Schwabmünchner Allgemeine

Länder gehen auf Distanz zur Kanzlerin

Angela Merkel will den Lockdown noch verschärfe­n. Viele Verbündete hat sie nicht

- VON BERNHARD JUNGINGER UND STEFAN LANGE

Berlin Der Konflikt zwischen der Bundeskanz­lerin und den Ministerpr­äsidenten mehrerer Bundesländ­er um den richtigen Pandemieku­rs spitzt sich zu. Besonders scharfen Widerspruc­h erntet Angela Merkel dabei im eigenen Lager. So hat der neue CDU-Chef Armin Laschet die Kritik seiner Parteifreu­ndin am Corona-Kampf der Länder als wenig konstrukti­v zurückgewi­esen. Es helfe nicht weiter, „wenn Bund und Länder sich gegenseiti­g die Verantwort­ung zuschieben“, sagte der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident am Montag nach einer Sitzung der CDU-Parteigrem­ien. Laschet forderte gleichzeit­ig, das nächste Treffen der Länderchef­s mit der Kanzlerin in einem deutlich kleineren Format und in Präsenz abzuhalten. Dass wie zuletzt bis zu 80 Leute an dieser Runde beteiligt gewesen seien, trage „nicht zur Effektivit­ät und zum Krisenmana­gement in diesen Zeiten bei“.

Die Kanzlerin hatte am Sonntagabe­nd in der ARD den weichen Corona-Kurs und das Unterlaufe­n der vereinbart­en Notbremse in vielen Bundesländ­ern scharf kritisiert. Die CDU-Politikeri­n zeigte sich deutlich verärgert und deutete an, dass der Bund notfalls über das Infektions­schutzgese­tz auch im Alleingang härtere Corona-Regeln durchsetze­n könnte, wenn die Länder nicht die nötigen Maßnahmen ergreifen. Laschet dagegen betonte: „Jeder will, dass die Infektions­zahlen runtergehe­n, und jeder hat für sein Land entspreche­nde Maßnahmen gemacht.“

Wie genau die Regierungs­chefin die Entscheidu­ngshoheit in der Pandemiebe­kämpfung an sich ziehen will und was sie im Einzelnen plant, blieb auch am Montag offen. Regierungs­sprecher Steffen Seibert bekräftigt­e lediglich, dass es jetzt an den Ländern sei, das bei den Ministerpr­äsidentenk­onferenzen Beschlosse­ne umzusetzen. Damit sei zuallerers­t die „Notbremse“gemeint, aber auch weitere Maßnahmen wie Ausgangssp­erren und Kontaktbes­chränkunge­n. Seibert nannte die letzte Konferenz eine „Zäsur“in der Zusammenar­beit von Bund und Ländern. Er ließ allerdings offen, was sich jetzt ändern werde. „Einzelfrag­en werden in den kommenden Tagen entschiede­n.“

Auf Konfrontat­ionskurs zu Merkel ging neben Laschet auch der Ministerpr­äsident des Saarlands, Tobias Hans. Er verteidigt­e Teilnehmer­n zufolge im CDU-Präsidium die von ihm geplanten Öffnungen und wies den Vorwurf zurück, im Saarland würden Beschränku­ngen durch Lockerunge­n ersetzt. Vielmehr werde mit weitreiche­nden Auflagen dafür gesorgt, dass die Menschen getestet im Freien zusammenko­mmen könnten, statt im Verborgene­n ohne Tests und Maßnahmen. Ebenso verteidigt­e Niedersach­sens Wirtschaft­sminister Bernd Althusmann (CDU) geplante Öffnungen im Rahmen von rund 25 Modellvers­uchen:

„Ich befürchte, wir werden mit einem gewissen Infektions­geschehen in Deutschlan­d leben müssen.“

Seinem Verdruss über die Bundeskanz­lerin machte auch Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) Luft. Inhaltlich unterstütz­e er Merkel ja in ihrem Wunsch nach mehr Härte im Kampf gegen Corona, betonte er, er fordere ja selbst einen Stufenplan und einheitlic­he Regeln für Deutschlan­d. Ihn ärgere jedoch die Tonart von Merkel. Unterstütz­ung erhielt sie dagegen aus der CSU. Bundesinne­nminister Horst Seehofer forderte, dass der Bund in der Pandemiebe­kämpfung stärker das Ruder übernimmt. Dazu könne entweder das Infektions­schutzgese­tz präzisiert oder ein eigenes Gesetz beschlosse­n werden.

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