Sozialpädiatrie: Landtag will zweite Einrichtung prüfen
Die kurzfristige Verlagerung der Behandlungseinrichtung von Hessing ans Josefinum sorgte zum Jahreswechsel für Unmut. Nun könnte der Fall eine neue Wendung nehmen
Bekommt Augsburg doch ein zweites Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ) zur Behandlung entwicklungsgestörter Kinder? Der Ausschuss für Gesundheit und Pflege im Bayerischen Landtag beschäftigte sich diese Woche mit einer entsprechenden Petition, die Eltern betroffener Kinder Anfang des Jahres gestartet hatten und die bislang gut 2100 Menschen unterschrieben haben. SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Waldmann bestätigte nach der Sitzung auf AZ-Anfrage, dass die Politik die Bestrebungen für ein zweites SPZ wohl unterstützen wolle.
Die Entscheidung fiel vergangenes Jahr kurz vor Weihnachten. Damals entschied der Zulassungsausschuss Ärzte Schwaben, das Sozialpädiatrische Zentrum nach über acht Jahren nicht mehr an den Hessing-Kliniken, sondern am Josefinum anzusiedeln. Für viele Eltern, aber auch für die Hessing-Stiftung kam dieser Entschluss überraschend. Man fürchtete durch den kurzfristigen Wechsel um die lückenlose Fortsetzung der Behandlung.
Inzwischen haben sich die Wogen etwas geglättet. Am Josefinum wurden die ersten Patienten neu aufgenommen, auch die Hessing-Stiftung führt einige Behandlungen fort. Doch es geht auch ums Geld, denn die Behandlung schwer kranker Kinder und Jugendlicher nach ambulanten Pauschalen ist für Kliniken ein Draufzahlgeschäft. Das Josefinum hatte sich auch deshalb schon vor längerer Zeit für ein zweites Sozialpädiatrisches Zentrum beworben. Dieses Ansinnen wurde jedoch abgelehnt. Der Bedarf, hieß es, sei nicht groß genug.
Christine Lüdke, Beirätin im Verein „Ein Haus für Kinder“, der das Hessing-Förderzentrum unterstützt, sieht das anders: „Es ist zu befürchten, dass der Bedarf in Folge der hohen Belastungen durch die Corona-Pandemie noch einmal deutlich steigen wird“, sagt sie. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Bayern ist ebenfalls der Auffassung, dass die Stadt mit fast 300.000 Einwohnern und dem umliegenden Großraum durch seinen hohen Anteil sozial belasteter Familien auch einen hohen Bedarf an sozialpädiatrischer Versorgung hat. Diese Einschätzung hat der Wohlfahrtsverband nun auch in einem Schreiben an die Kassenärztliche Vereinigung Bayern formuliert, die letztlich über das Behandlungsangebot für betroffene Kinder entscheidet.
Für SPD-Politikerin Ruth Waldmann wirft der Beschluss des Zulassungsausschusses, dem Mediziner und Vertreter der Krankenkassen angehören, viele Fragen auf. So habe ein Vertreter des Josefinums dem Gremium das Konzept für ein Sozialpädiatrisches Zentrum persönlich vorstellen dürfen. Hessing und Uniklinik, die sich ebenfalls beworben hatten, hatten diese Chance laut Waldmann nicht. Auch andere Fragen seien offen, weshalb das Thema im Landtags-Ausschuss noch einmal behandelt werden soll. „Wir wollen dann unter anderem wissen, wie der Entschluss fürs Josefinum zustande kam und ob der Großraum Augsburg nicht ein zweites Sozialpädiatrisches Zentrum vertragen könnte“, so Waldmann. Die SPD-Politikerin räumt dem
Vorstoß gute Chancen ein: „Wenn sich SPD und CSU gemeinsam dafür star machen, könnte das funktionieren.“
Wie berichtet, haben sowohl die Hessing-Stiftung als auch das Uniklinikum Widerspruch gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses eingelegt. Entscheiden wird darüber der sogenannte Berufungsausschuss, ein Termin für die Entscheidung steht noch nicht fest.