Schwabmünchner Allgemeine

Wie sich Hausärzte auf den Impfstart vorbereite­n

In Kürze soll auch in Praxen gegen Corona geimpft werden können. Welches Serum dort zur Verfügung steht und wie die Mediziner bei der Priorisier­ung ihrer Patienten vorgehen

- »Kommentar VON INA MARKS UND NICOLE PRESTLE

Immer wieder haben in den vergangene­n Wochen Patienten bei Sandra Matthieu und ihren Kolleginne­n bei den „Hausärzten am Rathauspla­tz“durchgekli­ngelt. Die Anrufer wollten wissen, wann sie endlich bei ihrem Arzt gegen Covid-19 geimpft werden können. In den Augsburger Praxen laufen nicht nur die Bestellung­en der Impfstoffe auf Hochtouren. Auch wurden in den vergangene­n Tagen bereits Patientenl­isten nach den offizielle­n Priorisier­ungen angelegt. Denn nach Ostern soll mit der Immunisier­ung begonnen werden.

Manche Augsburger Hausarztpr­axen erhalten schon in dieser Woche eine Lieferung von jeweils 20 Impfdosen mit dem Wirkstoff AstraZenec­a, berichtet der schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende des Bayerische­n Hausärztev­erbands Dr. Jakob Berger, der selbst eine Praxis betreibt. Jede vierte bis fünfte Praxis in Bayern sei dafür ausgewählt worden. Nach Ostern sollen dann aber alle starten können. Dafür bestellt wird der Impfstoff jetzt. In den ersten beiden Wochen wird den Hausarztpr­axen zunächst nur der mRNA-Impfstoff von Biontec/Pfizer zur Verfügung gestellt. Im nächsten Schritt sollen weitere Seren hinzukomme­n. Bei der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Bayerns (KVB) rechnet man ab der letzten Aprilwoche mit deutlich mehr Impfstoffd­osen für die Arztpraxen. Die Hausärzte werden künftig einmal wöchentlic­h über den Großhandel durch ihre Bezugsapot­heken mit Impfstoff beliefert. „Wie viel wir jetzt anfangs erhalten, wissen wir noch nicht“, so Berger. Wie im Impfzentru­m auch, müssen sich die Hausärzte streng an die vorgegeben­en Priorisier­ungen halten.

Als Hausarzt habe er seine Patienten im Kopf, die besonders geschützt werden müssen, sagt Jakob Berger. „Ich habe nur noch wenige Patienten über 80 Jahren, die noch nicht geimpft worden sind.“Ihm und seinen Kollegen sei empfohlen worden, auf die Patienten zuzugehen, die primär geimpft werden Zudem rufen die Patienten auch von sich aus an. Bei den Hausärzten am Rathauspla­tz etwa wird künftig mit zwei Listen gearbeitet.

Auf der einen habe man die älteren und chronisch kranken Menschen, wie die medizinisc­he Fachangest­ellte Sandra Matthieu erklärt. Die Liste sei organisato­risch recht unkomplizi­ert zu erstellen gewesen, schließlic­h kenne man seine Patienten. Diese Liste werde zuerst abgearbeit­et. „Falls aber Impfstoff kurzfristi­g übrig bleiben sollte, ziehen wir die zweite Liste mit weiteren Interessen­ten heran, damit nichts weggeworfe­n werden muss.“Letzteres will auch Hausarzt Dr. Stefan Dösel aus Haunstette­n vermeiden.

Natürlich halte man sich strikt an den Katalog mit den Priorisier­ungen. „Das ist auch sehr wichtig“, betont Dösel. Aber es könne passieren, dass ein Patient kurz vor einem Impftermin überrasche­nd storniert. „Dann zu sagen, die eine Impfung wird weggeschmi­ssen, kann es nicht sein“, so der Hausarzt. In so einer Ausnahmesi­tuation müsste spontan gehandelt und die Dosis anderweiti­g verimpft werden. Manches Misstrauen, dass Hausärzte Familie und Freunde bevorzugen könnten, nehmüssen. men die Hausärzte gelassen. „Damit müssen wir leben“, sagt Dösel. „Vor solchen Vorwürfen habe ich keine Angst. Wir haben alle eine weiße Weste.“

Haltlos findet auch Jakob Berger derartige Bedenken. „Wir Ärzte sind ethisch handelnde Menschen.“Klar könne es Einzelfäll­e geben, aber im großen Stil werde da sicherlich nichts passieren, ist der schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende überzeugt. Berger kennt auch die Befürworte­r, das Impfen nur in den Impfzentre­n zu überlassen. Dabei kenne man als Hausarzt seine Patienten und etwaige Vorerkrank­ungen doch am besten. „Oft besteht hier seit Jahrzehnte­n ein Vertrauens­verhältnis. Außerdem sind wir Hausärzte die erste Anlaufstel­le, falls nach einer Impfung Nebenwirku­ngen auftreten sollten.“

Bei der Stadt, die im Augsburger Süden ein eigenes Impfzentru­m betreibt, sieht man die Unterstütz­ung durch die Hausärzte positiv: „Hausärzte und Ärztinnen haben noch tiefere Kenntnis über den Krankheits­verlauf ihrer Patientinn­en und Patienten als sie die Mitarbeite­nden im Impfzentru­m haben könnten“, sagt Gesundheit­sreferent Reiner Erben (Grüne). Zwar werde die tägliche Kapazität von 1500 Impfungen im Impfzentru­m derzeit nicht ausgeschöp­ft, weil gar nicht genügend Impfstoff zur Verfügung stehe. Der Bund hat jedoch angekündig­t, die Versorgung mit den Vakzinen im Lauf des April zu verbessern.

Dann sollen auch die Kapazitäte­n im Augsburger Impfzentru­m ausgeweite­t werden. Laut Gesundheit­sreferat könnten ab Anfang April dort 3000 Dosen täglich verabreich­t werden. Zuletzt waren es im Schnitt 740 bis 890 Impfungen. Die Verträge mit der Firma Bäuerle Ambulanz, die das Impfzentru­m im Auftrag der Stadt betreibt, sind unterschri­eben, die Vorbereitu­ngen vor Ort seien so gut wie abgeschlos­sen. „Da der Impfstoff aber vielleicht auch in den kommenden Wochen Mangelware sein wird, werden diese Kapazitäts­erweiterun­gen zunächst keine Auswirkung auf den Impffortsc­hritt haben“, fürchtet man im Gesundheit­sreferat.

 ?? Foto: Ulrich Wagner (Symbolbild) ?? Nach Ostern sollen die Hausärzte mit Impfungen loslegen können. Zunächst bleibt der Impfstoff wohl knapp. Ab der letzten Aprilwoche wird dann mit deutlich mehr Impfstoffd­osen gerechnet.
Foto: Ulrich Wagner (Symbolbild) Nach Ostern sollen die Hausärzte mit Impfungen loslegen können. Zunächst bleibt der Impfstoff wohl knapp. Ab der letzten Aprilwoche wird dann mit deutlich mehr Impfstoffd­osen gerechnet.

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