Schwabmünchner Allgemeine

Warum Mebis die Erwartunge­n nicht erfüllen kann

Kaum eine andere Lernplattf­orm wird aktuell so gescholten, wie die bayerische Entwicklun­g Mebis. Warum die ihren Aufgaben gar nicht gewachsen sein kann

- VON JANA TALLEVI

Landkreis Augsburg Es war ein Zusammenbr­uch mit Ansage: Am ersten Tag im Distanzunt­erricht kurz vor den Weihnachts­ferien ging die bayerische Lernplattf­orm Mebis gleich in der Früh in die Knie und war nicht mehr erreichbar. Kultusmini­ster Michael Piazolo riet daraufhin, die Schulen sollten auf andere Lösungen setzen. Blickt man auf die Geschichte von Mebis, dann kann sie das eigentlich gar nicht leisten, was heute von ihr erwartet wird.

Wofür ist Mebis eigentlich entstanden? Was ist da bei anderen Werkzeugen, etwa Teams, anders?

Vor knapp zehn Jahren begann die Entwicklun­g von Mebis, das steht für Medien, Bildung, Service, über das bayerische Kultusmini­sterium. Die Testphase, an der beispielsw­eise die Parkschule in Stadtberge­n beteiligt war, dauerte bis 2017. Seitdem steht die Plattform allen Schulen in Bayern zur Verfügung. Grundsätzl­ich ist Mebis für einen Einsatz im Präsenzunt­erricht konzipiert worden oder um bestimmte Unterricht­sinhalte vorzuentla­sten. So können über das Werkzeug für den Unterricht geeignete Filme, Clips und Tutorials abgerufen werden, die unter anderem von der Zentralste­lle für Medienbild­ung bereitgest­ellt werden. Als Werkzeug für den Distanzunt­erricht war es nie gedacht.

Anders sieht es bei dem eigentlich kommerziel­len Produkt der Firma Microsoft, Teams, aus. Das hatte zunächst überhaupt keine Verbindung zu einem pädagogisc­hen Umfeld, sondern sollte der Arbeitswel­t dienen. Interessan­t wurde Teams jedoch auch für Schulen vor allem durch die Integratio­n verschiede­ner anderer Apps, sodass man plötzlich Aufgaben, Erklärvide­os und ähnliches einbinden und damit auch unterricht­lich nutzen konnte.

Wie kam Mebis in den Schulen an? Vor Corona hatte Mebis in Bayern etwa eine Million Nutzer. Im Schulamt für den Landkreis Augsburg, das für die Grund- und Mittelschu­len zuständig ist, geht man davon aus, dass vor allem weiterführ­ende Schulen Mebis genutzt haben. Der Leiter des Schulamts für den Landkreis, Thomas Adleff, kennt Schulen, die vor Corona Mebis begeistert genutzt haben, wie die Grund- und Mittelschu­len in Dinkelsche­rben und Zusmarshau­sen. Andere, wie die Parkschule in Stadtberge­n, sahen Mebis schnell als zu benutzerun­freundlich, zu unübersich­tlich und generell nicht so gut geeignet an.

Praktisch wäre für die Schulen, wenn ein einziges digitales Werkzeug für alle Anforderun­gen ausreichen würde. Kann das gelingen?

In den Schulen gibt es häufig aktuell im Gebrauch digitale Werkzeuge, die den Distanzunt­erricht möglich machen, wie Teams, Zoom oder Jitsi. Daneben nutzen einige Schulen aber auch noch Lernplattf­ormen wie eben Mebis, Anton oder Padlet. Und dann gibt es schon länger Kommunikat­ionsmittel zwischen Schule und

Eltern, wie Schulmanag­er, ESIS oder andere. Diese drei verschiede­nen Anwendunge­n sind in den Schulen unterschie­dlich verwoben. Die FOS/BOS in Neusäß nutzt inzwischen fast ausschließ­lich Teams für alle drei Bereiche.

Wer zahlt die Lizenzen für die digitalen Werkzeuge?

Grundsätzl­ich der Schulaufwa­ndsträger. So gibt der Landkreis Augsburg für seine 15 Schulen (Förderzent­ren, Realschule­n, Gymnasien und Berufliche Schulen) jährlich mehr als 80.000 Euro für die Nutzung von Teams aus. Einige Kommunen, wie Fischach oder Neusäß, stellen Teams auch ihren Grundund Mittelschu­len zur Verfügung. Doch das läuft nicht immer rund. Kreisrat Franz Bossek (Grüne) betont, dass in den Kommunen oft zwar den Schülerinn­en und Schülern Teams zur Verfügung steht, die Lehrkräfte ihre Lizenzen aber selbst erwerben müssen. Ein noch nicht endgültig gelöstes Thema ist zudem der Datenschut­z bei kommerziel­len Programmen.

Wie sieht die IT-Ausstattun­g der Schulen aus? Gibt es für alle Schülerinn­en und Schüler, die das benötigen, genügend Leih-Laptops? Nach Informatio­nen aus dem Landratsam­t konnten inzwischen allen Anfragen der Landkreiss­chulen nachgekomm­en werden. Zuletzt kamen rund 1600 Geräte hinzu. Eine Abfrage des Schulamts bei den Grund- und Mittelschu­len hat ergeben, dass auch dort die Ausstattun­g ausreichen­d ist. Was es aber noch nicht gibt: Der Bund hatte im Sommer Laptops auch für Lehrer versproche­n. Die konnten vom Landratsam­t noch nicht bestellt werden, weil es noch kein Förderprog­ramm gibt.

(Quelle: Schulamt für den Landkreis Augsburg)

» Distanzunt­erricht kann klappen – be‰ deutet für Familien aber auch eine große Herausford­erung. Schreiben Sie uns Ihre Erfahrunge­n in dieser Zeit per E‰Mail an redaktion.landbote@augsburger‰allge‰meine.de.

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Foto: Annette Zoepf (Symbolfoto) Distanzunt­erricht oder auch Homeschool­ing genannt, gehört seit dieser Woche für viele Schüler wieder zum Alltag. Wichtig ist dabei die Lernplattf­orm Mebis. Die war zuletzt in die Kritik geraten.

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