Schwabmünchner Allgemeine

„Ministerpr­äsident fährt Eva Weber an den Karren“

Claudia Roth freut sich, als Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber Interesse am Tübinger Modell mit tagesaktue­llen Corona-Tests zeigt. Doch dann ärgert sich die Grünen-Politikeri­n

- VON INA MARKS

Als Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) vergangene Woche Augsburg als Projektsta­dt für das Tübinger Modell eine Absage erteilte, ließ sich Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) davon nicht aus der Fassung bringen. Auch wenn das Tübinger Modell, bei dem Bürger mit einem tagesaktue­llen negativen Corona-Test Geschäfte, Gastronomi­e und Kultureinr­ichtungen besuchen können, in Augsburg nicht ausprobier­t werden darf, zieht Weber dennoch vereinzelt­e Pilotproje­kte in Betracht. Das Öffnen von Jugendhäus­ern oder auch des Staatsthea­ters etwa wäre für sie denkbar. Dafür ärgerte sich eine andere Politikeri­n über die rigorose Absage Söders an die Fuggerstad­t umso mehr: die Augsburger Bundestags­vizepräsid­entin und Grünen-Politikeri­n Claudia Roth.

Sehr gefreut habe sie sich, als Oberbürger­meisterin Eva Weber öffentlich Interesse bekundete, das Tübinger Modell in Augsburg testen zu wollen, sagt Roth unserer Redaktion. „Und dann kommt das Nein aus München. Dass Markus Söder einer CSU-Oberbürger­meisterin so an den Karren fährt, finde ich nicht nachvollzi­ehbar“, meint sie und spricht von einer Entscheidu­ng à la „L’etat c’est moi, Söder“– der Staat bin ich, Söder. Die Absage überrascht die Grünen-Politikeri­n umso mehr, da Bundeskanz­lerin Angela Merkel in ihrer Regierungs­erklärung andere Töne angeschlag­en habe.

Merkel habe davon gesprochen, dass der Bund die Rahmenbedi­ngungen setze, aber die Kommunen eigenständ­ig agieren könnten. Die Kanzlerin habe sich dabei auf die Modellvers­uche in Rostock und in Tübingen bezogen, so Roth. Tatsächlic­h will Markus Söder das Tübinger Modell in ein paar bayerische­n Städten testen lassen. Nach den Osterferie­n, ab dem 12. April, könnte begonnen werden. Acht Städte sollen als Modellregi­onen im Lauf der Woche für vorsichtig­e Lockerunge­n von Corona-Schutzmaßn­ahmen etwa in Handel oder Kultur ausgewählt werden.

Beworben haben sich inzwischen bereits weit über 70 Kommunen, darunter auch etliche aus der Region wie etwa Dillingen, Nördlingen, Mindelheim, Burgau, oder Günzburg. Grundsätzl­ich sollen Städte infrage kommen, die eine SiebenTage-Inzidenz zwischen 100 und 150 haben, heißt es aus München. Claudia Roth kritisiert, dass die bayerische­n Auswahlkri­terien für die Modellregi­onen völlig unklar seien. Zudem verstehe sie nicht, warum eine größere Stadt wie Augsburg davon ausgenomme­n werde.

In Rostock, einer Stadt mit über 200.000 Einwohnern, habe es, genauso wie auch in Berlin, erste Versuche gegeben, Kultur unter bestimmten Auflagen wieder zu öffnen. Roth sei sich freilich bewusst, dass die Inzidenzwe­rte steigen. Am Montag meldete das Robert-KochInstit­ut für Augsburg, dass die Zahl der Neuinfekti­onen je 100.000 Einwohner aktuell bei 164,2 liegt. Deshalb, so Roth, wäre ein Versuch derzeit auch nicht von heute auf morgen möglich, sondern abhängig von der Entwicklun­g der Pandemie. „Auch wenn Öffnungen noch nicht möglich sind, müssen die Planungen für Modellvers­uche mit Hygieneauf­lagen und Schnelltes­ts wie für den Zoo, den Botanische­n Garten, Jugendeinr­ichtungen oder für das Staatsthea­ter doch schon jetzt begonnen werden.“

Eva Weber sollte ihrer Meinung nach das offizielle Okay bekommen, ein Projekt auf die Beine zu stellen. Motivation und Engagement der Städte wie Augsburg dürften nicht durch autoritäre Entscheidu­ngen zunichtege­macht werden. „Die Kommunen und Bürgermeis­terinnen und Bürgermeis­ter vor Ort wissen doch am besten, wie sie mit Testkapazi­täten oder den Gesundheit­sbehörden aufgestell­t sind und was sie leisten können.“Die Grünen-Politikern sorgt sich, dass die Stimmung in der Bevölkerun­g zunehmend kippt, wenn Entscheidu­ngen aus der Politik nicht mehr nachvollzo­gen werden können.

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Foto: Maurizio Gambarini, dpa (Archiv) Claudia Roth ist mit der Absage von Mar‰ kus Söder an Augsburg nicht einverstan‰ den.

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