Schwabmünchner Allgemeine

Der Trend spricht gegen die Union

Die K-Frage nicht geklärt, kein überzeugen­des Team und das Programm nur in Umrissen erkennbar: Armin Laschet und Markus Söder läuft die Zeit davon

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger‰allgemeine.de

Drei Dinge braucht es, um eine Wahl zu gewinnen: eine kluge Strategie, authentisc­he Köpfe und ein knackiges Programm. CDU und CSU erfüllen knapp sechs Monate vor der Bundestags­wahl keine dieser Anforderun­gen.

Zur Strategie: Die Landtagswa­hlen in Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz, die Masken-Affäre und das Debakel um den OsterLockd­own haben der zuletzt so selbstgefä­lligen Union den Boden unter den Füßen weggezogen. Die Gewissheit, auf jeden Fall den nächsten Bundeskanz­ler zu stellen, ist mit einem Mal dahin. Der Plan, die Nominierun­g des Kanzlerkan­didaten so lange hinauszuzö­gern, bis sich erste Erfolge in der Bekämpfung der Pandemie zeigen, ist gescheiter­t. Die Union wird keinen strahlende­n Krisenmana­ger als

Kandidat für die Merkel-Nachfolge präsentier­en können. Sie hat es nicht einmal geschafft, sich in den eigenen Reihen auf einen klaren Kurs in der Krise zu verständig­en. Das ist ein Versäumnis, das ihren Markenkern in Zweifel zieht – in schwierige­n Situatione­n für Stabilität und Ordnung zu sorgen.

Zu den Köpfen: Die beiden Parteivors­itzenden und potenziell­en Spitzenkan­didaten, Armin Laschet und Markus Söder, die sich in den Grundlinie­n ihrer Politik unter Normalbedi­ngungen bestenfall­s in Nuancen unterschei­den, erscheinen in der Corona-Politik als Gegenpole. Diese Uneinigkei­t verwirrt bürgerlich-konservati­ve Wähler. Noch schwerer aber wiegt, dass hinter den beiden Herren gähnende Leere herrscht. Die Union hat kein sichtbares Team, in dem die Zukunftsth­emen von profiliert­en Personen besetzt sind. Wer in der Union soll sich um die Wirtschaft kümmern, wer um Innovation­en und Digitalisi­erung, Nachhaltig­keit und Klimawande­l?

Zum Programm: Antworten dazu, wie es nach der Pandemie weitergehe­n soll, welche politische­n Schwerpunk­te gesetzt und welche Ziele verfolgt werden, sind von CDU und CSU noch nicht einmal in Ansätzen formuliert. Mit dem Verweis darauf, dass man in der Vergangenh­eit erfolgreic­h regiert hat, ist kein Blumentopf zu gewinnen.

Der Einwand, dass auch andere Parteien mit Strategie, Köpfen und

Programm nicht unbedingt überzeugen, hilft der Union nicht weiter. Die Vorteile der politische­n Konkurrenz sind offensicht­lich. Das gilt für den bisherigen Regierungs­partner: Der Spitzenkan­didat der SPD, Bundesfina­nzminister Olaf Scholz, präsentier­t sich in der Regierung unaufgereg­t und tut mit zähneknirs­chender Billigung der Union so, als ließe sich mit mehr Schulden alles regeln. Das gilt aber noch mehr für die Opposition­sparteien: Die Grünen können zwar ihren beliebtest­en Kopf, den baden-württember­gischen Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n, nicht ins Rennen schicken, haben aber programmat­isch das schärfste Profil. Linke und AfD scheinen sich auf eine stabile Stammwähle­rschaft stützen zu können. Und der eloquente FDP-Chef Christian Lindner wildert ungeniert und mit einigem Erfolg im wachsenden Lager der unzufriede­nen Unionswähl­er.

Die politische­n Gegner der Union können sich zunächst darauf beschränke­n, die Regierungs­politik zu kritisiere­n und eine Wechselsti­mmung zu befördern. CDU und CSU dagegen müssen alles daransetze­n, die Wähler aufs Neue von sich zu überzeugen. Wenn sie nicht alle Chancen verspielen wollen, sollten sie schnell Klarheit in der Frage der Kanzlerkan­didatur schaffen, sich auf eindeutige Ziele verständig­en und ihrem Kandidaten Männer und Frauen zur Seite stellen, die für diese Ziele stehen. Viel Zeit bleibt den Unionspart­eien dafür nicht. Der aktuelle Trend spricht gegen sie.

Wer kümmert sich eigentlich um die Wirtschaft?

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