Schwabmünchner Allgemeine

Einsames Osterfest

Mit dem strengeren Corona-Lockdown über die Feiertage ist die Bitte an die Kirchen verbunden, Gottesdien­ste nicht in Präsenz sondern virtuell abzuhalten. So reagieren Pfarrer im Landkreis auf den Appell

- VON FELICITAS LACHMAYR UND VICTORIA SCHMITZ

Die Bitte, an Ostern auf Präsenzgot­tesdienste zu verzichten, stößt bei Pfarrern und Ehrenamtli­chen beider Konfession­en auf verschiede­ne Reaktionen.

Landkreis Augsburg Am Montag haben Bund und Länder beschlosse­n, dass für die Ostertage vom 1. bis zum 5. April eine „erweitere Ruhezeit“gelten soll. Neben strikteren Kontaktbes­chränkunge­n und einem Versammlun­gsverbot erging auch ein Appell an die Kirchen: Die Ostergotte­sdienste sollen nicht in Präsenz, sondern virtuell abgehalten werden. Was bedeutet das für die Gottesdien­ste im Landkreis?

„Mir schwante es“, sagt Pfarrer Ernst Sperber von der evangelisc­hlutherisc­hen Kirchengem­einde in Königsbrun­n. Seit mehr als 150 Jahren würden in Königsbrun­n ohne Unterbrech­ung Ostergotte­sdienste abgehalten. Bis gestern hoffte Pfarrer Sperber, dass der virtuelle Gottesdien­st im vergangene­n Jahr eine Ausnahme bleiben würde. Er und auch andere Kirchengem­einden im Landkreis rechneten fest mit Ostermesse­n vor Ort.

Für Gründonner­stag, Karfreitag, Ostersonnt­ag und Ostermonta­g hatte die evangelisc­h-lutherisch­e Kirchengem­einde in Königsbrun­n bereits Gottesdien­ste vorgesehen. Die Planungen begannen Sperber zufolge mit einem halben Jahr Vorlauf. „Wie wir es hinkriegen sollen, uns jetzt so schnell umzustelle­n, wissen wir nicht“, sagt der Pfarrer.

Auch Schwabmünc­hens Pfarrer Christoph Leutgäb hatte nicht damit gerechnet, dass die Gottesdien­ste vor Ort zur Diskussion stehen. „Eine Woche vor Ostern ist dieser Appell herausford­ernd, denn die Planungen und Hygienekon­zepte stehen längst“, sagt Leutgäb. Er hofft, dass nach Gesprächen zwischen Regierung und Kirchenver­tretern die Ostermesse­n stattfinde­n dürften. Doch vor allem wünscht er sich eins: baldige Klarheit.

Dekan Thomas Rauch ist vom Appell ebenfalls überrascht und enttäuscht, wie er sagt. Über die Sinnhaftig­keit bestimmter Maßnahmen lasse sich streiten. Ab nächster Woche hätten sich Gläubige für die Ostergotte­sdienste in Bobingen anmelden können. Es bleibe abzuwarten, ob das nun möglich ist.

„Digitale Angebote hatten wir sowieso eingeplant“, sagt Rauch.

„Aber es macht auch virtuell einen Unterschie­d, ob Gläubige an der Osternacht teilnehmen oder ob ich allein mit den Ministrant­en und dem Mesner in der Kirche stehe.“Es sei für alle eine schwierige Zeit. „Es ist wie es ist. Wir können nur versuchen, das Beste daraus zu machen“, sagt Rauch. Wie der Dekan ist auch Pfarrer John Joji von der Pfarrgemei­nschaft Stauden überrumpel­t – vor allem aber „enttäuscht“, gibt er zu. In den vergangene­n Wochen seien alle Gottesdien­ste mit ausgeklüge­ltem Hygienekon­zept abgehalten worden. Deshalb hat Pfarrer Joji die Hoffnung noch nicht aufgegeben: „In welche Richtung ein Alternativ­programm gehen wird, weiß ich noch nicht.“. Er warte auf eine Mitteilung der Diözese Augsburg und müsse sich mit den Pastoralra­tsvorsitze­nden besprechen.

In einem sind sich der Mickhauser Pfarrer und Pfarrer Sperber aus Königsbrun­n einig: Für virtuelle Gottesdien­sten fehlt es an der richtigen Technik. Die Menschen würden Qualität erwarten und hätten sie verdient, erklärt Sperber. Ohne entspreche­nde Kameras und Vorbereitu­ng sei das nicht umsetzbar. Außerdem koste es viel Geld.

Anders sieht das Thomas Demel, leitender Pfarrer der Pfarreieng­emeinschaf­t Lechfeld. Er überträgt seine Messen schon seit dem ersten Lockdown vor einem Jahr online. „Wir haben von Anfang parallel geplant, deshalb bin ich relativ entspannt, was die organisato­rischen Änderungen angeht“, sagt Demel. Er habe im Pfarrbrief bereits darauf hingewiese­n, dass die Osternacht ausfallen könnte, falls erneut eine Ausgangssp­erre verhängt wird. Dass tatsächlic­h keine Gottesdien­ste vor Ort stattfinde­n sollen, hat ihn jedoch überrascht. „Es ist bedauerlic­h, denn die Glaubensau­sübung lebt von der Begegnung“, sagt Demel. Umso wichtiger sei es, die Menschen auf anderem Weg zu erreichen. Auf dem Youtube-Kanal der Pfarreieng­emeinschaf­t lädt er nun Filme zur Ostergesch­ichte hoch.

Am Kalvarienb­erg in Klosterlec­hfeld erfahren Kinder per App mehr über den Kreuzweg. „Ich habe mir angewöhnt, mich auf das zu konzentrie­ren, was möglich ist, und nicht auf das, was nicht geht“, sagt Demel. Trotzdem hofft auch er, dass Ostern in der Kirche gefeiert werden könne: „Wir müssen abwarten, was die Bischöfe und Politiker auskarteln.“

Der Augsburger Bischof Bertram Meier erklärte am Dienstag, die Priester und Ehrenamtli­chen würden seit Wochen viel Zeit investiere­n, um trotz Einschränk­ungen Gottesdien­ste zu feiern. „Unsere ausgefeilt­en Hygienekon­zepte haben dazu beigetrage­n, dass mir kein Fall im Bistum bekannt ist, der als Corona-Infektions­herd identifizi­ert wurde“, erklärte Meier. Er hoffe, dass nach einem Dialog zwischen Regierung und Kirchen doch Präsenzgot­tesdienste unter strengen Auflagen gefeiert werden können. „Die Kirche ist keine virtuelle Organisati­on, sondern eine lebendige Gemeinscha­ft“, so Bischof Bertram Meier.

Dekan Thomas Rauch ist überrascht und enttäuscht

 ?? Foto: Ralf Lienert (Symbolbild) ?? Auch in diesem Jahr sollen die Kirchen an Ostern leer bleiben – wegen Corona.
Foto: Ralf Lienert (Symbolbild) Auch in diesem Jahr sollen die Kirchen an Ostern leer bleiben – wegen Corona.

Newspapers in German

Newspapers from Germany