Werden umkämpfte Villen zu Denkmälern?
Bürger kämpfen mit Unterschriften und Petitionen um den Schutz von zwei historischen Bauten. Die Eigentümer halten sich bedeckt über ihre weiteren Pläne. Denkmalpfleger prüfen die Gebäude erneut
Das Ringen um den Erhalt von zwei historischen Villen im Bismarckviertel und Thelottviertel in Augsburg geht in die nächste Runde. Mehrere Bürger haben Petitionen an den Landtag ins Rollen gebracht mit dem Ziel, die beiden Altbauten in der Perzheimstraße 36 und in der Hochfeldstraße 15, die vom Abbruch bedroht sind, quasi in letzter Minute doch noch unter Denkmalschutz zu stellen. Das Landesamt für Denkmalpflege ist eingeschaltet. Dort ist nun eine erneute Überprüfung der Gebäude angelaufen.
Die Abrisspläne der jeweiligen Villeneigentümer waren vor einigen Wochen öffentlich bekannt geworden. Beide Gebäude stehen bislang nicht unter Denkmal- oder Ensembleschutz. Beide sollen Neubauten weichen. Zwar hat der Stadtrat vergangene Woche im Bismarckviertel aus städtebaulichen Gründen die Notbremse gezogen: Einstimmig wurde eine neue Erhaltungssatzung verabschiedet. Damit ist der Abbruch, der Neubau und die Umnutzung von Gebäuden im südlichen Teil des Bismarckviertels rund um Hochfeld-/Lessing-/Neidhartstraße nicht mehr ohne Weiteres möglich. Allerdings ist noch nicht bekannt, ob der betroffene Eigentümer in der Hochfeldstraße gegen die Erhaltungssatzung klagen wird. Für die ebenfalls bedrohte „rote Villa“im Thelottviertel gibt es bislang praktisch keinerlei Schutz vor Abbruch.
Die Augsburger Architekturhistoriker Gregor Nagler und Barbara Wolf hatten wegen der beiden Villen öffentlich Alarm geschlagen. Aus ihrer Sicht wäre mit einem Verlust dieser Bauten der typische Charakter des Umfelds in den beiden historischen Vierteln bedroht. Nagler begrüßt ausdrücklich die neue städtische Erhaltungssatzung. Dennoch will er nun vom Landesamt für Denkmalpflege noch einmal geprüft haben, ob ein weitergehender Schutz möglich wäre.
Wie die Pressestelle des Landesamtes auf Anfrage mitteilt, sind die Experten bereits an der Arbeit. „Eine Ortseinsicht zur Prüfung der Denkmaleigenschaft des Anwesens Perzheimstraße 36 fand bereits statt“, so Sprecherin Birgit Neuhäuser. Die Prüfung sei aber noch nicht abgeschlossen. Bislang steht das Gebäude nicht in der bayerischen Denkmalliste, obwohl es von Architekt Sebastian Buchegger stammt, der prägende Bauten im Thelottviertel errichtete.
Was die Villa im Bismarckviertel angeht, soll nach Angaben des Landesamtes eine Ortseinsicht des Gebäudes mit Innenbegehung noch erfolgen. Dort hatte sich die zuständige Expertin erst vor Kurzem gegen einen Schutzstatus ausgesprochen, weil der ursprüngliche Bau im Krieg stark beschädigt und danach wieder aufgebaut worden war. Offenbar hatte man aber im Landesamt nur nach Aktenlage entschieden, die Villa selbst wurde dem Vernehmen nach nicht inspiziert. Wann die Ergebnisse der beiden Prüfungen vorliegen werden, ist nicht bekannt. Fachleute gehen davon aus, dass es noch einige Zeit dauern könnte.
Unterdessen hat sich auch die Arno-Buchegger-Stiftung in die Debatte eingeschaltet. Wie Oliver Kautz von der Stiftung mitteilt, hat der geplante Runde Tisch mit dem Eigentümer an der Perzheimstraße bisher noch nicht stattgefunden. Der Eigentümer und seine Familie hätten aber einem Gespräch mit allen Beteiligten mittlerweile zugestimmt. „Die Familie möchte zunächst den Ausgang des Verfahrens vor dem Landesamt für Denkmalpflege abwarten“, so Kautz. Unabhängig vom Ergebnis werde im Anschluss der Runde Tisch stattfinden. Mit Unterer Denkmalschutzbehörde und dem Landesamt sei man hierzu in Austausch. Anliegen der
Stiftung sei, „P36“zu erhalten. Die Stiftung werde sich zudem für eine Ausweitung des Ensembleschutzes starkmachen, damit keine vergleichbaren Fälle eintreten können.
Offenbar gibt es aber nicht mehr viele Möglichkeiten, die rote Villa zu retten. Kautz zufolge würde die Buchegger-Stiftung zwar zu „wirtschaftlich vertretbaren Konditionen“einen Erwerb prüfen, um das Anwesen zu erhalten und denkmalgeschützt zu sanieren. Die Preise im Thelottviertel seien allerdings derart gestiegen, dass die gemeinnützige Stiftung kaum realistische Chancen habe, ein solches Projekt zu stemmen. Die Eigentümerfamilie habe auch zu keinem Zeitpunkt einen Verkauf beabsichtigt – weder an die Stiftung noch an Dritte. Nach Angaben von Kautz plant der Eigentümer in der Perzheimstaße 36 ein Mehrgenerationenhaus, das er selbst mit seinen erwachsenen Söhnen beziehen wolle. Der Besitzer selbst teilt auf Anfrage mit, er wolle sich derzeit nicht öffentlich äußern, ob und wann die alte Villa abgebrochen wird und wie es mit dem geplanten Neubau weitergeht.
Am Dienstag kündigte auch die Initiative Bismarckviertel an, dass man weiter für den Erhalt der beiden Villen kämpfen werde. Auch sie begrüßt die neue städtische Erhaltungssatzung im Bereich der erweiterten Lessingstraße ausdrücklich. „Lobend herauszustellen ist, dass das Baureferat in so kurzer Zeit einen abstimmungsfähigen Erhaltungssatzungsentwurf vorlegen konnte“, sagt Sprecher Daniel Karrasch. Auch die Ankündigung, weitere Teile des Viertels mit Erhaltungssatzungen unter Bestandsschutz zu stellen, kommt bei ihm gut an. Dennoch fordert die Initiative, dass die Stadt Erhaltungssatzungen auch in anderen Stadtteilen mit gefährdeter historischer Bausubstanz vorantreibt. Dies wird mit einer Unterschriftenaktion untermauert, die noch bis zum Sonntag laufen soll. Bislang seien über 3200 Unterschriften zusammengekommen.