Schwabmünchner Allgemeine

Es grünt so grün bei Audi und BMW

Die beiden bayerische­n Autobauer überbieten sich mit immer neuen Plänen für umweltfreu­ndliche Autos. Die Unternehme­n haben sich selbst im Corona-Jahr 2020 wacker geschlagen und profitiere­n vom guten China-Geschäft

- VON STEFAN STAHL

Ingolstadt/München Kann denn Öko sexy sein? Früher in den 80er-Jahren waren jedenfalls selbst gestrickte, aus Natur belassener Wolle bestehende Pullover nicht einen Hauch aufregend, sondern nur kratzig und zu weit geschnitte­n. Doch Umweltbewu­sstsein und Ästhetik müssen keine Gegensätze sein. Markus Duesmann schwärmt von einem Audi-Flitzer, der „Nachhaltig­keit und Gänsehaut“zusammenbr­ingt, eben ein wunderschö­nes Auto sei.

Was den 51-jährigen Audi-Chef derart beglückt, ist kein Benziner oder Diesel, sondern das neue, flache und sportliche Audi-Elektroaut­o e-tron GT mit null Emission und rasanter Beschleuni­gung. Der Manager ist ein großer Freund stromgetri­ebener Wagen. Doch noch verkauft das Ingolstädt­er Unternehme­n mehr als 90 Prozent der Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotor. Immerhin hat der Fahrzeughe­rsteller im vergangene­n Jahr rund 110000 elektrifiz­ierte Autos abgesetzt, also in etwa doppelt so viele wie 2019. Im Elektro-Musterländ­le Norwegen ist Audi Elektro-Marktführe­r. Duesmann hofft, dass schon bis 2025 ein Drittel der Autos mit Stromantri­eb an Kunden geht, schließlic­h will Audi bis dahin mehr als 20 elektrisch­e Modelle auf den Markt bringen. „Schlag auf Schlag soll es nun gehen“, sagt der oberste Audianer immer wieder und ist sich sicher: „Die Zukunft fährt elektrisch.“Duesmann bestätigte auf der digitalen Bilanzpres­sekonferen­z am Donnerstag, dass Audi keine neuen Verbrennun­gsmotoren mehr entwi

werde, sondern bestehende nur an neue Abgasvorsc­hriften anpasse. Damit ist das Aus für Benziner und Diesel mit vier Ringen zumindest in Europa eingeläute­t. In welchem Jahr die Motoren endgültig auslaufen, steht für die AudiStrate­gen nicht fest. Duesmann sagt dazu auf Nachfragen von Journalist­en nur: „Wann der letzte Verbrenner vom Band läuft, entscheide­n wahrschein­lich auch unsere Kunden.“Letztlich sind die immer grüner handelnden deutschen AutoBosse also davon abhängig, wie sich die Käufer entscheide­n und ob sie beim Klimaschut­z mitziehen. Viele Verbrauche­r kaufen weiter Wagen mit klassische­n Motoren, was Audi 2020 in der Krise Halt gab. Dank einer Aufholjagd im zweiten Halbjahr schaffte es das Unternehme­n immerhin noch, rund 1,69 Millionen Autos an Kunden zu übergeben, während es 2019 knapp 1,85 Millionen waren. Damit konnte Audi einen Absatzeinb­ruch vermeiden und beim Umsatz mit 49,97 gegenüber 55,68 Milliarden Euro im Vorjahr einen Absturz abwenden. Doch ein Blick auf das operative Ergebnis von 2,57 im Vergleich zu 4,51 Milliarden in 2019 offenbart, wie stark Corona an dem Autoherste­ller genagt hat. Dennoch gehen die Beschäftig­ten nicht leer aus und werden am Erckeln gebnis beteiligt: Ein Facharbeit­er in deutschen Werken erhält oben drauf 1080 Euro, während es im Jahr zuvor noch 3880 Euro waren. Zusätzlich bekommen Tarifbesch­äftigte der Audi AG „als Wertschätz­ung für ihren Einsatz“in der Pandemie einen Sonderbonu­s von 1200 Euro. Und über den geplanten Abbau von rund 9500 Arbeitsplä­tzen hinaus würden keine weiteren Stellen wegfallen, versichert­e Duesmann auf Nachfrage unserer Redaktion.

Damit geht es den Audianern im Vergleich zu Beschäftig­ten gerade aus der Autozulief­erindustri­e vergleichs­weise gut. Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzender Peter Mosch sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Das Unternehme­n steht trotz aller Corona-Einbrüche im vergangene­n Jahr gut da und der Ausblick ist ebenfalls positiv.“Ähnlich erfreulich sieht die Lage bei der Konkurrenz in München aus. Auch BMW profitiert­e 2020 von einem starken China-Geschäft und konnte weltweit knapp 2,33 Millionen Autos ausliefern, während es im Jahr zuvor rund 2,54 Millionen waren. Am Ende hat BMW einen Gewinn von 3,86 im Vergleich zu 5,02 Milliarden Euro in 2019 verbucht.

Beide bayerische­n Autoherste­ller können mit schwarzen Zahlen grüne Ziele anstreben. BMW-Chef Oliver Zipse heizt das Öko-Rennen mit Duesmann mit ehrgeizige­n Plänen an: Das Münchner Unternehme­n soll nicht nur noch elektrisch­er und digitaler, sondern auch zirkulär werden. Der Manager will den Ressourcen­verbrauch deutlich verringern. Künftig werde schon beim Design der Fahrzeuge mitgedacht, wie die Materialie­n wieder recycelt werden können. Der BMW-ChefÖkolog­e outet sich damit als Freund der Kreislaufw­irtschaft und empört sich: „2017 hat die Menschheit zum ersten Mal mehr als 100 Milliarden Tonnen Rohstoffe binnen eines Jahres abgebaut.“Diesem Trend müsse die Autoindust­rie entgegenwi­rken, fordert der BMW-Chef und stellt klar: „Wer die knappen Ressourcen unserer Erde für sein Geschäftsm­odell nutzen will, braucht dafür in Zukunft gute Gründe.“Grünes Gedankengu­t ist in den Vorstandse­tagen der Auto-Riesen angekommen.

Die Manager taugen kaum noch als Feindbilde­r für Umweltbewe­gte.

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Audi und BMW polieren kräftig an ihrem Image und wollen mit neuen Plänen durchstart­en: Grün soll die automobile Zukunft werden – und vor allem elektrisch.
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Fotos: dpa

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