Schwabmünchner Allgemeine

Im Supermarkt unerlaubt gefilmt

Ein 52-Jähriger wird wegen Verstoßes gegen das Kunsturheb­ergesetz verurteilt. Wie es zum Hausverbot kam

- VON MICHAEL SIEGEL

Landkreis Augsburg Ein 52-jähriger Mann aus dem südlichen Landkreis hatte zweimal Angestellt­e gegen deren Willen gefilmt und diese Videos mit Namensnenn­ung der Betroffene­n bei Youtube veröffentl­icht.

Zunächst hatte er einen Strafbefeh­l in Höhe von 1800 Euro wegen Verstoßes gegen das Kunsturheb­ergesetz erhalten, nach seinem Einspruch wurde dieser Betrag jetzt per Urteil auf 600 Euro reduziert. Der 51-Jährige machte vor Richter Markus Eberhard glaubhaft, dass er seine Arbeitsste­lle verloren habe und auch nur noch begrenzt Krankengel­d beziehen werde, bevor er erwartungs­gemäß in Hartz IV falle.

Außerdem fürchte er weitere finanziell­e Belastunge­n wegen ähnlich gelagerter, noch ausstehend­er Gerichtsve­rfahren. Wollte der gelernte Systemadmi­nistrator zunächst einen Freispruch in seiner Sache erreichen, beschränkt­e er auf Hinweis des Richters und auf Empfehlung seines Verteidige­rs Oliver Negele dann seinen Einspruch auf die Rechtsfolg­en. Das heißt, er gestand seine Taten ein, akzeptiert­e auch die Strafe dafür, bat aber um eine Reduzierun­g der Buße. Wortreich schilderte der Angeklagte nach dem Verlesen der Anklagesch­rift seine Motivation – für ihn war es ein „Kampf für bürgerlich­e Freiheitsr­echte“. Vergangene­n August war er in den Einkaufsma­rkt gegangen, um dort einzukaufe­n, ohne allerdings die vorgeschri­ebene MundNasen-Maske zu tragen. Er habe zwei ärztliche Atteste, die ihn von dieser Pflicht befreiten, so der Angeklagte gegenüber dem Richter. Er zeige diese Atteste aber aus Datenschut­zgründen nicht jedermann vor.

Als ihm von Angestellt­en des Marktes der Zutritt verwehrt wurde und er ein Hausverbot ausgesproc­hen bekam, habe er begonnen, die Szene mit seinem Handy zu filmen. Später habe er diesen Film ins Internet eingestell­t. Er sehe dies als sein Recht, seine Berufung, ein Zeitdokume­nt, um festzuhalt­en, in welcher politisch-gesellscha­ftlichen Situation sich Deutschlan­d seit einem Jahr durch die Corona-Maßnahmen befinde und welche Auswirkung­en dies auf viele Menschen hier habe.

Einige Wochen später tauchte der Angeklagte erneut in dem Einkaufsma­rkt auf. Er habe sich das Hausverbot schriftlic­h bestätigen lassen wollen, da er eine nur mündliche Aussprache dessen im „Aktenland“Deutschlan­d nicht als wirksam erachtet habe. Er habe sich rechtlich gegen das Hausverbot zur Wehr setzen wollen, da er bei dem Einkaufsma­rkt eine Versorgung­spflicht der Bevölkerun­g vermute. Erneut sei er abgewiesen worden, wieder hatte die von ihm gerufene Polizei mitwirken müssen. Und wieder hatte der Angeklagte einen Film gedreht und veröffentl­icht.

Auf die Frage des Richters, ob er daran gedacht habe, die Gesichter der Menschen auf dem Video unkenntlic­h zu machen, erklärte der Mann, alle hätten ja Masken getragen.

Dadurch seien sie schlechter zu erkennen als etwa mit einem schwarzen Balken über den Augen. Mehr als dies beklagte der gefilmte Marktleite­r des Geschäfts, dass er in den Videos insgesamt zwölfmal namentlich genannt worden und dass sein Unternehme­n verunglimp­ft worden sei. Zu einer Vernehmung von Zeugen kam es aber nicht, nachdem der Angeklagte per Einspruchs­beschränku­ng

alle erhobenen Tatvorwürf­e gestanden hatte. Eben dazu hatte ihm Richter Eberhard geraten, da der Angeklagte angesichts des Sachstande­s mit einer Verurteilu­ng – und möglicherw­eise einer höheren Buße als im Strafbefeh­l – rechnen müsse. Eberhard machte Bezug nehmend auf entspreche­nde Ausführung­en des Angeklagte­n deutlich, dass jeder in Deutschlan­d das Recht habe, seine Meinung frei zu äußern. Dies allerdings im Rahmen der Vorschrift­en – und diese sehen Grenzen dort vor, wo die Grundrecht­e anderer beeinträch­tigt würden. Im vorliegend­en Fall betreffe dies den Willen der gefilmten und genannten Personen, die dazu und zu einer Veröffentl­ichung keine Zustimmung erteilt hätten.

Staatsanwa­lt Dennis Schreiber und Rechtsanwa­lt Negele sprachen sich dafür aus, die Zahl der Tagessätze beizubehal­ten, aber deren Höhe abzusenken. Das tat dann Richter Eberhard in seinem Urteil. Aufgrund der zu erwartende­n schwierige­r werdenden wirtschaft­lichen Situation drittelte der Richter die Geldbuße, die sich nunmehr auf 600 Euro beläuft.

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 ?? Foto: Kaya (Symbol) ?? Einem Mann aus dem Landkreis Augsburg wurde ein Hausverbot in einem Super‰ markt erteilt, weil er sich weigerte, dort eine Maske zu tragen.
Foto: Kaya (Symbol) Einem Mann aus dem Landkreis Augsburg wurde ein Hausverbot in einem Super‰ markt erteilt, weil er sich weigerte, dort eine Maske zu tragen.

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