Im Supermarkt unerlaubt gefilmt
Ein 52-Jähriger wird wegen Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz verurteilt. Wie es zum Hausverbot kam
Landkreis Augsburg Ein 52-jähriger Mann aus dem südlichen Landkreis hatte zweimal Angestellte gegen deren Willen gefilmt und diese Videos mit Namensnennung der Betroffenen bei Youtube veröffentlicht.
Zunächst hatte er einen Strafbefehl in Höhe von 1800 Euro wegen Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz erhalten, nach seinem Einspruch wurde dieser Betrag jetzt per Urteil auf 600 Euro reduziert. Der 51-Jährige machte vor Richter Markus Eberhard glaubhaft, dass er seine Arbeitsstelle verloren habe und auch nur noch begrenzt Krankengeld beziehen werde, bevor er erwartungsgemäß in Hartz IV falle.
Außerdem fürchte er weitere finanzielle Belastungen wegen ähnlich gelagerter, noch ausstehender Gerichtsverfahren. Wollte der gelernte Systemadministrator zunächst einen Freispruch in seiner Sache erreichen, beschränkte er auf Hinweis des Richters und auf Empfehlung seines Verteidigers Oliver Negele dann seinen Einspruch auf die Rechtsfolgen. Das heißt, er gestand seine Taten ein, akzeptierte auch die Strafe dafür, bat aber um eine Reduzierung der Buße. Wortreich schilderte der Angeklagte nach dem Verlesen der Anklageschrift seine Motivation – für ihn war es ein „Kampf für bürgerliche Freiheitsrechte“. Vergangenen August war er in den Einkaufsmarkt gegangen, um dort einzukaufen, ohne allerdings die vorgeschriebene MundNasen-Maske zu tragen. Er habe zwei ärztliche Atteste, die ihn von dieser Pflicht befreiten, so der Angeklagte gegenüber dem Richter. Er zeige diese Atteste aber aus Datenschutzgründen nicht jedermann vor.
Als ihm von Angestellten des Marktes der Zutritt verwehrt wurde und er ein Hausverbot ausgesprochen bekam, habe er begonnen, die Szene mit seinem Handy zu filmen. Später habe er diesen Film ins Internet eingestellt. Er sehe dies als sein Recht, seine Berufung, ein Zeitdokument, um festzuhalten, in welcher politisch-gesellschaftlichen Situation sich Deutschland seit einem Jahr durch die Corona-Maßnahmen befinde und welche Auswirkungen dies auf viele Menschen hier habe.
Einige Wochen später tauchte der Angeklagte erneut in dem Einkaufsmarkt auf. Er habe sich das Hausverbot schriftlich bestätigen lassen wollen, da er eine nur mündliche Aussprache dessen im „Aktenland“Deutschland nicht als wirksam erachtet habe. Er habe sich rechtlich gegen das Hausverbot zur Wehr setzen wollen, da er bei dem Einkaufsmarkt eine Versorgungspflicht der Bevölkerung vermute. Erneut sei er abgewiesen worden, wieder hatte die von ihm gerufene Polizei mitwirken müssen. Und wieder hatte der Angeklagte einen Film gedreht und veröffentlicht.
Auf die Frage des Richters, ob er daran gedacht habe, die Gesichter der Menschen auf dem Video unkenntlich zu machen, erklärte der Mann, alle hätten ja Masken getragen.
Dadurch seien sie schlechter zu erkennen als etwa mit einem schwarzen Balken über den Augen. Mehr als dies beklagte der gefilmte Marktleiter des Geschäfts, dass er in den Videos insgesamt zwölfmal namentlich genannt worden und dass sein Unternehmen verunglimpft worden sei. Zu einer Vernehmung von Zeugen kam es aber nicht, nachdem der Angeklagte per Einspruchsbeschränkung
alle erhobenen Tatvorwürfe gestanden hatte. Eben dazu hatte ihm Richter Eberhard geraten, da der Angeklagte angesichts des Sachstandes mit einer Verurteilung – und möglicherweise einer höheren Buße als im Strafbefehl – rechnen müsse. Eberhard machte Bezug nehmend auf entsprechende Ausführungen des Angeklagten deutlich, dass jeder in Deutschland das Recht habe, seine Meinung frei zu äußern. Dies allerdings im Rahmen der Vorschriften – und diese sehen Grenzen dort vor, wo die Grundrechte anderer beeinträchtigt würden. Im vorliegenden Fall betreffe dies den Willen der gefilmten und genannten Personen, die dazu und zu einer Veröffentlichung keine Zustimmung erteilt hätten.
Staatsanwalt Dennis Schreiber und Rechtsanwalt Negele sprachen sich dafür aus, die Zahl der Tagessätze beizubehalten, aber deren Höhe abzusenken. Das tat dann Richter Eberhard in seinem Urteil. Aufgrund der zu erwartenden schwieriger werdenden wirtschaftlichen Situation drittelte der Richter die Geldbuße, die sich nunmehr auf 600 Euro beläuft.