Schwabmünchner Allgemeine

Unternehme­r klagen über Chaos bei Hilfen

Der Staat verspricht, Firmen, die durch den zweiten Lockdown in Schwierigk­eiten geraten, zu helfen. Bei vielen im Kreis ist aber noch kein Geld angekommen

- VON SÖREN BECKER

Landkreis Augsburg Marc Schumacher ist Wirt in der alten Posthalter­ei in Zusmarshau­sen. Seit November darf er in seinem Restaurant keine Gäste mehr bewirten. Bisher hat er sich mit To-Go-Boxen und Lieferunge­n über Wasser gehalten: „Der Januar war schon immer ein schlechter Monat, vom Umsatz her. Und jetzt kommen wir billiger weg, wenn wir ganz zumachen“, bedauert er. Er wäre dringend auf die versproche­nen „November- und Dezemberhi­lfen“der Bundesregi­erung angewiesen. Doch es ist Januar, und er hat noch keinen Pfennig Geld gesehen. Weder die Hilfen selbst noch Abschlagsz­ahlungen.

Beantragt hatte er das Geld so bald wie möglich, nachdem er sein Geschäft zum zweiten Mal pandemiebe­dingt schließen musste. Er hält das zwar für unvermeidb­ar, aber wünscht sich mehr Unterstütz­ung von der Politik: „Die war nun mal nötig, aber wenn man uns Wirten schon solche Probleme macht, wollen wir von der Politik eine anständige Unterstütz­ung.“

Versproche­n ist diese: Anspruch darauf sollen Unternehme­n haben, die von den coronabedi­ngten Schließung­en betroffen sind, oder 80 Prozent

ihres Umsatzes durch den Handel mit diesen Unternehme­n machen. Seit Neuestem sollen nur Unternehme­n Anspruch auf die Zahlungen haben, die durch die Maßnahmen in die roten Zahlen gerutscht sind. Die für den Dezember gedachten Hilfen werden erst seit dem fünften Januar ausgezahlt. Bei einer Bewilligun­g können die allermeist­en Unternehme­n mit 75 Prozent ihres Umsatzes als Zuschuss aus dem Bundeshaus­halt rechnen. In der Praxis sieht das aber ganz anders aus. Das bestätigt der Gersthofen­er Steuerbera­ter Helmut Klein, der die Hilfen für seine Kunden beantragen muss: „Es geht da alles drunter und drüber“, sagt er. Das Geld fließe spärlich bis gar nicht. Die Onlineplat­tform, auf der er die Hilfen für seine Kunden beantragen muss, funktionie­re nicht richtig. Zudem ändern sich immer wieder die Informatio­nen, die für einen Antrag benötigt werden: „Manchmal täglich“. Nicht immer ist klar, was im Antrag gefordert ist: „Ein Formular fordert einen Negativbet­rag, der sich aus dem Minusbetra­g der Kosten ergeben soll. Selbst der Steuerexpe­rte weiß nicht genau, was damit gemeint ist: „Es gibt nirgendwo eine Definition oder eine Anleitung, wie man diesen Wert ermitteln soll.“

Man müsse mit etwa fünf Wochen Wartezeit rechnen, nachdem der Antrag für Staatshilf­en eingereich­t worden sei. Viele Unternehme­n werden so lange nicht warten können: „Kleinere Unternehme­n können einfach keine Rücklagen bilden. Vor allem nicht, wenn die Pandemie ihnen fast das gesamte Jahresgesc­häft vermiest hat“, warnt Klein.

Er rechnet damit, dass viele kleinere Unternehme­n in nächster Zeit pleite gehen werden. „Im Bundesfina­nzund -wirtschaft­sministeri­um haben sie einfach keine Ahnung, wie ein kleines Unternehme­n wirtschaft­et“, sagt Klein. „Für marode Unternehme­n wie TUI und die Lufthansa gibt es Milliarden­hilfen, aber die kleinen Leute lässt man hängen“, sagt er. Er habe langsam das Gefühl, die Regierunge­n machen das Verfahren so komplizier­t, um möglichst viele Anträge ablehnen zu können. Die Industrieu­nd Handelskam­mern helfen bei der Bearbeitun­g der zahlreiche­n Anträge. Auch die IHK Schwaben beteiligt sich und streitet die Probleme nicht ab: „Akut sind derzeit die Probleme bei der Novemberhi­lfe.

Hier fehlte es bislang an der reibungslo­s funktionie­renden Software zur Antragsbea­rbeitung“, sagt Pressespre­cher Thomas Schörg. Grund dafür sei das Fehlen von funktionie­render Software zur Bearbeitun­g der Aufträge gewesen. Das Problem sei aber mittlerwei­le behoben, und man gehe davon aus, dass die verzögerte­n Auszahlung­en in den nächsten Tagen und Wochen nachgeholt würden. Zudem habe das EU-Beihilfere­cht für unklare Verhältnis­se bei Förderbedi­ngungen gesorgt. „Hier ist die Politik aufgerufen, alle Unklarheit­en zu beseitigen.“Schumacher ist sauer auf die Politik: „Ich fühle mich einfach nicht wertgeschä­tzt“, sagt er. Nachdem er im Sommer viel Geld, Zeit und Arbeit in die Implikatio­n neuer Hygienekon­zepte gesteckt hatte, bekam er trotzdem „Berufsverb­ot“, wie er es nennt. „Wenn die Gelder fließen würden und wir eine anständige Perspektiv­e bekämen, wie es weitergehe­n würde, wäre uns schon sehr geholfen“, fordert er.

Viele kleinere Unternehme­n könnten pleite gehen

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Foto: Marcus Merk (Archivfoto) Seit November darf Marc Schumacher in seinem Restaurant, der alten Posthalter­ei in Zusmarshau­sen keine Gäste mehr bewirten. Bisher hat er sich mit To‰Go‰Boxen und Lieferunge­n über Wasser gehalten.

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