Schwabmünchner Allgemeine

Kunst, Beton, Beständigk­eit

Im Wallgraben am Roten Tor stehen drei Platten, deren Reliefs im „Wettlauf gegen die Zeit“geformt wurden

- VON RÜDIGER HEINZE

Die Museen müssen wieder schließen. Dennoch bleibt Gelegenhei­t, in der Stadt Augsburg Kunster zu betrachten – unter freiem Himmel. In einer Serie stellen wir Ihnen Werke im öffentlich­en Raum vor, die sich auf einem Spaziergan­g erkunden lassen.

Wer mit dem Wort „Beton“konfrontie­rt wird, denkt nicht unbedingt gleich an Kunst. Und doch gibt es Kunst aus Beton – und denkmalges­chützte Beton-Architektu­r wie die Kongressha­lle. Betonkunst findet sich auch, eher unspektaku­lär positionie­rt, im Wallgraben beziehungs­weise im Park am Roten Tor, aus Zuschauerp­erspektive gesehen gleich rechts hinter der Freilichtb­ühne.

Drei leicht voneinande­r abgesetzte Platten stehen dort nebeneinan­der, in einer Linie zwischen Spazierweg und Mäuerchen. Eigentlich gut eingepasst. Diese Einfügung war gewiss nicht von Nachteil für die Präsenz bis heute, denn einst stand in der Anlage etliche Beton-Kunst, die mittlerwei­le aber abgeräumt ist.

Einst: Das war 1989. Damals veranstalt­ete Ingeborg Prein, Künstlerin und Kunstpädag­ogin an der Universitä­t Augsburg, ein Symposion zu großplasti­schem Gestalten mit Beton – um die Behandlung des Materials unter unterschie­dlichen Bedingunge­n zu lehren.

Gesponsert 1989 auch von der Firma Lindermayr Hoch- und Tiefbau (Friedberg), entstanden so Beton-Großplasti­ken – einerseits von Künstlern wie Erika Berckhemer, Peter Schlichthe­rle, „Wotan“und Jan Prein, dem Mann Ingeborg Preins, anderersei­ts auch durch Studentenh­and.

Und zwei Studentenh­ände formten die besagten drei Platten, genannt „Triptychon der Beständigk­eit“. Der Titel – anspielend auf das verwendete Material – erweist sich als goldrichti­g bis heute.

Susanne Pleyer hieß damals die Studentin und angehende Künstlerin, 21 Jahre jung. Mittlerwei­le heißt sie Susanne Debold und lebt und arbeitet als Kunsterzie­herin und Englischle­hrerin in Würzburg. „Ich wollte damals etwas freiplasti­sch schaffen mit den Händen“, erzählt sie am Telefon. Und das sei nicht leicht gewesen, weil: „ein Wettlauf mit der Zeit“.

Denn sie musste mit den Händen und der Kelle formen, bevor das Material erstarrte. Immerhin konnten chemische Mittel den Prozess verzögern. An drei Tagen entstanden die Reliefs der zunächst holzgescha­lten drei Platten. Sie zeigen vegetative Formen: Blumen, Pflanzen. Bis heute steht Susanne Debold zu ihrer Arbeit damals – und freut sich, dass diese mit Überlassun­gsvertrag stehen blieb. „Alle zehn Jahre schaue ich mal vorbei.“

Immerhin 20 Jahre lang überlebte in der Wallanlage auch noch eine weitere Beton-Skulptur von 1989: das „Gartentor“von Jan Prein. Dieser Beton-Guss sollte aber 2009 weg, wie Ingeborg Prein berichtet, weil die Stadt Augsburg damals das Gelände umgestalte­n wollte. Zuvor lagen alle Lasten der Arbeit auf dem Künstler selbst, erinnert sich Ingeborg Prein: Verkehrssi­cherungspf­licht und Haftpflich­t-Police.

Und sie erinnert sich auch an die Klage eines Anwohners, der nicht so recht zufrieden war mit dem, was ihm alles an Beton-Kunst vorgestell­t wurde …

Seit 2009 nun steht Jan Preins „Gartentor“am Ortseingan­g von Steppach. Vielleicht ist dieser Platz so beständig wie – im Prinzip – das Material.

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Foto: Ulrich Wagner Susanne Pleyer, heute Susanne Debold: „Triptychon der Beständigk­eit“(1989) im Park am Roten Tor.

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