Als wäre nichts gewesen!
Andreas Maier setzt Ortsumgehung fort
Als vor eineinhalb Jahren „Die Familie“der siebte Teil von Andreas Maiers großartigem, auf elf Teile angelegten Romanzyklus „Ortsumgehung“über sein Leben erschien, lautete in dieser Zeitung die Überschrift: „Und plötzlich ist alles anders gewesen“. Denn das Weltbild des Autors stürzte mitten im Band zusammen, alles wurde fraglich, als er herausfand, dass das Familienvermögen auf die danach völlig verdrängte Enteignung von Juden im Dritten Reich basierte. Maier selbst: „Ich schreibe die ganze Zeit Nachkriegsliteratur, ohne es zu merken. Entschuldigungsliteratur. Ich!“
Und nun? Geht es im nächsten Teil, „Die Städte“, weiter, als wäre nichts gewesen. Diesmal mit Anekdoten über das Reisen in seinem, vom hessischen Friedberg ausgehenden Leben. Ja, natürlich, es ist wieder fein, launig und nostalgisch anrührend, wie Maier etwa beschreibt, dass er als Knabe, der eigentlich immer am liebsten zu Hause bleiben wollte, den Familienurlaub mit AsterixBänden zu überstehen versucht; es ist hinreißend tragikomisch, wie er einst nach Italien reiste, um sich umzubringen – aber irgendwie nicht dazu kam. Solcherlei würde, bei daneben mitunter schwankender Qualität, durchaus reichen als vergnüglicher Einzelband, auch als gelungene Fortsetzung, eher Brückenband als Höhepunkt. Aber angesichts der Wucht des Vorgängers ist die neue Unschuld ein bisschen verstörend. Vertagt, die Frage, wie Maier die historische Hypothek einlöst.
Suhrkamp, 190 S., 22 ¤