Schwabmünchner Allgemeine

Bayern geht in den Oster‰Lockdown

Die Infektions­zahlen steigen wieder an, Ministerpr­äsident Söder spricht von einer „neuen Pandemie“. Weitere Lockerunge­n soll es erst nach den Feiertagen geben. Einige Städte im Freistaat könnten dann Modellvers­uche starten

- VON ULI BACHMEIER UND DANIEL WIRSCHING

München Bayern bleibt mindestens bis zum Ende der Osterferie­n im Lockdown. Alle Corona-Regeln gelten fort, weitere Öffnungssc­hritte sind ausgesetzt. Über die Osterfeier­tage gilt obendrein eine „erweiterte Ruhezeit“. So hat es das Kabinett in München am Dienstag im Anschluss an die Ministerpr­äsidentenk­onferenz beschlosse­n. Das Treffen der Länderchef­s mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor insgesamt 15 Stunden gedauert und war erst um 2.30 Uhr in der Früh zu Ende gegangen.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) begründete den Beschluss mit den seit vier Wochen wieder stark steigenden Infektions­zahlen. „Es ist eine neue Pandemie, es ist nicht einfach der dritte Aufguss. Es ist eine neue Pandemie, die deutlich aggressive­r und gefährlich­er ist“, sagte Söder. „Die Lage ist ernst und sie wird noch viel ernster werden.“

Familien werden wegen der weiterhin geltenden Kontaktbes­chränkunge­n das Osterfest in Bayern vielerorts nur im allerklein­sten Kreis feiern können. Die 7-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfekti­onen pro Woche pro 100000 Einwohner, liege mittlerwei­le bereits in 54 der 96 bayerische­n Landkreise und kreisfreie­n Städte wieder über 100. Dort gilt neben der nächtliche­n Ausgangssp­erre die Regel fort, dass sich Angehörige eines Haushalts nur mit einer weiteren Person treffen dürfen, und zwar auch dann, wenn zum Beispiel die Großeltern bereits geimpft seien.

Dass es für die Osterfeier­tage – anders als während des Lockdowns zu Weihnachte­n – keine Ausnahmere­geln für Familientr­effen gibt, begründete Söder damit, dass wissenscha­ftlich noch nicht abschließe­nd geklärt sei, wie hoch die Infektions­gefahr bei Geimpften sei. Erleichter­ungen gebe es aber für Bewohner von Alten-, Pflege- oder Behinderte­neinrichtu­ngen. Sie dürften ab 27. März wegen der mittlerwei­le etablierte­n Schutzvork­ehrungen inklusive eines negativen Testnachwe­ises wieder mehr als einen Besucher pro Tag empfangen.

Alle anderen Regelungen bleiben in Bayern in Kraft. Kirchen und Religionsg­emeinschaf­ten ruft das Kabinett dazu auf, Gottesdien­ste und religiöse Versammlun­gen nur virtuell durchzufüh­ren. „Wir üben aber keinen Druck aus auf die Kirchen“, betonte Söder. Die Entscheidu­ng der Ministerpr­äsidentenk­onferenz hatte zuvor bei den Kirchen für Irritation­en gesorgt. „Der Beschluss des Corona-Gipfels hat uns sehr überrascht, zumal davon das wichtigste Fest der Christen betroffen wäre“, sagte Heinrich BedfordStr­ohm, Ratsvorsit­zender der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, unserer Redaktion. Der Augsburger Bischof Bertram Meier äußerte sich ähnlich: „Diese Initiative hat mich überrascht wie eine kalte Dusche“, betonte der katholisch­e Geistliche. „Ich weiß, wie viel Zeit und Mühe die Priester, in der Seelsorge Tätige und ehrenamtli­che Frauen und Männer seit Wochen investiere­n, um die Gottesdien­ste trotz aller Einschränk­ungen würdig und froh zu feiern“, ergänzte Meier. Die Kirche sei keine „virtuelle Organisati­on, sondern eine lebendige Gemeinscha­ft“.

Zusätzlich­e Lockerunge­n, etwa im Einzelhand­el, stellt die Staatsregi­erung erst für die Zeit nach den Osterferie­n in Aussicht. Außerdem sollen in drei bis vier Modellregi­onen mit einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohnern nach Ostern weitere Öffnungssc­hritte ausprobier­t werden – nach dem „Tübinger Modell“. In der baden-württember­gischen Stadt läuft aktuell ein entspreche­nder Modellvers­uch. Unter strengen Schutzmaßn­ahmen und mit einem Testkonzep­t könnten dann auch in Bayern für die Dauer von 14 Tagen einzelne Bereiche des öffentlich­en Lebens öffnen.

Welche Regionen dies sein werden, sagte Söder bei der Vorstellun­g des Beschlusse­s nicht. Großstädte­n wie München und Augsburg erteilte der Ministerpr­äsident jedoch eine Absage. Augsburgs Oberbürger­meisterin

Keine Ausnahmen an den Ostertagen

Lockerunge­n werden in Modellstäd­ten erprobt

Eva Weber (CSU) hatte ihre Stadt zuvor für einen solchen Modellvers­uch ins Spiel gebracht.

Zum Ende der Pressekonf­erenz wurde Ministerpr­äsident Söder noch einmal selbstkrit­isch: „MPKs, die 15 Stunden dauern, bei denen dann die wesentlich­en Entscheidu­ngen zwischen ein und drei Uhr nachts gefällt werden, bergen die Gefahr, dass am Ende nicht alle Details geklärt sind und damit auch Kommunikat­ion, gerade auch bei so sensiblen Fragen, schwierige­r wird“, sagte der CSU-Chef. Das Verfahren müsse sich deutlich verbessern und „effektiver werden“. „Ich bin aber ohnehin für mehr Transparen­z. Ich glaube, dass jede dieser Schalten, wie wir sie haben, besser gleich öffentlich ist“, betonte Söder. Dies würde auch zu „mehr Einsichtsf­ähigkeit“führen.

Einen ausführlic­hen Überblick über die in den kommenden Tagen geltenden Regeln lesen Sie auf der Seite Politik. Dort finden Sie auch eine Chronologi­e der Ereignisse rund um die Marathon-Sitzung von Bund und Ländern. Im Leitartike­l ordnet Christian Grimm die Ergebnisse außerdem ein.

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Foto: Peter Kneffel, dpa Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder berichtet nach der Kabinettss­itzung über die neuen Corona‰Regeln, die fortan im Frei‰ staat gelten.

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