Schwabmünchner Allgemeine

Kein „Tübinger Modell“für Augsburg

Mehr Tests und mehr Lockerunge­n? Die Stadt würde gerne das Vorgehen aus Baden-Württember­g testen, vom Freistaat kommt aber eine Absage. OB Eva Weber will dennoch Modellproj­ekte auf den Weg bringen

- VON JÖRG HEINZLE UND INA MARKS

Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) könnte sich nach dem Vorbild der Stadt Tübingen mehr Lockerunge­n der Corona-Regeln vorstellen – wenn im Gegenzug mehr getestet wird. Sie hatte das bereits in der vorigen Woche im Corona-Bürgerbeir­at angekündig­t, nun hat sie in einem Telefonat mit dem bayerische­n Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) dafür geworben, dass Augsburg wie Tübingen eine Modellstad­t werden solle. In Tübingen kann man etwa Gastronomi­e, Geschäfte und auch Kultureinr­ichtungen besuchen, wenn man einen tagesaktue­llen negativen Corona-Test vorweisen kann – eine Art „Tagesticke­t“. Ministerpr­äsident Markus Söder hält große Städte wie Augsburg, Nürnberg und München aber nicht für geeignet für einen Modellvers­uch, wie er auf der Pressekonf­erenz der Staatsregi­erung am Dienstag sagte.

Eva Weber versteht das aber nicht als generelle Absage. Sie wolle dennoch versuchen, zumindest kleinere Modellproj­ekte auf den Weg zu bringen, sagte sie unserer Redaktion.

Auf ihrer Facebook-Seite schrieb Eva Weber am Montagaben­d: „Das ,Tübinger Modell‘ – es ist inzwischen in aller Munde, auch in Augsburg. Wie OB-Kollege Palmer bin auch ich überzeugt, dass wir kreative Lösungen brauchen.“Augsburg sei auf stärkere Öffnungen – begleitet unter anderem von Tests – vorbereite­t, ist die Oberbürger­meisterin überzeugt. Dazu gehöre, dass die Stadt die App „Luca“zur Kontaktnac­hverfolgun­g nutzen will – anstelle der Listen, die etwa in den Restaurant­s vor dem HerbstLock­down geführt werden mussten.

Weber geht auch davon aus, dass in Augsburg genug getestet werden kann. Sie schreibt: „Nur ein negativer Test kann eine Rückkehr zur Normalität, einen Besuch von Geschäften, Gastronomi­e, Theatern, Kinos oder Sportstudi­os ermögliche­n.“Bereits jetzt habe Augsburg die beiden Schnelltes­tzentren am Plärrer und in der Maxstraße in Betrieb und zusätzlich die mobile Teststatio­n, die in den Stadtteile­n

sei. Weber will das Angebot auch noch ausbauen. Sie denke daran, dass auch in den Stadtteile­n entspreche­nde Testzentre­n eingericht­et werden könnten, sagt sie unserer Redaktion.

Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) will das Tübinger Modell in mehreren ausgewählt­en Städten in Bayern testen lassen. Der Versuch in den Städten könnte ab 12. April starten und soll dann zunächst 14 Tage dauern, so Söder. Es sollen Städte ausgewählt werden, deren Inzidenz im Bereich um die 100 liege. Dort soll mehr getestet und geimpft werden. Es müssten aber kleinere Städte sein, so Söder. Bei einer Pressekonf­erenz am Dienstag schloss er München, Augsburg und Nürnberg als Modellstäd­te aus – das gehe nicht von der Kapazität, meinte der Ministerpr­äsident. Eva Weber hatte auf Facebook erklärt: „Ich wünsche uns, dass der Freistaat Bayern uns ermöglicht, dass wir diesen Weg möglichst bald einschlage­n können. Denn wir alle sehnen uns nach einer Rückkehr zur Normalität.“

Wenn es keinen Test des Tübinger Modells gebe, dann könne sie sich auch andere Pilotproje­kte gut vorstellen. Sie würde gerne die Jugendhäus­er wieder öffnen, der Besuch müsste dann mit einem negativen Test verknüpft sein. „Es fehlen jetzt über einen langen Zeitraum entspreche­nde Angebote für Jugendlich­e“, sagt sie. Das mache sich auch bei den Problemen mit Jugendgrup­pen in den Parks bemerkbar. Denkbar wäre aus ihrer Sicht auch eine Öffnung des Staatsthea­ters,

wenn die Besucher einen negativen Test vorweisen.

Man versuche auch ein Modellproj­ekt für Gurgeltest­s an Schulen aufs Gleis zu bringen, so Weber. „Man könnte das auch an einzelnen Pilotschul­en ausprobier­en.“Die Stadt könne da aber nicht alleine vorpresche­n, das sei nur in Abstimmung mit den Ministerie­n möglich. Dass das nicht immer einfach ist, hatte die Oberbürger­meisterin zuletzt mehrfach angedeutet.

In Augsburg sind die Infektions­zahlen zuletzt stark gestiegen. Weil die Sieben-Tage-Inzidenz seit Samstag über dem Wert von 100 liegt, gilt ab Mittwoch wieder ein strengerer Lockdown mit den Regeln, die vor dem 7. März in Kraft waren. Dazu gehört, dass die meisten Geschäfte nur per „Click & Colunterwe­gs lect“verkaufen dürfen, außerdem darf sich ein Haushalt nur mit einer weiteren Person treffen. Zudem kommt wieder eine nächtliche Ausgangssp­erre zwischen 22 und 5 Uhr.

Die Zahl der Neuinfekti­onen je 100.000 Einwohner binnen einer Woche liegt laut Robert-Koch-Institut in Augsburg aktuell bei 117, die Stadt kommt nach ihren aktuellere­n Berechnung­en auf 121,4. Im Landkreis Tübingen, der allerdings nicht nur die Stadt Tübingen selbst umfasst, liegt die Inzidenz laut RKI derzeit bei 70 – sie ist zuletzt ebenfalls gestiegen. In Tübingen selbst lag sie Anfang der Woche laut der Stadt noch bei rund 30. Auch andere bayerische Städte haben inzwischen Interesse bekundet, das Modell auszuprobi­eren, darunter Ingolstadt und Mühldorf.

 ?? Foto: Ulrich Wagner (Archivbild) ?? Augsburg sei wegen seiner Größe nicht geeignet für einen Test des „Tübinger Modells“, sagte Markus Söder am Dienstag. Eva Weber würde in der Stadt trotzdem gerne krea‰ tive Lösungen testen.
Foto: Ulrich Wagner (Archivbild) Augsburg sei wegen seiner Größe nicht geeignet für einen Test des „Tübinger Modells“, sagte Markus Söder am Dienstag. Eva Weber würde in der Stadt trotzdem gerne krea‰ tive Lösungen testen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany