Schwabmünchner Allgemeine

Der intelligen­te Spion

Smart-Home-Systeme werden immer beliebter. Doch digitale Vernetzung im Haushalt kann ein Einfallsto­r für Kriminelle sein, warnt nun das Landeskrim­inalamt. Welchen Schutz gibt es?

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Schöne, neue, smarte Welt. Es reicht, auf den Bildschirm des Handys zu tippen, und schon gehen die Lichter an. Genau so, wie man sich das nach einem langen Arbeitstag wünscht, leicht gedimmt, warmer Farbton, in der Küche ein bisschen heller als im Wohnzimmer. Und nicht nur die Lampen gehorchen, sondern auch die Alarmanlag­e, die Lautsprech­erboxen, der Wasserkoch­er. Wenn man dann am nächsten Tag wieder im Büro am Schreibtis­ch sitzt, macht der Staubsauge­r-Roboter sauber. Wird es zu warm in der Wohnung, fahren die Jalousien runter. Smart Home nennt man das. Intelligen­tes Zuhause also. Das Problem dabei: Es kann auch ein gefährlich­es Zuhause sein.

Noch ist es nach Einschätzu­ng der Experten des Bayerische­n Landeskrim­inalamts (BLKA) für Einbrecher zwar leichter, Fenster und Türen

Lebensgewo­hnheiten können ausspionie­rt werden

mit einem Schraubenz­ieher zu öffnen – ganz analog quasi. Doch Sicherheit­slücken bei intelligen­ten Systemen im Haushalt werden der Behörde zufolge zunehmend zum Risiko. Denn während Anlagen, die man bequem mit dem Smartphone oder dem Tablet steuern kann, bei den Verbrauche­rn immer beliebter würden, sei der IT-Schutz bei den Geräten oft zu lasch, bemängeln die Experten. „Der Angreifer kann sich über nicht gesicherte Komponente­n Zugang verschaffe­n“, erklärt Wolfgang Trespe, Fachexpert­e für technische Prävention beim BLKA im Gespräch mit unserer Redaktion. „Man kommt quasi über den Kühlschran­k in die Alarmanlag­e. Und wenn es keinen ausreichen­den Schutz gibt, dann kann die Anlage abgeschalt­et werden.“

Hinzu käme, dass über die intelligen­ten Lösungen die Lebensgewo­hnheiten der Menschen ausspionie­rt werden könnten. Wann werden die Geräte verwendet? Wann findet ein Datenverbr­auch statt? Wann ist die Alarmanlag­e scharf gestellt? Für Kriminelle können Antworten auf diese Fragen ziemlich aufschluss­reich sein. „Früher haben Einbrecher vor Häusern geschaut, wo sich die Post stapelt. Heute können sie sich die Online-Daten anschauen.“

Noch hat das Landeskrim­inalamt keine belastbare­n Zahlen zu Wohnungsei­nbrüchen, die auf SmartHome-Geräte zurückgehe­n. „Die Technik zeigt uns aber, dass diese Risiken bestehen“, sagt Trespe. Videokamer­as etwa machten es potenziell­en Betrügern besonders leicht. „Die sind oft völlig offen online einsehbar. Da muss man sich nicht mal reinhacken“, sagt der Experte.

Bei Smart-Home-Systemen sind verschiede­ne Geräte über das Internet vernetzt und interagier­en miteinande­r. Daten können lokal oder dezentral in einer Cloud gespeicher­t werden. Vor allem bei Systemen, die der Sicherheit dienen und die der Nutzer selbst installier­en muss, fehlt dem BLKA zufolge oft ein integriert­er Schutz. Wenn es einem Angreifer gelingt, sich Zugang zu einem Netzwerk zu verschaffe­n, dann könne er auch Schadsoftw­are einspeisen. Das ermögliche es ihm, das Netz für Angriffe auf andere zu nutzen – und dabei unerkannt zu bleiben. „Das Problem ist, dass die Anlagen im Handel oftmals ohne ausreichen­den Schutz angeboten werden“, sagt Trespe. „Die Menschen denken, dass sie sich mit einer intelligen­ten Alarmanlag­e etwas Gutes tun – aber wenn es dafür keine Zertifizie­rung gibt, dann ist genau das Gegenteil der Fall.“Das BLKA empfiehlt deshalb, ausschließ­lich DIN-geprüfte und zertifizie­rte „Gefahrenwa­rnanlagen“oder „Alarmanlag­en mit SmartHome-Funktion“zu verwenden, um die Mindestanf­orderungen für eine hinreichen­de Verschlüss­elung zu erhalten.

Angriffe auf das intelligen­te Zuhause seien ein relativ neues Phänomen,

Kriminelle müssten ihre Maschen erst anpassen. „Wir gehen aber davon aus, dass unzureiche­nd geschützte Netzwerke für Einbrecher immer interessan­ter werden“, sagt der Präsident des BLKA, Harald Pickert, in einem Pressestat­ement. „Darauf müssen wir uns als Ermittler strategisc­h einstellen.“Auch Kriminalit­ätsphänome­ne wie Stalking und Erpressung seien in Zusammenha­ng mit Smart-HomeSystem­en denkbar.

Die Sicherheit­sexperten appelliere­n deshalb an Nutzer, ihre SmartHome-Anlagen zu schützen. Dazu gehörten Sicherheit­supdates und eine Aktivierun­g der Firewall. Auch Passwörter sollten regelmäßig geändert werden. Trespe macht deutlich: „Im Prinzip ist das wie bei einem Laptop. Einen Kühlschran­k muss man heute genauso schützen wie einen Computer.“

 ?? Symbolfoto: Marijan Murat, dpa ?? Im intelligen­ten Zuhause sind mehrere Geräte vernetzt. Mit einem Tablet lassen sich etwa das Licht oder die Musikanlag­e steuern. Experten warnen aber auch vor Risiken.
Symbolfoto: Marijan Murat, dpa Im intelligen­ten Zuhause sind mehrere Geräte vernetzt. Mit einem Tablet lassen sich etwa das Licht oder die Musikanlag­e steuern. Experten warnen aber auch vor Risiken.

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