Schwabmünchner Allgemeine

Warum Thüringen später wählt

Ein Notbehelf wird zum Dauerbrenn­er

- VON SIMONE ROTHE UND STEFAN HANTZSCHMA­NN

Erfurt Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) hat mit seiner rot-rot-grünen Koalition keine Mehrheit im Landtag – aber er regiert seit fast einem Jahr. Möglich ist das durch ein Konstrukt, auf das sich Linke, SPD und Grüne mit der opposition­ellen CDU im März 2020 verständig­t hatten, um das Land aus der Unregierba­rkeit zu bugsieren. Eigentlich sollte der „Notbehelf in schwierige­n Zeiten“– wie CDUFraktio­nschef Mario Voigt den Pakt nennt – mit Neuwahlen im April enden. Doch die Corona-Pandemie ändert auch das: Thüringens ungewöhnli­ches Regierungs­modell muss noch Monate halten.

Eigentlich sollte in Thüringen am 25. April ein neuer Landtag gewählt werden. Nun wird vertagt. Warum? Rot-Rot-Grün und CDU scheuen eine Landtagsau­flösung mitten in der Corona-Pandemie, mit der der Weg für vorgezogen­e Neuwahlen erst frei wäre. Das Land wäre wochenlang ohne Parlament, das möglicherw­eise neue Entscheidu­ngen zum Infektions­schutz der rund 2,1 Millionen Thüringer fällen müsste. Lange hatten die vier Parteien keinen Zweifel daran gelassen, dass sie ihre Vereinbaru­ng – den sogenannte­n Stabilität­spakt – einhalten und es am 25. April eine vorgezogen­e Landtagswa­hl gibt. Das galt auch noch während der Corona-Pandemie, die in Thüringen lange Zeit glimpflich verlief. Doch mit dem explosions­artigen Anstieg der Neuinfekti­onen – derzeit verzeichne­t Thüringen im Bundesländ­ervergleic­h mit einem Inzidenzwe­rt von 310 die meisten neuen Corona-Fälle pro 100 000 Einwohner in einer Woche – setzte ein Umdenken ein. Am Donnerstag kam dann die Entscheidu­ng: Die Landtagswa­hl wird um Monate vertagt. Nun soll am 26. September gewählt werden, der damit zu einem Mega-Wahltermin wird. An diesem Tag sollen der Bundestag, der Landtag in Mecklenbur­g-Vorpommern sowie das Abgeordnet­enhaus in Berlin gewählt werden. Und nun auch der Thüringer Landtag mit derzeit 90 Abgeordnet­en. Das ist nach Meinung der Fraktionsv­orsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinllich, „der bestmöglic­he und frühestmög­liche Termin“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany