Reisebilder, die viel erzählen
Im Kunsthaus Schwabmünchen präsentiert Lothar Zull eine fotografische Zeitreise
Schwabmünchen Wenn, wie gerade, Reisen nur in Gedanken möglich sind, besinnt man sich gerne auf frühere Reiseerlebnisse, schaut sich die Fotos an, die unterwegs entstanden sind. Und wenn man, wie Lothar Zull, Fotograf ist, entsteht aus dieser Beschäftigung unversehens eine Ausstellung. „Reisebilder“nennt er seine
Schau, die jetzt im Schwabmünchner Kunsthaus zu sehen ist.
„Wir sind eine eingefleischte Wohnmobil-Familie. Wir waren sehr viel in selbst ausgebauten Fahrzeugen unterwegs. Die Bilder dieser Ausstellung habe ich in den Jahren 1986 bis 2000 auf Dia-Film fotografiert“, erläutert der Schwabmünchner Fotograf die Entstehung seiner Exponate.
Und die Vorsitzende des Kunstvereins, Kersten Thieler-Küchle, deren Laudatio auf der Website des
Vereins abrufbar ist, beschreibt es so: „Erinnerung an Reisen, an beeindruckende Landschaften, an Menschen anderer Kulturen, an exotische Gerüche, an Licht, das so anders ist in nördlichen und südlichen Ländern – davon können wir zehren. Wir können die Bilder, Gefühle, Stimmungen immer wieder abrufen und niemand wird sie uns nehmen.“
Die Reisen der Familie Zull führten kreuz und quer durch Europa und in den Nahen Osten, gerne auch abseits der touristischen Hotspots. Der Weg war für sie das Ziel, die Eindrücke von Land und Leuten. Außerdem – wenn man so will – auch die fotografische Reflektion darüber, wie unterschiedlich die Länge des Weges zum Ziel sein kann, was sich in den Fotos von Entfernungswegweisern dokumentiert, die am Beginn seiner Ausstellung stehen.
Aber bei den Exponaten geht es nicht nur darum, in Erinnerungen zu schwelgen. Der Betrachter begibt sich quasi auf eine Zeitreise, denn einige der Fotos dokumentieren Situationen und Motive, die so nicht mehr vorzufinden sind: Etwa die Gruppe
Punks in Glasgow von 1986 oder 1993 die Ruine des BaalschaminTempels in Palmyra, die 2015 von der IS zerstört wurden. Außerdem dokumentieren die Fotos die Gleichzeitigkeit von Tradition und Moderne, das Nebeneinander von Althergebrachtem und Fortschritt – wie das Raumfahrtdenkmal in Moskau in Kontrast zum Leben in den Dörfern. Was der Betrachter dank der Beschriftungen der Fotografien sehr gut nachvollziehen kann.
Neben solchen Arbeiten, die als
Zeitdokumente gelten können, finden sich andere, die in ihrer Zeitlosigkeit bezaubern. Eine Blumenwiese in Griechenland. Kühe auf einer Weise in der Bretagne, die sich im Morgenlicht aus dem Nebel lösen. Der abendliche Blick über einen See in Norwegen. Das lädt zum Träumen ein und die rosafarbene Mauer im marokkanischen Essaouira mit den davor stehenden Palmen erinnert an das Märchen vom Kalif Storch. Einen zusätzlichen Reiz erhalten diese Motive durch den Diader
Film, den Lothar Zull damals verwendete: Hoher Kontrastumfang und Farbsättigung im Zusammenspiel mit den weichen Konturen; das verleiht den Bildern etwas Malerisches, rückt sie optisch in die Nähe von Gemälden. Und immer wieder sind es auch die Menschen und das Interesse daran, wie sie ihr Leben gestalten, die den Fotografen veranlassen auf den Auslöser zu drücken. Begleitend zur Schau hat Lothar Zull ein Buch mit seinen Reisebildern aufgelegt.