Schwabmünchner Allgemeine

Die Notbetreuu­ng ist in Augsburg gefragt

Schulen und Kitas sind weiter geschlosse­n. Buben und Mädchen, die nicht bei ihren Eltern oder anderen Familienmi­tgliedern bleiben können, haben Anspruch auf Betreuung. Das ist bei 65 Prozent aller Kita-Kinder der Fall

- VON MIRIAM ZISSLER

35 Kinder sind am Montag in der Notbetreuu­ng der Kita St. Elisabeth in Lechhausen. Normalerwe­ise besuchen 250 Jungen und Mädchen Augsburgs größte Kindertage­sstätte. In den kommenden Tagen rechnet Kita-Leiterin Maria Marberger auch mit noch mehr Kindern, die das Betreuungs­angebot während des Lockdowns in Anspruch nehmen. „Die Eltern lassen ihre Kinder zu Hause, wenn es geht. Aber viele können einfach nicht mehr leisten“, weiß die Leiterin der katholisch­en Einrichtun­g. Etwa weil sie arbeiten oder weil sie neben dem Kita-Kind auch noch ein Grundschul­kind beim Homeschool­ing unterstütz­en und beaufsicht­igen müssten.

Seit Montag gelten auch in Augsburg die verschärft­en LockdownRe­geln: In allen Schulen und Jahrgangss­tufen findet bis Ende Januar Distanzunt­erricht statt. Eine Notbetreuu­ng wird für Kinder der Jahrgangss­tufen 1 bis 6 sowie für Schüler der Förderschu­len und Kinder mit Behinderun­gen angeboten. Kindertage­sstätten bleiben ebenfalls geschlosse­n – eine Notbetreuu­ng findet auch dort statt.

Eine genau Angabe, wie viele Augsburger Schulkinde­r die Notbetreuu­ng in Anspruch nehmen, konnte die Stadt am Montag noch nicht machen. „Das Staatsmini­sterium bittet die Schulen bis Dienstag um eine Rückmeldun­g und evaluiert, wie viele Kinder die Notbetreuu­ng annehmen“, erklärt Bildungsbü­rgermeiste­rin Martina Wild (Grüne). Gezielte Rückfragen des Bildungsre­ferats bei Augsburger Schulen hätten jedoch ergeben, dass der Andrang auf die Notbetreuu­ng „relativ hoch“sei.

Beim Förderzent­rum Martinschu­le befinden sich von 240 Kinder 40 in Notbetreuu­ng. An der Birkenau Grundschul­e in Lechhausen sind es 47 Kinder und an Grundund Mittelschu­le Augsburg-Firnhabera­u 50 Kinder. Die Schulen meldeten bislang zurück, dass die Eltern mit der Situation, die Notbetreuu­ng nur dann in Anspruch zu nehmen, wenn die Betreuung ihrer Kinder nicht anderweiti­g sichergest­ellt werden kann, sehr vernünftig und umsichtig umgingen.

Gerade Schüler, Eltern und Lehrer an Grundschul­den werden derzeit vor große Herausford­erungen gestellt. Für Lehrer sei durch Corona neben Bildung und Erziehung auch noch das Aufgabenfe­ld der Betreuung dazugekomm­en, schildert Martina Keller, Ortsvorsit­zende Augsburg-Stadt der Katholisch­en Erzieherge­meinschaft (KEG), einem Berufsverb­and für Lehrkräfte und Pädagogen. Die Lehrer hätten ihre Schüler im Blick, deren Betreuung gut organisier­t sein und in einer ansprechen­den Lernatmosp­häre stattfinde­n sollte. „Daneben sollten sie die Möglichkei­t haben, dem Distanzunt­erricht komplett folgen zu können. Allerdings sind viele Augsburger Grundschul­en so schlecht ausgestatt­et, dass sich oft nicht alle ins WLAN einwählen können.“

Keller betont, dass sich mehr externe Kräfte um die Notbetreuu­ng kümmern sollten. An großen Grundschul­en könne die Notbetreuu­ng durch Fachlehrer, mobile Reserven und externe Kräfte gestemmt werden. An kleineren Einrichtun­gen müssten die Klassenleh­rer die Notbetreuu­ng zum Teil mit übernehmen. „Dabei sind sie voll und ganz mit ihrer Klasse gefordert. Die Kinder haben auch den Anspruch darauf“, sagt Keller.

Der Betreuungs­bedarf bei Kindertage­sstätten ist noch höher. „Bei den Kitas der freien und städtische­n Träger gibt es eine Auslastung von 65 Prozent. Das bedeutet, dass rund zwei Drittel der Kinder in der Notbetreuu­ng in den Kitas sind. Die Situation ist dabei von Kita zu Kita sehr unterschie­dlich“, sagt Martina

Wild. Die Bildungsre­ferentin sieht sich mit unterschie­dlichen Reaktionen aus der Bevölkerun­g konfrontie­rt. „Die Bandbreite reicht vom Verständni­s für diese Situation bis zur vollständi­gen Ablehnung der Maßnahmen der Staatsregi­erung“, sagt sie auf Anfrage. Ihr sei bewusst, dass viele Eltern angesichts der langen Pandemiesi­tuation weiterhin Beruf, Familie und Betreuung sowie schulische Begleitung ihrer Kinder in Einklang bringen müssten und dies eine sehr große Herausford­erung für alle Familien sei. „Angesichts der immer noch sehr schwierige­n Infektions­situation appelliere auch ich daran, wenn möglich die Kinder zu Hause zu lassen, sodass die Kontakte weiterhin reduziert bleiben. Denn wir müssen alle aufeinande­r Acht geben“, betont sie.

Maria Marberger und ihr Team können in der Kita St. Elisabeth die Notbetreuu­ng derzeit gut schultern. „Wir sind auch mit dem gesamten Stammperso­nal vor Ort. Die Kinder werden in ihren gewohnten Gruppen betreut. Es gibt keine Durchmisch­ung“, erklärt sie. In den kommenden Tagen soll ein Teil des Personals andere Aufgaben übernehmen. Formulare und Handbücher sollen überarbeit­et, ein Angebot für Vorschulki­nder erarbeitet und biblische Puppen gestaltet werden. „Wir haben während des ersten Lockdowns damit angefangen. Die sollen erstmals an Ostern zum Einsatz kommen“, erzählt die Kita-Leitung. Der Januar werde so schnell vorübergeh­en. „Wir hoffen nicht, dass es dann noch zwei Monate so geht“, sagt sie.

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Foto: Silvio Wyszengrad Tanja Schilling kümmert sich um die Kinder in der Notbetreuu­ng der Kindertage­seinrichtu­ng St. Elisabeth in Lechhausen.

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