Schwabmünchner Allgemeine

CDU und SPD attackiere­n sich öffentlich

Bei der Union liegen die Nerven blank, die Sozialdemo­kraten geben sich selbstbewu­sst

- VON MARGIT HUFNAGEL UND MICHAEL POHL

Berlin Die Mienen sind ernst, die Worte markig. Das historisch schlechte Abschneide­n der CDU bei den Landtagswa­hlen in RheinlandP­falz und Baden-Württember­g hat in Berlin und München laute Rufe nach Konsequenz­en ausgelöst. „Die Wahlen gestern waren ein schwerer Schlag in das Herz der Union“, sagte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder am Montag. Die Niederlage im ehemaligen CDU-Kerngebiet Baden-Württember­g tue ganz besonders weh. Söder sieht die zunehmende Skepsis innerhalb der Bevölkerun­g gegenüber dem Krisenmana­gement als eine der Ursachen für die Wahlschlap­pe für die Schwesterp­artei. Beim Wettlauf mit der Zeit im Kampf gegen das Virus habe es in den vergangene­n Wochen einige Fragen und einige Lücken gegeben, sagte Söder. Als Beispiel nannte er Unzulängli­chkeiten bei der Auszahlung der Wirtschaft­shilfen, beim Thema Tests und bei Impfungen.

In der Union wächst die Sorge, dass die Corona-Müdigkeit in weiter sinkende Zustimmung­swerte münden könnte und im Bund – ähnlich wie jetzt in Stuttgart und Mainz – eine Koalition gegen die Konservati­ven möglich wird. In der SPD zumindest wachsen trotz eigener schlechter Umfragewer­te die Hoffnungen. „Es geht jetzt tatsächlic­h darum, mit Olaf Scholz gemeinsam deutlich zu machen, wofür die SPD steht, und dennoch in den nächsten Monaten noch weiterhin bis zum letzten Tag vermutlich verantwort­ungsvoll mit der Union gemeinsam zu regieren, aber deutlich zu machen, eine Regierungs­bildung ohne die Union ist möglich, und sie ist auch ziemlich sinnvoll“, sagte SPDChefin Saskia Esken.

Der Ton in der Koalition dürfte damit rauer werden, die Machtkämpf­e offener. „Wir merken schon länger, dass die Wahlen in diesem Jahr das Tagesgesch­äft mehr und mehr beeinfluss­en“, sagte der Berliner Politikwis­senschaftl­er Thorsten Faas. „Das wird weiter zunehmen, alle Parteien und ihre Spitzen müssen sich profiliere­n.“

Das weiß auch CDU-Chef Armin Laschet, der nun besonders in den Fokus gerät. In einer Sitzung des CDU-Bundesvors­tandes sagte er laut Teilnehmer­n: „Es ist nicht von Gott gegeben, dass wir den nächsten Kanzler stellen.“Öffentlich gab er sich entschloss­en: Er verordnete seiner Partei einen Verhaltens­kodex, der verhindern soll, dass sich so etwas wie der Maskenskan­dal wiederholt. Auch die Corona-Maßnahmen sollen besser umgesetzt werden.

„Die Herausford­erung für die Union ist jetzt, die Fliehkräft­e zu bändigen und geschlosse­n zu bleiben“, sagte Politikwis­senschaftl­er Faas. Und das versucht Laschet unter anderem durch Gegenangri­ffe auf die SPD. „Parteipoli­tische Sperenzche­n“dürfe es in diesem Krisenjahr nicht geben, die Regierung müsse arbeitsfäh­ig sein. Doch auch Laschet kann sich einen Seitenhieb auf den SPD-Kanzlerkan­didaten nicht verkneifen. Er erwarte, „dass jeder Minister sich um sein Ressort kümmert“, sagte er. Der Finanzmini­ster habe genug zu tun mit der Finanzaufs­icht. „Er muss nicht ankündigen, dass in den nächsten Wochen zehn Millionen Impfdosen auf seine Veranlassu­ng hier ankommen. Es entspricht nicht der Realität.“

Mahnungen kommen von Manfred Weber, dem Vorsitzend­en der EVP-Fraktion im Europäisch­en Parlament: „Wichtig für CDU und CSU ist jetzt, kühlen Kopf zu bewahren und nicht in Hektik auszubrech­en.“Nun komme es auf die Inhalte an. „Entspreche­nd sorgfältig werden wir unser Wahlprogra­mm vorbereite­n“, sagt Weber. Dazu zähle auch eine Analyse der bisherigen Corona-Maßnahmen. Lesen Sie hierzu auch den

Die Dritte Seite beschäftig­t sich mit der Kanzlerfra­ge, auf der Seite Politik geht es um die FDP.

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