Schwabmünchner Allgemeine

So klappt es mit den Kartoffeln aus dem Garten

Die Knollen sind längst unverzicht­bar geworden für unsere Küche. Doch statt nur immer die gleichen Sorten einzukaufe­n, kann man Spezialitä­ten auch selbst ziehen. Ein paar Eigenheite­n der Pflanze sollte man aber kennen

- Dorothée Waechter, dpa

Mülheim/Kiel Pommes, Klöße, Gnocchi, Püree – und haben wir schon Chips erwähnt? Diese Speisen bestehen aus Kartoffeln – kaum eine Nutzpflanz­e ist so reich auf unserem Speiseplan vertreten wie sie. Und wie viele Knollen landen sogar als Ganzes auf unseren Tellern? Zumindest ein Teil unseres Kartoffelb­edarfs lässt sich einfach im eigenen Garten anbauen. Im Grunde kann man jede Pflanzkart­offel nehmen und zur Anzucht der nächsten Pflanzen- und Knollengen­eration nutzen. Es bietet sich aber an, aus der Vielzahl an Sorten jene auszusuche­n, die für den Anbau im Privatgart­en auch geeignet sind.

Rund 100 seien es, berichtet Kim Sharon Leary, Fachberate­rin für den Kleingarte­n aus Mülheim an der Ruhr. Die Sorten unterschei­den sich zum Beispiel in Erntezeit, Lagerfähig­keit, Kocheigens­chaften, Form, Farbe von Schale und Innerem sowie in der Größe. Der Pflanzenha­ndel bietet auch sogenannte Saatkartof­feln an. „Im Vergleich zu den Speisekart­offeln, die für den Verzehr angebaut werden, stammen die sogenannte­n Saat- oder Pflanzkart­offeln aus speziellen Anzuchtbet­rieben“, erläutert Martin Nickol, Kustos des Botanische­n Gartens der Christian-Albrechts-Universitä­t zu Kiel. Eine Zertifizie­rung bescheinig­t, dass die Kartoffeln virenfrei sind und Anbauquali­tät haben.

Die Kultur der Kartoffeln beginnt im Frühjahr, wenn die Böden sich auf knapp zehn Grad erwärmt haben. Ab dem 15. April herum ist eine gute Zeit. Aber zuvor müssen die Knollen schon erste Triebe entwickeln, die das Wachstum im Boden dann beschleuni­gen. Man kennt diese Entwicklun­g: Lagern Kartoffeln in der Küche zu warm oder zu hell, zeigen sich an der Schale erst Augen und mit der Zeit werden daraus Triebe. Aber: Werden diese Triebe lang und hellgrün, sind sie für die Kultur wertlos, so Leary. Sie empfiehlt daher, die Saatkartof­feln ab Mitte März in Eierkarton­s zu legen und diese bei Temperatur­en von 12 bis 15 Grad möglichst hell aufzustell­en. „So bilden sich kräftige, dunkelgrün­e Triebe.“Diese Knollen kommen am besten in sandige und sandig-lehmige Böden.

Schwerere Böden müssen aufbereite­t werden, Kim Sharon Leary empfiehlt dafür Kompost. Er lockert nicht nur den Boden auf, er reichert ihn auch mit Nährstoffe­n an. Denn Kartoffeln sind Mittel- bis

Starkzehre­r. Alle Böden müssen vor dem Pflanzen noch mal gelockert werden, dann kommen die vorgetrieb­enen Knollen darin in zehn Zentimeter tiefe Furchen. Zwischen den einzelnen Kartoffeln sollte ein Abstand von 35 Zentimeter­n bleiben, zwischen den Reihen 70 Zentimeter. Über die Knollen kommt eine dicke Schicht Erde und bis keine Spätfröste mehr drohen, was in Deutschlan­d in der Regel bis Mitte Mai möglich ist, sollten licht- und wasserdurc­hlässige Wachstumsf­olien die Pflanzen schützen.

Die Pflanze bildet nun krautige, oberirdisc­he Triebe. Und mit zunehmende­r Größe entwickeln sich im unteren Teil des Stängels sogenannte plagiotrop­e Achsen, erklärt der Botaniker Nickol. Dabei handelt es sich um waagerecht in den Boden wachsende Ausläufer, die nach und nach dicker und schließlic­h zu den Knollen werden. „Durch das Anhäufeln entstehen noch mehr dieser Triebe“, sagt Nickol. Damit ist gemeint, dass man immer wieder Erde aus den Zwischenrä­umen der ganzen Bepflanzun­g nimmt und direkt an die einzelnen Pflanzen gibt – sie wachsen dann also auf Wällen.

Gleichzeit­ig verhindert man mit dem Anhäufeln das Wachstum von Unkraut und fördert die Gesundheit der Pflanzen. Dieses Anhäufeln ist auch wichtig beim Anbau von Kartoffeln im Kübel. Die Knollen wachsen hier gut in speziellen Kartoffelt­öpfen aus einem Hauptgefäß und einem innen liegenden Einsatz mit mehreren offenen Fenstern. In diese legt man am besten maximal drei Knollen und deckt sie wie üblich mit Erde ab, wie Expertin Leary erklärt. Nun kommt aber die Besonderhe­it: Der Topf ist zunächst nicht ganz mit Erde gefüllt. Den Raum nach oben braucht man für das Nachfüllen mit Erde. Geerntet werden die Kartoffeln im Topf, indem man den Innentopf heraushebt und durch die Fenster die Knollen abpflückt. Anschließe­nd können weitere Knollen wachsen.

Bei einer Bodentempe­ratur von 15 Grad entwickeln sich die Knollen am besten. „In kühlen Sommern hören sie auf zu wachsen ebenso bei Temperatur­en über 30 Grad“, erklärt der Kustos Nickol. Die frühen Sorten lassen sich bereits im Juli und August ernten. Mittelfrüh­e Knollen werden Anfang September aus der Erde geholt und die späten können bis in den Oktober ausgegrabe­n werden. „Dazu nimmt man am besten eine Grabegabel und siebt damit das Erdreich nach reifen Knollen ab“, erklärt Fachberate­rin Leary.

Als vor über 500 Jahren die Kartoffel von Südamerika nach Europa kam, sah man in den horstig wachsenden Pflanzen eher eine Zier- als eine Nutzpflanz­e. Es dauerte dann sogar fast zwei Jahrhunder­te, bis die Kartoffeln nicht mehr nur als Viehfutter und Nahrung für Arme anerkannt wurden. Die bei uns verbreitet­en Kartoffels­orten gehen auf Landsorten aus den Anden zurück, berichtet Martin Nickol. Schon im Reich der Inka waren diese Knollenpfl­anzen als Nahrungsqu­elle beliebt. Zu Recht: Sie sind schließlic­h nahrhaft und enthalten recht viel Vitamin C.

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Foto: Christin Klose, dpa Ab Mitte April gehören die Kartoffeln in die Erde. Doch das ist nicht alles, was man wissen muss.
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Foto: dpa Das Festnetzte­lefon ist in Coronazeit­en wieder beliebter geworden.

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