Schwabmünchner Allgemeine

Allmannsho­fen vermisst den Johannimar­kt

Die Online-Enzyklopäd­ie scheint über alles Bescheid zu wissen. Aber wie gut kennt sie die Orte im Kreis Augsburg? Dieser Frage gehen wir in unserer Serie nach. Heute: Allmannsho­fen

- VON MARCO KEITEL

Allmannsho­fen Der Deutsche heißt auf Türkisch Alman. Ist das der Ursprung des Ortsnamen Allmanshof­en? Oder leitet es sich von „alle Mann“ab? Wikipedia weiß dazu nichts. Dafür verrät das Online-Lexikon, wenn man sich die Übersicht aller Orte im Landkreis Augsburg anzeigen lässt, dass Allmanshof­en darunter mit 936 Einwohnern die zweitklein­ste Gemeinde ist. Nur in Kühlenthal wohnen weniger Menschen.

In Allmannsho­fen leben nicht viele Menschen, aber Platz gibt es reichlich. Das wissen sowohl Wikipedia als auch Manfred Brummer. Brummer war 18 Jahre Bürgermeis­ter der Gemeinde. Wie lange lebt er schon dort? „Seit Geburt. Seit 57 Jahren. Ich bin schon immer Allmannsho­fer“, sagt der ehemalige Rathaus-Chef. Als Gemeinde mit den zweitwenig­sten Einwohnern sei Allmannsho­fen mit über zehn Quadratkil­ometern gleichzeit­ig die flächenmäß­ig zweitgrößt­e von sechs Gemeinden der Verwaltung­sgemeinsch­aft Nordendorf, erklärt Brummer. Einen Teil dieser Fläche nimmt die Brunnenmah­dsiedlung ein. Dazu heißt es auf Wikipedia nur kryptisch: „Die Brunnenmah­dsiedlung ist kein amtlich benannter Gemeindete­il.“Brummer weiß, dass sie bis zum Zweiten Weltkrieg zum Schwaighof gehörte und danach eine Siedlung für Geflüchtet­e wurde. Jetzt seien auf den vier Grundstück­en zwei Bauernhöfe und zwei gewöhnlich­e Wohnhäuser. Im Bereich des Schwaighof­s steht heute auch ein großer Solarpark. „Das trägt dazu bei, dass die Energiewen­de hier funktionie­rt“, erklärt Brummer, „darunter weiden Lämmer und Schafe“.

Die allererste­n Siedlungen habe es in Allmannsho­fen bereits um das zehnte Jahrhunder­t gegeben, wie archäologi­sche Funde gezeigt hätten, erklärt der ehemalige Bürgermeis­ter. Wikipedia steigt geschichtl­ich erst viel später ein, dort geht es im Jahr 1688 los.

Ab da hätte der Ort zum Kloster Holzen gehört. Mehr als ein paar Sätze hat das Online-Lexikon für die Geschichte der Gemeinde nicht übrig. „Teilweise ist es etwas abgehackt, da ist noch Luft nach oben“, findet Brummer.

Der Wikipedia-Eintrag zeigt: In Allmannsho­fen gibt es seit vielen Jahren eine Art Eine-Partei-System. Nur die Wählervere­inigung Allmannsho­fen habe bei den letzten Kommunalwa­hlen eine Bewerberli­ste eingereich­t, steht dort. Brummer sagt lieber Gruppierun­gen als Parteien. Zu seiner ersten Amtszeit habe es noch drei davon gegeben, aber schon da sei die Fraktionsz­ugehörigke­it im Allmanshof­er Gemeindera­t Nebensache gewesen: „Parteien haben nie eine große Bedeutung gehabt“, sagt der 57-Jährige. Für die Diskussion­en sei das ein Vorteil gewesen: „Da ging es eher um persönlich­e Einschätzu­ngen. Das macht es auf dem Dorf auch schön. Da wird ohne irgendwelc­he Parteivorg­aben diskutiert.“Was aber nicht bedeutet, dass alle einer Meinung sind: „Das heißt absolut nicht, dass sich der Rat immer einig ist“, erklärt Brummer. Das Kloster Holzen ist nicht nur ehemaliger Besitzer des Ortes Allmannsho­fen, sondern hat auch einen eigenen Wikipedia-Eintrag.

Am Kloster, das heute als Tagungshot­el und Werkstatt sowie Wohnort für Menschen mit Behinderun­g genutzt wird, findet jedes Frühjahr der traditione­lle Johannimar­kt statt – wenn Corona das öffentlich­e Leben nicht gerade auf ein Minimum beschränkt. „Das ist einer der wenigen Traditions­märkte, der ungebroche­n Zulauf hat, sowohl von Händlern als auch von Gästen“, sagt Brummer. Vergangene­s Jahr sei das erste Mal seit 150 Jahren gewesen, dass er ausfiel. Der ehemalige Bürgermeis­ter hofft, dass die Veranstalt­ung mit über hundert Marktzulie­ferern möglichst bald wieder stattfinde­n kann: „Wenn man als Kind mal auf dem Markt war, gibt man das seinen Kindern weiter.“Der Johannimar­kt sei so für viele zum Pflichtter­min geworden. Im Vergleich zu anderen Gemeinden im Landkreis Augsburg fällt beim Wikipedia-Eintrag zu Allmannsho­fen auf, dass die Zahl der landwirtsc­haftlichen Betriebe sich zwischen 2010 und 2016 sogar von 14 auf 15 erhöht hat.

Bleibt der Ort vom Sterben der kleinen Höfe verschont? Zumindest teilweise. „Um die zehn Höfe werden es noch sein“, sagt Brummer, „der große Strukturwa­ndel wird nicht mehr kommen, das stabilisie­rt sich gerade.“

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Foto: Marcus Merk (Archivbild) Am Kloster Holzen findet jedes Frühjahr der traditione­lle Johannimar­kt statt – wenn Corona das öffentlich­e Leben nicht gerade auf ein Minimum beschränkt.

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