VideoTraining mit Gästen aus Afrika
Besser virtuell trainieren als nichts machen, dachten sich die Verantwortlichen der Judo-Abteilung des PSV Königsbrunn. Da können auch Sportler aus aller Welt mitmachen
Königsbrunn Virtuelle Trainingsstunden sind ja in diesen Zeiten nichts Ungewöhnliches mehr. Fitnessstudios bieten so etwas schon sein Beginn der Corona-Pandemie an, um ihre Mitglieder bei der Stange zu halten. Im Internet finden Freizeit- und Hochleistungssportler jede Menge Videos, um fit zu bleiben und Trainer zeigen ihren Schützlingen per Stream, was sie bei ihren Übungen richtig oder falsch machen. Bei vielen Online-Trainingsstunden, wie sie auch die Vereine in der Region anbieten, wird anschließend auch geratscht – schließlich kommt auch das in diesen Pandemiezeiten zu kurz und ist für viele Menschen genauso wichtig wie das eigentliche Training.
So scharrt auch der ehemalige Spitzen-Judokämpfer Johannes Daxbacher vom Polizeisportverein (PSV) Königsbrunn seine Schützlinge regelmäßig virtuell um sich – aber trotzdem sind seine Übungsstunden etwas Besonderes. Denn dort sind neben den PSV-Mitgliedern auch Judo-Sportler aus Afrika vertreten.
Johannes Daxbacher ist vor allem bei den Judo-Kämpfern in Äthiopien bekannt. Der 57-jährige Ausbilder bei der Bereitschaftspolizei in Königsbrunn hat 2010 das Projekt „Judo for Ethiopians“aus der Taufe gehoben und betreut es seither ehrenamtlich. Dafür reist er mit seiner Frau Regina in seinem Urlaub im Schnitt einmal im Jahr nach Äthiopien, wo er kostenlose Judo-Camps veranstaltet, Ausbilder schult und Gürtelprüfungen abnimmt. Doch auch zu anderen Judokas aus Afrika hat Daxbacher Kontakt, sodass auch Teilnehmer aus dem Sudan und Südafrika dabei waren.
Per Zoom schalteten die sich mit den Königsbrunnern zusammen, und auf Englisch begrüßte der Trainer die Teilnehmer: „Hello to all of you all over the world.“Auch die Anweisungen für die Übungen gab es auf Englisch, doch Daxbacher verfiel aber auch immer mal wieder ins Deutsche – zum Beispiel, als er die Zahl der Wiederholungen herunterzählte. Schwerpunkt der Übungen waren Koordination, Kräftigung, Stretching und Mobilisation. Einige der Afrikaner machten fleißig mit, andere schauten sich das nur an und diskutierten dafür aber fleißig mit, als die Fragerunde begann.
Hier berichtete Tedla Mulatu aus der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba über die Corona-Situation in seinem Land: „Die Infektionsraten steigen weiter, und das Land wartet sehnsüchtig auf die Impfstoffe. Wir hoffen alle auf bessere Tage.“Gute
Laune verbreitete dagegen Roberto Orlando aus Südafrika: „Das ist doch toll, mit so vielen Menschen aus aller Welt zusammenkommen zu können.“Als Johannes Daxbacher ihm berichtete, dass es in Bayern 2021 viel Schnee gegeben hat, lachte der Mann am anderen Ende der Welt nur und schwenkte mit seiner Kamera auf seinen Garten, wo die Familie beim Grillen zusammen saß.
Wahj aus dem Sudan berichtete von ihren Judo-Projekten zum
Weltfrauentag, was sich dann ebenso erledigt hatte wie der Besuch der 19-jährigen Meskerem, die mit ihrer Schwester Tsehay 2020 nach Königsbrunn kommen wollte. Menelik Mesfin aus Äthiopien betonte, wie sehr er sich über das Training freue: „Das motiviert uns, weiter zu machen. Vor einigen Wochen hat uns die Regierung erlaubt, mit dem Training wieder zu beginnen, aber Körperkontakt müssen wir vermeiden. So konzentrieren wir uns auf Technik-Training und halten Distanz.“
Nicht viel anders ergeht es den Königsbrunnern, die in der Kontakt-Sportart Judo auf Distanz gehen müssen. Ausnahme waren die Geschwister Alexander und Felix Müller, die auch mal ein paar Haltegriffe ausprobieren konnten. „Mit dem Video-Training haben wir aus der Not eine Tugend gemacht und können so auch unsere Freunde aus Afrika einbeziehen“, sagt Johannes Daxbacher. Er möchte die aktiven Sportler des Vereins bei der Stange halten: „Mehr als die Hälfte der Vereinssportler nehmen regelmäßig an den Video-Trainings teil und auch ich bin froh, dass wir wieder was zusammen machen können. Das entschleunigende Nichtstun mutiert so langsam zur Langeweile.“
Und deshalb hofft Johannes Daxbacher, dass er und seine Mitstreiter sich auch bald mal wieder im Freien persönlich zu einer Trainingsrunde treffen können. Und dann ist auch Schluss mit ruckeligen Unterbrechungen und den unvermeidlichen Späßen über langmähnige Frisuren, die in Königsbrunn wie in so vielen anderen Video-Meetings auch zu hören waren.