpro­zentig in das Finanzkonz­ept.

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Foto: Kolbert‰Press Stell dir vor, die Augsburger Panther spielen und keiner geht hin. In Zeiten von Corona sind leere Zuschauerr­änge nicht nur im Eishockey gang und gäbe. Finanziell hat das weitreiche­nde Konsequenz­en.
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Lothar Sigl, 63, ist Haupt‰ gesellscha­fter der Augs‰ burger Panther und sitzt im Aufsichtsr­at der Deut‰ schen Eishockeyl­iga (DEL).

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